Dießen:"Fühlen uns dem klösterlich-kulturellen Erbe verpflichtet"

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Alexandra Hansch betreut unter anderem das Kulturprogramm der Artemed-Klinik im Kloster Dießen. Sie sagt: "Ich liebe den Ort." (Foto: Georgine Treybal)

Die Psychosomatische Klinik im ehemaligen Kloster will mit einigen Veranstaltungen die Bürgerinnen und Bürger erreichen - an diesem Wochenende lädt sie zu einem Literaturfestival ein.

Interview von Armin Greune, Dießen

Die Psychosomatische Klinik im vormaligen Augustiner Chorherrenstift ist mit dem Vorsatz angetreten, Kunst- und Kulturleben in Dießen nicht nur zu nutzen, sondern auch zu bereichern. An diesem Wochenende lädt die Artemed-Klinik zu einem Literaturfestival ein: Am Freitag- und Samstagabend lesen jeweils drei Autorinnen und Autoren unter dem Titel "Aua! Geschichten vom Rande des Nervenkostüms" humoristische und satirische Texte. Die SZ sprach mit Alexandra Hansch, die als Chefarzt-Assistentin das Veranstaltungsprogramm der Artemed-Klinik betreut.

SZ: Sie kündigen "zwei fröhliche Leseabende zwischen Renitenz und Resilienz" an. Ist Lachen tatsächlich gesund?

Alexandra Hansch: Natürlich ist es gesund, den Emotionen seinen Lauf zu lassen. Im Rahmen unserer Psychotherapie wird geweint und gelacht. Depressive Menschen können zu Beginn der Behandlung beides oft nicht. Am Wochenende ist Heiterkeit angesagt, am Mittwoch darauf werden eher Tränen fließen, wenn Michaela May aus ihrer Autobiografie liest und dabei das Thema Suizid anschneidet.

Bleiben wir mal beim Lachen. Setzt die Klinik in der Therapie auch gezielt sogenannte Lachtrainer oder Humor-Coaches ein?

Nein, unsere Lösungsansätze müssen evidenzbasiert auf wissenschaftlichen Fundamenten stehen, sonst würden wir uns dem Vorwurf der Scharlatanerie aussetzen. Aber Wolfgang Lüchtrath, einer der Festival-Autoren, bietet unseren Ärzten und Therapeuten einen Workshop für Improvisationstheater an, dessen Inhalt in therapeutische Konzepte einfließen kann. Und auch Anselm Neft war in diesem Sommer hier Gast und hat einen Schreib-Workshop in der Klinik geleitet.

Im und am Haus gibt es für Patienten kreative Angebote wie Tanz oder Malerei - und es finden natur- und tiergestützte Therapien statt. Ermutigen Sie Ihre Gäste auch dazu, Dießen und die Umgebung zu erkunden?

Selbstverständlich ist es auch unser Ziel, dass die Patienten ihre Freizeit auch über den Klinik-Stundenplan hinaus sinnvoll gestalten. Wir informieren auf einem weißen Brett über Konzerte, Ausstellungen, Sportveranstaltungen und Mitmachangebote im Ort und Umkreis.

Sie veranstalten ja auch im Kloster Konzerte, beispielsweise mit der von Yehudi Menuhin gegründeten Organisation "Live Music Now". Warum laden sie dazu nicht öffentlich ein?

Das gibt die Organisation, die uns die Konzerte ja stiftet, vor, aber wir müssen für unsere Patienten auch geschützte Räume für Intimität erhalten. Aber wenn die Konzerte hier im Innenhof des Klosters stattfinden, haben wir oft Zaungäste im wahrsten Sinne des Worts, weil ja ein öffentlicher Weg direkt vorbeiführt. Und bei den Orgelkonzerten im Marienmünster reicht die Empore oben als geschützter Raum aus, im Kirchenschiff sind alle willkommen.

Es gibt aber auch Veranstaltungen, bei denen Besucher von außen ausdrücklich erwünscht sind.

Ja, im vergangenen Oktober hatten wir etwa im Traidtcasten ein Gastspiel des Jazz-Trios von Sanni Luis organisiert. Dann arbeiten wir erfolgreich mit Lina Winkler und der Kinowelt-am-Ammersee-Filmreihe "Psychotherapie & Film" zusammen und zeigen etwa viermal im Halbjahr einen Spielfilm zum Thema, den wir gemeinsam aussuchen. Eigentlich ist dieses Angebot mit anschließendem Gespräch an ein Fachpublikum gerichtet, es wird aber auch von der Öffentlichkeit gut angenommen. Weiter lädt Chefarzt Bert te Wildt regelmäßig zu Gesprächen über "Gott und die Welt" ein, bei denen unter anderem der Andechser Abt Johannes und Dießens Pfarrer Josef Kirchensteiner zu Gast waren. Und wir veranstalten Symposien und Gesundheitsgespräche, an denen auch Ärzte, Pflegekräfte oder Personalverantwortliche teilnehmen.

Fehlen eigentlich nur noch Theater und Kunstausstellungen im Programm. Ist so etwas auch vorgesehen?

Ja, wir träumen noch davon, aus der baufälligen Orangerie auf dem Gelände ein Kunst-Therapie-Zentrum mit Artists in Residence zu machen. Zumindest stellen wir neben einzelner sakraler Kunst in der Klinik moderne Werke der Dießener Künstlerin Annunciata Foresti und von Reiner Wagner, der am Starnberger See lebt, aus. Auch was die Kunst angeht, fühlen wir uns dem klösterlich-kulturellen Erbe verpflichtet.

Mehr zum Programm im Internet unter https://www.psychosomatik-diessen.de/ueber-uns/veranstaltungen

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