Was hat eine Sonnenuhr mit Bier zu tun? Das wird sich sicherlich so manch Besucher des Symposiums "Kunst und Bier" fragen, das von Donnerstag, 17. August, bis zum 24. August in Andechs stattfindet. Eine Woche lang werden drei Künstler dort ihre Entwürfe realisieren - darunter auch eine Bier-Sonnenuhr der Steinbildhauerin Ulrike Ströbele. Bildhauer Alfred Seidel wird eine Maßkrug-Skulptur in Bronze gießen, und die Holzbildhauerin Evrim Kılıç - sie kommt aus Istanbul - wird mit einer Motorsäge einen "Young Artist" auf einem Bierfass kreieren.
Die Idee für diese Veranstaltung, die schon seit 2002 stattfindet, hatte einst Hubert Huber. Noch heute leitet und organisiert er das Projekt, für das sich dieses Jahr 43 Künstler aus aller Welt beworben hatten. Doch nur drei Künstler wurden ausgewählt, entscheidende Kriterien waren unter anderem die originelle Idee oder auch die Umsetzbarkeit im Freien.
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Als sie von dem Symposium gelesen habe, sei die Idee mit der Sonnenuhr plötzlich dagewesen, erklärt die gelernte Steinbildhauer- und Steinmetzmeisterin Ströbele aus Untergriesbach bei Passau. Im Gegensatz zur mitteleuropäischen Zeit mit festgelegten Zeitzonen sowie Sommer- und Winterzeit zeige die Sonnenuhr stets die tatsächliche Zeit im jeweiligen Ort an. Daher stimme der Schattenzeiger auf der Sonnenuhr gewöhnlich nicht überein mit der auf Uhren angegebenen Zeit.
Die Sonnenzeit entspricht Ströbele zufolge aber unserem Bio-Rhythmus - und der wird im Werk der Künstlerin zum "Bier-Rhythmus": Der Schattenschlag der Sonne zeigt bei ihr nicht nur die Uhrzeit an, sondern auch die Zeit fürs Bier zum Weißwurstfrühstück, für die Mittagshalbe zur Schweinshaxe, für das Radler am Nachmittag oder für das Feierabendbier.
"Für mich sind Sonnenuhren ein Spiel des Lichts und ein Sichtbarwerden des kosmischen Ablaufs", erklärt Ströbele. "Sie führen uns in unserer digitalisierten Welt zurück zum Ursprung unseres Zeitmaßes." Damit sie den Zeitstrahl für ihre horizontale Sonnenuhr anbringen kann, muss die Nord-Süd-Ausrichtung vor Ort genau vermessen werden. Zudem darf kein Schatten auf das Kunstwerk fallen.
An diesem Punkt kommt Huber ins Spiel. Er unterstützt die Künstlerin dabei, dass der Standort exakt ausgerichtet und abgestimmt wird. "Es ist mein Job, den Künstlern zu helfen", sagt er. Für die Veranstaltung bekommen die Künstler nur eine Aufwandsentschädigung von 750 Euro. Dafür aber werden Material und Werkzeuge zur Verfügung gestellt, wie etwa ein Baumstamm und Motorsägen für die Holzkünstlerin Evrim Kılıç oder ein Traktor zum Bewegen schwerer Kunstwerke. Auch Unterkunft und Verpflegung im Kloster sind kostenfrei. Im Gegenzug haben die Künstler laut Huber die Chance, weit über die Region hinaus bekannt zu werden und eventuell Nachfolgeaufträge zu bekommen.
Denn das Symposium zum Thema "Kunst und Bier" ist weltweit einzigartig, die Veranstaltung gibt es nur in Andechs. Der Maibaum-Platz unterhalb des Bräustüberls ist laut Huber perfekt, da alle Besucher auf ihrem Weg vom Parkplatz zum Kloster direkt daran vorbeikommen. Ein weiterer Vorteil für die Künstler ist laut Huber, dass sie sich während ihres Aufenthalts im Kloster austauschen und wertvolle Erfahrungen sammeln können. Nach zwei Jahren - solange werden die Kunstwerke in Andechs zu sehen sein - können die Künstler wieder frei über ihre Werke verfügen und diese verkaufen. Für Huber ein wichtiges Auswahlkriterium: Das Kunstwerk muss witterungsbeständig sein.
Die Veranstaltung ist nicht nur ein Besuchermagnet, sie ist auch bei den Künstlern sehr beliebt. Sogar für sie als Türkin sei das Thema "Kunst und Bier" sehr interessant, erklärt die akademische Bildhauerin Kılıç, die sich häufig für Symposien bewirbt.
Alfred Seidel, Bildhauer und Lehrbeauftragter an der Universität Passau, nimmt schon zum zweiten Mal teil. Sein Thema: die Verewigung vergänglicher Dinge. Dieses Verfahren in Pompeij, wonach Gips in Hohlräume gegossen wurde, habe ihn fasziniert, erklärt Seidel. Er gießt allerdings Wachs in die Hohlräume, die beim Verbrennen des Essens entstehen. Dieses Jahr wird Seidel ein neues Verfahren testen: Er wird eine Form mit einem 3D-Drucker herstellen. Er werde sich davon überraschen lassen, wie sich diese Kunststoffform beim Bronzeguss auswirken wird, sagt der Bildhauer, der erstmals Essen verewigt hat, als er im Jahr 2003 in Andechs war - damals ein Weißwurstfrühstück. Später fertigte er Fische, dieses Mal sind es Bronze-Maßkrüge.
Normalerweise bekommen Besucher einen Bronzeguss nicht zu sehen, erklärt Seidel. Diesmal aber nimmt der Bildhauer seinen Brennofen auf einem eigenen Anhänger mit, um das Verfahren vor Ort zeigen zu können: Am Dienstag, 22. August, will er den Bronzeguss in der Abenddämmerung vornehmen. Das Feuer ergebe ein schönes Spektakel in der Dunkelheit, sagt er.
Nicht nur Besucher können täglich die Entstehung der Kunstwerke verfolgen. Im Rahmen der Veranstaltung wird auch ein Mitmachprogramm für Kinder zwischen sieben und elf Jahren angeboten.