Brauchtum:Andechs - einfach ein wenig anders

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Im Andechser Ortsteil Erling ist Maibaumaufstellen noch ein echter Kraftakt. (Foto: Nila Thiel)

Wie in vielen anderen bayerischen Gemeinden ist auch im Ortsteil Erling ein neuer Maibaum aufgestellt worden - außerhalb der Reihe und mit atypischer Bemalung.

Von Astrid Becker, Andechs

Punkt 11.11 Uhr steht der Baum. Und nein: Auch wenn in der Gemeinde Andechs so manches anders ist als anderswo, diese Uhrzeit, die so sehr an den Start des Faschings im November erinnert, ist reiner Zufall. Vieles andere im Ortsteil Erling aber nicht. An diesem 1. Mai ist dort wie in so vielen anderen Gemeinden in Bayern wieder ein Maibaum aufgestellt worden: 32 Meter hoch, recht gerade gewachsen - also ganz so, wie es sich gehört.

An Weihnachten, kurz vor Vollmond, war der Baum im "Sauloch" geschlagen worden, einem Waldgebiet bei Rothenfeld, einem weiteren Ortsteil der Gemeinde hoch über dem Ammersee. Zuletzt hatte dieses Eckchen, das an der Verbindungsstraße nach Starnberg liegt, mit Sternekoch Alfons Schuhbeck Aufsehen erregt, der Anfang Februar von Landsberg in die dortige Justizvollzugsanstalt verlegt worden war.

Aber daran denken an diesem 1. Mai in Erling wohl die wenigsten. Anderes steht im Vordergrund: Zum Beispiel, dass der Maibaum nicht vor dem Aufstellen noch gestohlen worden ist. Bürgermeister Georg Scheitz (CSU) ist darüber ganz persönlich sehr froh: "Ich hab' die letzte Maibaumwache übernommen, und mein Sohn ( Anm. der Red.: auch Georg) hat mich deswegen für verrückt erklärt und gesagt: Was glaubst du, was da los ist, wenn der ausgerechnet dir geklaut wird?"

Aber Scheitz ist kein Mann, dem dieses Risiko nicht bewusst gewesen wäre. Er setzte vielmehr auf die doch in Erling recht sichere Unterbringung des Baumes in einem Gebäude, das mitten im Ort liegt und schon allein deshalb keinen einfachen Tatort für potenzielle Maibaumdiebe darstellt. "Da waren schon einige, die geschaut haben, aber mehr auch schon nicht", erzählt Oberbursch Felix Benedikter vom örtlichen Burschen- und Madlverein, der für Großereignisse wie das Maibaumaufstellen und andere Feste verantwortlich zeichnet.

Burschen aus dem Ortsteil Machtlfing sorgen für eine ungewöhnliche Showeinlage. (Foto: Nila Thiel)
Gesichert ist der Baum beim Aufstellen durch Kran und Winde. (Foto: Nila Thiel)
Der alte Maibaum ist in Holzbänke verwandelt worden, die versteigert werden. Dafür verantwortlich sind unter anderem Sebastian Schöllderle und Stephan Bichler (v. li., sitzend), hier mit Bürgermeister Georg Scheitz (links) und Pfarrer Pater Korbinian Lindemann. (Foto: Nila Thiel)

Tatsächlich ist an diesem Tag nahezu ganz Erling auf den Beinen, unterstützt noch von Bewohnern anderer Ortsteile wie Frieding und Machtlfing. Die Vereine des gesamten Gemeindegebiets sind mittlerweile eng verzahnt. Anders als früher, als sich die Ortsteile trotz Gebietsreform noch als komplett eigenständig wahrgenommen haben. Heute hilft man sich, wo es geht - auch mit Showeinlagen: Sieben Burschen aus Machtlfing auf einem festlich geschmückten Rad zum Beispiel. Wenngleich sie damit auch ein bisschen Werbung für ihr Stadlfest am 25. Mai machen, wird ihr Auftritt vor dem sich immer höher aufrichtenden Maibaum mit viel Beifall goutiert.

Traditionell wird der Baum in Erling per Hand aufgestellt, nur gesichert durch Kran und Winde. Bier oder anderen Alkohol gibt es während des Kraftakts nicht. "Erst, wenn er steht", sagt Rathauschef Scheitz. "Der Sicherheit wegen - aber mittlerweile ist das auch schon Brauch." Genauso wie die Bemalung: Anders als in vielen anderen Gemeinden im Freistaat ringelt der Erlinger Baum von unten rechts nach oben links - also entgegengesetzt der bayerischen Rautenflagge. "Aber das war bei uns auch schon immer so."

Bilder aus den Sechzigerjahren würden das belegen, erzählen die Burschen vom Verein. Was anders ist als sonst: Der alte Baum wurde nicht nach vier, sondern diesmal bereits nach drei Jahren abgebaut. Wegen Corona konnte damals nicht gefeiert werden. Das sollte heuer nachgeholt werden - übrigens auch mit der Versteigerung des alten Baumes. Anders als anderswo wurde dieser aber nicht einfach nur in Stücke gesägt, sondern vom Burschen- und Madlverein in Holzbänke verwandelt. Maibaum-Mobiliar also. Das dürfte es bislang auch nicht so häufig geben.

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