Landtagswahl im Landkreis Starnberg:Die Gründerin

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Wer die FDP-Direktkandidatin Britta Hundesrügge zuhause in Gauting besucht, der landet unweigerlich im modernen Esszimmer der Familie. (Foto: Arlet Ulfers)

"Man muss es einfach machen", findet Britta Hundesrügge. Die FDP-Direktkandidatin hat schon eine Betreuungseinrichtung für Kleinkinder ins Leben gerufen und Trainersport in Kindergartenräumen organisiert. Ihr Hauptthema heute ist die Verbindung von Wirtschaft und Bildung.

Von Sabine Bader, Gauting

Wer die FDP-Direktkandidatin Britta Hundesrügge zuhause besucht, der findet sich in einer bürgerlichen Gautinger Wohngegend wieder. Eigenheime, Garten an Garten. Ihr Haus haben sie und ihr Mann Thomas im Jahr 2000 nach den damaligen Notwendigkeiten der Familie geplant und bauen lassen. Quasi um den Wäsche-Abwurfschacht herum, wie beide betonen. Das Gebäude ist modern eingerichtet. Die Übergänge von Küche, Esszimmer und Wohnzimmer sind fließend. Der Einkäufer und Koch sei ausschließlich ihr Mann, erzählt die 56 -Jährige. In ihre Zuständigkeitsbereiche fallen dafür das Waschen und Bügeln. Arbeitsteilung im Hause Hundesrügge.

Das Paar hat drei erwachsene Kinder im Alter von 28, 26 und 24 Jahren. Im Prinzip sind sie alle bereits ausgezogen. Die Eheleute haben eine gemeinsame Firma, ein Headhunting-Unternehmen im Medizinsektor. Es geht es um die Vermittlung von Diagnostikern in Kliniken und um Käufe und Verkäufe von Arztpraxen und Kassensitzen. Der Tag der Eheleute beginnt mit einem gemeinsamen Frühstück, da wird festgelegt, was ansteht. Normalerweise.

In Wahlkampfzeiten sieht das natürlich anders aus. Meist macht Britta Hundesrügge am Vormittag Unternehmensbesuche, geht zu Einzelhändlern oder führt Video-Gespräche. Am späteren Mittag versucht sie möglichst, ins Fitness-Studio zu gehen. "Um eine Stunde am Tag zu haben, die mir gehört." Am Nachmittag geht es weiter mit Terminen und Sitzungen. In aller "Wahlkampf-Regel" ist sie abends gegen 22 Uhr daheim.

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Hundesrügge stammt aus Göttingen. Dort studiert sie Sport-, Publizistik- und Politikwissenschaften. An der Deutschen Sporthochschule in Köln macht sie ihren Abschluss in Sport und Publizistik. Ihr Ziel: Sportjournalismus. 1993 ziehen sie und ihr Mann von Köln nach Bayern und 1996 nach Gauting. Zuerst arbeitet sie bei Radio Oberland und macht viel Sportberichterstattung. Später wechselt sie zur evangelischen Funkagentur, wo sie 18 Jahre lang für den Sender Antenne Bayern das Programm mitgestaltet.

Immer nach dem Motto: Selbst ist die Frau

Als ihr ältester Sohn klein war, gab es in Gauting keine Betreuungsmöglichkeit für Kleinkinder. Also gründete sie selbst eine. "Die hieß damals natürlich noch nicht Kita, aber die Kinder waren wunderbar betreut, auch wenn nichts den Regeln entsprach, die heute eine Kita erfüllen muss," erinnert sie sich. "Wir Eltern haben uns selbst geholfen. Man muss es einfach machen." Genauso ging es, als das dritte Kind im Kindergarten war. Etliche Mütter hätten in dieser Zeit gern gesportelt. Ernsthaft Mannschaftssport im Verein zu machen, war aus Zeitgründen nicht drin. Hundesrügge leierte an, dass diejenigen, die Zeit hatten, donnerstagabends von 20 bis 21 Uhr mit einer Trainerin in den Räumen des Kindergartens sporteln konnten.

