Am nordöstlichsten Punkt in Irschenhausen starten und sich von dort in Schlangenlinien bis nach Ammerland vorarbeiten? Oder mittendrin in Aufkirchen beginnen und sternförmig die verschiedenen Stationen ansteuern? Von Ammerland aus das Ostufer hinauffahren und dann im Isartal wieder hinunter? Oder umgekehrt? "Wo lang?" fragen sich nicht nur die Besucher der 36. Ateliertage Berg/Icking. "Wo lang?" lautet auch das Motto, unter dem sich am kommenden Wochenende noch einmal zwölf verschiedene Werkstatt- und Ateliertüren in Irschenhausen, Wolfratshausen, Ammerland und in den Berger Ortsteilen Allmannshausen, Aufhausen, Aufkirchen und Farchach öffnen. 22 verschiedene künstlerische Positionen aus den Bereichen Malerei und Zeichnung, Bildhauerei und Objektkunst, Fotografie und Videokunst sind zu sehen.
Kunst direkt am Ort ihres Entstehens erleben und dem Künstler buchstäblich beim Arbeiten über die Schulter schauen, das kann man bei Ernst Grünwald in Ammerland: Auf seiner Werkbank hat sich eine weiße Katze zusammengerollt. Wartet sie noch darauf, endgültig fertiggestellt zu werden oder hat sie sich diesen Schlafplatz ausgesucht, damit der Bildhauer seine Werkzeuge weglegen und eine Pause machen muss? Auf jeden Fall wirkt die lebensgroße Gipsplastik so echt, dass man meint, ihr Schnurren zu hören.
Rundum an den Wänden auf Regalbrettern und kleinen Sockeln stehen die kleinformatigen, meist figurativen Bronzearbeiten, für die Grünwald bekannt ist: Streng naturalistische, sehr genaue Beobachtungen von Mensch und Tier, gleichzeitig auf das Wesentliche reduziert und von einer leisen, feinsinnigen Ironie. Mit ein bisschen Glück findet man unter den kaum handtellergroßen Figuren die eine oder andere, die noch keinen roten Punkt hat.
Auch die in einem ehemaligen Stall untergebrachte Werkstatt von Hans Panschar in Allmannshausen gleicht in diesem Jahr einer Wunderkammer. Zu entdecken gibt es neben der "Erkenntnis des apfelrunden Kreises der ganzen Welt" auch hölzerne Hausboote und ganze Städte, Häuser auf Rädern und ein veritables "Nagelstudio".
In den Regalen stehen geschnitzte Bücher, auf den Tischen freundliche Objekte aus Holz und Betonguss. Von der Sehnsucht nach Sommer und Meer erzählen Assemblagen aus Fundstücken und Schwemmholz, vom Humor des Künstlers seine merkwürdig-wortspielerischen Titel. Überraschend schwer sind die eleganten Handtaschen für Kunstsammlerinnen und überraschend leicht die sanft geschwungenen Betonobjekte, die Johannes Thum als Gast im Atelier von Hans Panschar zeigt.
Der große Atelierraum von Juschi Bannaski in Aufkirchen wird von einer Vielzahl neuer Hinterglasbilder dominiert, deren klare schöne Farben auch im trüben Herbstlicht strahlen, insbesondere wenn sie mit matten Nichtfarben kombiniert werden. Kleine geheimnisvolle Zeichnungen finden sich in diesen Bildern ebenso wie in den postkartengroßen Skizzen, die von Reisen in ferne Länder erzählen.
In diesem Jahr müssen sich die kleinen Reisebilder neben den ebenso unprätentiösen wie feinsinnigen Tuschezeichnungen behaupten, die Marie Basten im Atelier ihrer Mutter präsentiert. Sie ist außerdem mit ihren "Happy Pictures" vertreten, einer Serie von Aquarellen, die im quadratischen Format und nur unwesentlich größer als ein Handybildschirm auf die Schönheit der Welt hinweisen wollen. Passend dazu zeigt Roman Wörndl in seinem Gartenatelier, dass eben diese schöne Welt nicht immer so war und auch nicht auf ewig so bleiben wird, wie wir sie kennen: In einer Installation, die mechanische und digitale Techniken verbindet, weist er auf ausgestorbene Tiere und Pflanzen hin.
Auch Gabriel Baumüller in Irschenhausen blickt auf die Natur: Die an einer einzigen Wand präsentierte Auswahl von zarten und zartesten Bleistiftzeichnungen sowie subtilen kleinen Gemälden mit Landschaftsmotiven ist so schön, dass man alle Bilder zusammen mit nach Hause nehmen möchte.
Isabelle Roth ist hier wieder mit ihren großformatigen Bildern voll leiser Poesie zu Gast, diesmal begleitet von ihrem Mann Georg Schwellensattl, der seine kunstvollen Holzschnitte mitgebracht hat.
Um Holz geht es auch im ehemaligen Atelier von Gerd Jäger, wo Franz Jäger noch einmal Arbeiten seines verstorbenen Vaters zeigt und bei schönem Wetter aus eigenwillig geformten Holzresten riesige Tiere baut. Die Besucher dürfen ihm nicht nur über die Schulter schauen, sie sollen am besten selbst mitarbeiten.
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