Dießen setzt auf Photovoltaik:Sonnenkraft vom Ammersee

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Dießens Bürgermeisterin Sandra Perzul und Wassermeister Michael Deininger freuen sich über einen weiteren Schritt Richtung Energiewende: Die Trinkwasserbrunnen der Gemeinde werden nun mit Sonnenstrom betrieben. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Marktgemeinde war einst Vorreiter bei der Nutzung der Solarenergie. Jetzt hat man eine Freiflächen-Anlage für das Wasserwerk in Betrieb genommen, ein weiteres Kraftwerk zur Versorgung von 750 Haushalten soll Ende 2024 ans Netz gehen.

Von Armin Greune, Dießen

Als kurz nach der Jahrtausendwende die Photovoltaikanlage auf dem Dach der Dießener Mehrzweckhalle in Betrieb ging, nahm die Marktgemeinde in Sachen Solarstromerzeugung eine Vorreiterrolle ein. In der Zwischenzeit ist bei Dettenhofen eine große Freiflächenanlage ans Netz gegangen, die Planung für eine weitere bei Dettenschwang ist weit fortgeschritten. Doch die Gemeinde selbst hat es in den vergangenen 22 Jahren weitgehend versäumt, regenerative Quellen zur Energieversorgung zu erschließen. Das soll sich nun ändern: Kürzlich haben zwei Dach- und eine Freiflächen-Photovoltaikanlage den Betrieb aufgenommen, die kommunalen Versorgungsbetrieben dienen. Neben der Stromerzeugung auf Wasserwerk und Bauhof fällt eine Reihe von aufgeständerten Solarpaneelen am Hang nördlich von Bischofsried ins Auge: Die neue Anlage wurde ausschließlich für die Brunnenpumpen der Dießener Wasserwerke konzipiert.

Für ein gut 50 mal leistungsfähigeres Sonnenkraftwerk mit kommunaler Beteiligung liegt der Bebauungsplan derzeit aus: Auf zwei gemeindeeigenen Grundstücken zwischen Dießen und Raisting, die bisher landwirtschaftlich genutzt werden, soll ein 2,5 Hektar großer Solarpark entstehen. Die mit dieser Freiflächenanlage zu erwartende jährliche Stromproduktion von drei Millionen Kilowattstunden reicht aus, um rund 15 Prozent der etwa 5000 Dießener Haushalte zu versorgen. Für das Projekt haben sich insgesamt elf Investoren zu einer Betreibergesellschaft zusammengefunden, an der auch die Gemeinde zu exakt 24,8 Prozent beteiligt ist. Das hat verwaltungsrechtliche Gründe: Wäre der kommunale Anteil höher, müsste eine aufwendige internationale Ausschreibung erfolgen, damit verbunden wären höhere Kosten.

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Grundsätzlich aber stehe bei diesem Kraftwerk "Gemeinwohl vor Gewinnerzielung", sagt Wolfgang Weisensee. Der Landsberger Stadtrat und Energiereferent setzt sich seit 25 Jahren ehrenamtlich für klimafreundliche Stromproduktion ein und berät die Dießener Betreibergesellschaft, der er auch selbst angehört. Er rechnet mit einer Investition von 1,9 Millionen Euro und Baubeginn im Herbst 2024. Nur acht Wochen später wäre die Anlage dann betriebsbereit.

Bislang seien allerdings im Planverfahren mit Natur- und Bodendenkmalschutz "einige Fallstricke aufgetaucht", sagt Weisensee: Wegen einer eher hypothetischen Römerstraße müsse man beim Aushub für die Leitung auch einen Archäologen hinzuziehen. Ein naturschutzrechtliches Gutachten führte dazu, dass man das geplante Solarfeld um eine Fläche "von hoher ökologischer Wertigkeit" reduzierte. Jetzt sei eine reine Modulfläche auf 1,2 Hektar vorgesehen, und auf den Streifen zwischen den Paneelen sollen kleinwüchsige Rinder grasen.

Vom neuen Solarpark könnte die Gemeinde in vierfacher Hinsicht profitieren.