Doch spätestens beim Thema digitale Unterrichtsformen stößt sie in der Schulzeit ihrer Kinder an ihre Grenzen. Laptop-Klassen gibt es zu jener Zeit so gut wie keine, man setzt noch auf Tafel und Kreide. Ihr ist klar: Da muss man politisch ran. 2008 tritt sie in die FDP ein. Zu jener Zeit ist die FDP mit in der Regierung. Ihre Partei hätte also in Sachen Digitalisierung weiterkommen können. Dennoch passiert nichts. Sie erkennt: Politische Mühlen mahlen langsam. Überhaupt findet sie es nicht familienfreundlich, dass noch heute die Kinder meist um 13 Uhr aus der Schule kommen. "Eltern sagen mir ganz klar: 'Wenn ich jetzt keinen Hort- oder Kitaplatz für mein Kind bekomme, bedeutet das für mich einen beruflichen Karriereknick.'"

Britta Hundesrügge arbeitet gern im Wohnzimmer an ihrem Laptop. (Foto: Arlet Ulfers)

Britta Hundesrügge ist Starnberger FDP-Kreisvorsitzende. Als sie 2014 den Kreisverband übernahm, hat der etwa 125 Mitglieder gezählt. Heute seien es landkreisweit 275. "So viele wie noch nie", sagt sie nicht ohne Stolz. Und: "Wir sind in den letzten Jahren auch sehr jung geworden." 30 Prozent der Mitglieder seien um die 30 Jahre alt oder jünger. Die 56-Jährige ist zudem Gautinger Gemeinderätin, Kreistagsmitglied und Dritte Landrätin. Die liberale Kreistagsfraktion hat fünf Mitglieder: "Damit sind wir die größte FDP-Fraktion in ganz Bayern." Bei der Landtagswahl 2018 hatte es für sie als Direktkandidatin nicht geklappt, jetzt steht sie auf Platz drei der FDP-Liste. Das heißt, sollte ihre Partei die Fünf-Prozent-Hürde schaffen, hat sie gute Chancen, in den neuen Landtag einzuziehen. Dort würde sich die Gautingerin für die Verbindung von Wirtschaft und Bildung einsetzen.

Apropos Bildung: Gerade vor dem Hintergrund, dass ihre Partei fordert, das Wahlrecht auf 16 Jahre zu senken, findet sie die Flugblatt-Affäre um Hubert Aiwanger besonders befremdlich. Hundesrügge: "Ich war total schockiert." Für sie ist "Bildungspolitik auch ein Standortfaktor für die Wirtschaft". Man müsse junge Menschen so qualifizieren, dass sie beste Jobmöglichkeiten haben und sich ein Leben in Oberbayern auch leisten können. Die Kreis- und Gemeindepolitik würde Hundesrügge auch im Falle ihrer Wahl nicht aufgeben. "Man muss an der Basis verwurzelt bleiben," findet sie. Sabine Leutheusser Schnarrenberger (FDP) machte es ihr vor. Die Feldafingerin gehörte auch als Bundesjustizministerin dem Starnberger Kreistag an und tut es auch heute noch.

Plakatwerbung ist bei kleinen Parteien wichtig

Der Landkreis Starnberg ist seit Jahrzehnten eine Hochburg der Liberalen, gleichzeitig gilt er als Landkreis der Besserverdienenden. Vielleicht beeilt sich Hundesrügge darum zu erklären, dass sie ursprünglich aus einer Handwerkerfamilie stammt. Ihre Großmutter sei Schneiderin gewesen und ihr Großvater Klempner. Ihre Hauptthemen sind - wen wundert es - Wirtschaft, Handwerk und Bildung. Typische FDP-Themen.

Haustür-Wahlkampf lehnt sie ab. "Das liegt mir nicht." Sie setzt auf Infostände, Veranstaltungen, Unternehmensbesuche und Plakatwerbung. Was Letzteres angeht, zweifelt sie ohnehin an, dass die Plakatierverordnungen der meisten Gemeinden im Fünfseeland rechtens ist. "Schließlich hat jede Partei laut Grundgesetz das Recht, für sich zu werben", sagt sie. Gerade kleinere Parteien müssten auf sich aufmerksam machen und mit der Wahlwerbung früh beginnen. Darum waren die Liberalen in Gilching, Gauting und Berg, wo es keine Plakatierverordnung gibt, auch besonders schnell. Mal sehen, ob der Wähler das honoriert.

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