Kunstszene:Da geht's lang

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Die Holzschnitte von Georg Schwellensattl findet man im Atelier von Isabelle Roth in Irschenhausen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Zwischen Irschenhausen und Ammerland sperren am Wochenende bei den Ateliertagen wieder zahlreiche Künstler vom Starnberger See ihre Werkstätten auf.

Von Katja Sebald, Berg/Icking

Am nordöstlichsten Punkt in Irschenhausen starten und sich von dort in Schlangenlinien bis nach Ammerland vorarbeiten? Oder mittendrin in Aufkirchen beginnen und sternförmig die verschiedenen Stationen ansteuern? Von Ammerland aus das Ostufer hinauffahren und dann im Isartal wieder hinunter? Oder umgekehrt? "Wo lang?" fragen sich nicht nur die Besucher der 36. Ateliertage Berg/Icking. "Wo lang?" lautet auch das Motto, unter dem sich am kommenden Wochenende noch einmal zwölf verschiedene Werkstatt- und Ateliertüren in Irschenhausen, Wolfratshausen, Ammerland und in den Berger Ortsteilen Allmannshausen, Aufhausen, Aufkirchen und Farchach öffnen. 22 verschiedene künstlerische Positionen aus den Bereichen Malerei und Zeichnung, Bildhauerei und Objektkunst, Fotografie und Videokunst sind zu sehen.

Ernst Grünwald kann man bei den Ateliertagen in Ammerland in der Werkstatt über die Schulter schauen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Auf Grünwalds Werkbank hat sich eine weiße Katze zusammengerollt. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Kunst direkt am Ort ihres Entstehens erleben und dem Künstler buchstäblich beim Arbeiten über die Schulter schauen, das kann man bei Ernst Grünwald in Ammerland: Auf seiner Werkbank hat sich eine weiße Katze zusammengerollt. Wartet sie noch darauf, endgültig fertiggestellt zu werden oder hat sie sich diesen Schlafplatz ausgesucht, damit der Bildhauer seine Werkzeuge weglegen und eine Pause machen muss? Auf jeden Fall wirkt die lebensgroße Gipsplastik so echt, dass man meint, ihr Schnurren zu hören.

Rundum an den Wänden auf Regalbrettern und kleinen Sockeln stehen die kleinformatigen, meist figurativen Bronzearbeiten, für die Grünwald bekannt ist: Streng naturalistische, sehr genaue Beobachtungen von Mensch und Tier, gleichzeitig auf das Wesentliche reduziert und von einer leisen, feinsinnigen Ironie. Mit ein bisschen Glück findet man unter den kaum handtellergroßen Figuren die eine oder andere, die noch keinen roten Punkt hat.

Hans Panschar hat seine Werkstatt in einem ehemaligen Stall in Allmannshausen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Die ausgestellten Handtaschen sind überraschend schwer - sie sind aus Beton. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Auch die in einem ehemaligen Stall untergebrachte Werkstatt von Hans Panschar in Allmannshausen gleicht in diesem Jahr einer Wunderkammer. Zu entdecken gibt es neben der "Erkenntnis des apfelrunden Kreises der ganzen Welt" auch hölzerne Hausboote und ganze Städte, Häuser auf Rädern und ein veritables "Nagelstudio".

In den Regalen stehen geschnitzte Bücher, auf den Tischen freundliche Objekte aus Holz und Betonguss. Von der Sehnsucht nach Sommer und Meer erzählen Assemblagen aus Fundstücken und Schwemmholz, vom Humor des Künstlers seine merkwürdig-wortspielerischen Titel. Überraschend schwer sind die eleganten Handtaschen für Kunstsammlerinnen und überraschend leicht die sanft geschwungenen Betonobjekte, die Johannes Thum als Gast im Atelier von Hans Panschar zeigt.

Auch Juschi Bannaski aus Aufkirchen ist bei den Ateliertagen wieder dabei, hier ihr Bild "Gelbe Kuriositäten". (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Den Atelierraum dominiert dieses Jahr eine Serie neuer Hinterglasbilder. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
In den Bildern finden sich kleine geheimnisvolle Zeichnungen wieder. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der große Atelierraum von Juschi Bannaski in Aufkirchen wird von einer Vielzahl neuer Hinterglasbilder dominiert, deren klare schöne Farben auch im trüben Herbstlicht strahlen, insbesondere wenn sie mit matten Nichtfarben kombiniert werden. Kleine geheimnisvolle Zeichnungen finden sich in diesen Bildern ebenso wie in den postkartengroßen Skizzen, die von Reisen in ferne Länder erzählen.

Auch Bannaskis Tochter Marie Basten stellt heuer in dem Atelier aus. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Von Basten stammen die feinsinnigen Tuschezeichnungen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

In diesem Jahr müssen sich die kleinen Reisebilder neben den ebenso unprätentiösen wie feinsinnigen Tuschezeichnungen behaupten, die Marie Basten im Atelier ihrer Mutter präsentiert. Sie ist außerdem mit ihren "Happy Pictures" vertreten, einer Serie von Aquarellen, die im quadratischen Format und nur unwesentlich größer als ein Handybildschirm auf die Schönheit der Welt hinweisen wollen. Passend dazu zeigt Roman Wörndl in seinem Gartenatelier, dass eben diese schöne Welt nicht immer so war und auch nicht auf ewig so bleiben wird, wie wir sie kennen: In einer Installation, die mechanische und digitale Techniken verbindet, weist er auf ausgestorbene Tiere und Pflanzen hin.

Auch Gabriel Baumüller in Irschenhausen blickt auf die Natur. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Baumüller zeigt seine feingliedrigen Landschaftszeichnungen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Vor allem bei den zarten Bleistiftzeichnungen sieht man die künstlerische Linienführung. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Auch Gabriel Baumüller in Irschenhausen blickt auf die Natur: Die an einer einzigen Wand präsentierte Auswahl von zarten und zartesten Bleistiftzeichnungen sowie subtilen kleinen Gemälden mit Landschaftsmotiven ist so schön, dass man alle Bilder zusammen mit nach Hause nehmen möchte.

Großes Format, kleine Poesie: die Bilder von Isabelle Roth. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Roths Mann Georg Schwellensattl zeigt seine Bilder ebenfalls in Irschenhausen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Isabelle Roth ist hier wieder mit ihren großformatigen Bildern voll leiser Poesie zu Gast, diesmal begleitet von ihrem Mann Georg Schwellensattl, der seine kunstvollen Holzschnitte mitgebracht hat.

Bei Franz Jäger in Farchach geht es vor allem um die Holzplastiken seines Vaters Gerd. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Um Holz geht es auch im ehemaligen Atelier von Gerd Jäger, wo Franz Jäger noch einmal Arbeiten seines verstorbenen Vaters zeigt und bei schönem Wetter aus eigenwillig geformten Holzresten riesige Tiere baut. Die Besucher dürfen ihm nicht nur über die Schulter schauen, sie sollen am besten selbst mitarbeiten.

Alle Künstler und Adressen unter atelier-tage.de

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