"Die Konstellation in Dießen ist ideal", sagt Weisensee: Zum bestehenden Umspannwerk des Dießener Elektrizitätswerks wäre lediglich eine 810 Meter lange Leitung zu verlegen. Fraglich ist jedoch, ob der produzierte Strom auch vom E-Werk abgenommen wird. Inhaber Georg Stadler sagt auf Nachfrage, die Gespräche darüber seien noch nicht abgeschlossen. Die Betreibergesellschaft könnte zwar auch in die Versorgungsnetze von Eon oder LVN der Lechwerke einspeisen. Aber die Mitwirkung des örtlichen Netzbetreibers wäre sinnvoller, findet Weisensee: Die Gemeinde Dießen käme dann in den Genuss eines günstigeren Stromtarifs. Auf jeden Fall profitiere die Kommune vom geplanten Solarpark dreifach: Durch eine fixe Flächenpacht, die Einnahmen aus dem Stromverkauf und den Anteil an der Gewerbesteuer.

Rund 100 Liter Wasser pro Sekunde fließen laut Dießens Wassermeister Michael Deininger durch diese Rohre zum Wasserwerk in Bischofsried. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die 5,50 Meter breite Modulreihe oberhalb des Pumpenhäuschens in Bischofsried macht sich jetzt schon bezahlt: "Damit müssen wir um 85 Prozent weniger Energie kaufen", sagt Michael Deininger, Leiter des Dießener Wasserwerks. 45 000 Euro waren erforderlich, um Pumpen und Steuerung für einen effektiveren Betrieb umzurüsten, 95 000 Euro sind für die 122 Paneele angefallen. Bei den derzeitigen Strompreisen von 35 Cent pro Kilowatt könnte sich die Gesamtinvestition von 140 000 Euro für die Gemeinde bereits nach gut sechs Jahren amortisiert haben.

Silberstreif am Horizont: 122 Module sind auf dem Hang oberhalb des Brunnens bei Bischofsried aufgereiht. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Auch wenn die Pumpen bis zu 63 Meter Höhenunterschied bewältigen müssen, sei das Kraftwerk mit seiner Leistung von mehr als 50 Kilowatt Peak bei 25 Kilowatt Verbrauch "relativ überdimensioniert", sagt Deininger. Deshalb werden noch Pufferspeicher installiert. Man habe bifaziale Module ausgewählt, deren Solarzellen nachmittags auch auf der Rückseite der Paneele noch Sonnenenergie aufnehmen, was den Wirkungsgrad erhöht. Das Verfahren bis zur Inbetriebnahme dauerte zwei Jahre, im Flächennutzungs- und Bebauungsplan waren Änderungen notwendig.

Die Anlage bei Bischofsried darf nicht beweidet werden und muss umzäunt sein

Da die Anlage im unmittelbaren Fassungsbereich der Quelle errichtet wurde, mit der ein Großteil der Dießener Haushalte versorgt wird, waren umfangreiche Auflagen zu erfüllen: Die Fläche darf nicht beweidet und muss von einem Zaun umgeben sein, zum Wechselrichter im Pumpenhaus wurden Leitungen über einen Kilometer oberirdisch verlegt. Die Modulständer mussten mit angewinkelten Erdnägeln im Boden fixiert werden, weil sie nur bis 60 bis 80 Zentimeter tief ins Erdreich reichen dürfen. Statt verzinktem Stahl wurde Edelstahl, statt kunststoffbeschichteter Paneele wurden Glas-Glas-Module verwendet. Die Anforderungen des Naturschutzes machten zudem die Anlage einer Streuobstwiese als Ausgleichsfläche notwendig. Weil der untere Bereich des Areals ins Landschaftsschutzgebiet fällt, musste das Solarkraftwerk weiter oben am Hang errichtet werden - obwohl es dort eher ins Auge fällt.

Ergänzend zur Freiflächenanlage hat die Gemeinde auf den Dächern von Bauhof und Wasserwerk Photovoltaikmodule montiert. Mit einer Fläche von 30 Quadratmetern und 7,2 Kilowatt Leistung lassen sich so die Stromkosten um 30 Prozent reduzieren, sagt Deininger.

Das Pionierprojekt auf der Mehrzweckhalle produziert seit 2001 Strom, der Ertrag kommt vor allem den elf Betreibern des Bürgerkraftwerks zugute, die 306 Module besitzen. Auf die Gemeinde entfallen nur 34 Module mit einer Gesamtleistung von 5,5 Kilowatt. Gewinn lässt sich damit nicht mehr erzielen, seitdem die Abnehmerverträge ausgelaufen sind: Dießen zahlt für Strom nun ein Vielfaches dessen, was die Anlage an Einspeisevergütung einbringt. Überlegungen, den erzeugten Strom für den Schulkomplex selbst zu nutzen, sind offenbar im Sande verlaufen.

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