Artenschutz:Paarungsräume für Molch und Unke

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Gruppenbild mit Bagger (v.li.): Amphibienbeauftragter Reinhard Maier, Revierförster Stefan Ziermann, Andrea Hübner (Margarete-Ammon-Stiftung), Andreas Nemetz (Heinz Sielmann Stiftung), Markus Strack (Bayerische Staatsforsten) und Landschaftspfleger Johann Ludwig. (Foto: Nila Thiel)

Im Fünfseenland werden Toteiskessel für bedrohte Amphibien ausgebaggert. Mit den Tümpeln werden "Trittsteine" für stark gefährdete Arten geschaffen.

Von Armin Greune, Wörthsee

Mit einem neuen Projekt wollen zwei Stiftungen dem bedrohlichen Rückgang der Amphibien im Fünfseenland entgegenwirken: Vier überwachsene Toteiskessel in der Umgebung von Etterschlag sind vergangenen Woche partiell ausgebaggert worden, sie sollen künftig Kammmolchen und Gelbbauchunken als Laichgewässer dienen. Möglichst viele weitere Biotope zwischen der Emmeringer Leite bei Fürstenfeldbruck und Pähl sollen diesem Beispiel noch folgen. Auch wenn es paradox klingt: Mit den Tümpeln werden "Trittsteine" für die in Bayern stark gefährdeten Arten geschaffen, die einen genetischen Austausch zwischen zuvor isolierten Vorkommen ermöglichen.

Bei einem symbolischen Spatenstich mit der Baggerschaufel haben kürzlich Vertreter der Margarete-Ammon-Stiftung, der Bayerischen Staatsforsten und der Heinz Sielmann Stiftung ihr Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt. An einem der Einsatzorte im Wald unweit der Naturschutzgebiete Görbelmoos und Wildmoos wurde dabei auch eine Informationstafel zum Vorhaben errichtet. Toteiskessel entstanden nach der jüngsten Eiszeit beim Rückzug der Gletscher, als größere Eisblöcke langsamer abtauten, während sich um sie herum Sand und Kies aus dem Schmelzwasser ablagerten. Auf wasserundurchlässigen Bodenschichten füllten sich so die Mulden zu Weihern oder Tümpeln. Im Laufe der Zeit sind die meisten von ihnen jedoch zugewachsen.

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Im Zuge einer "Teilentlandung" werden jetzt zwischen Gilching, Wörthsee und Schöngeising Toteiskessel wieder von Bewuchs und Schlamm befreit. Im Fall des Vorzeigeobjekts förderte das Gerät auch meterweise Plastikfolien und sogar ein verrostetes Moped zu Tage; offenbar wurde der vormalige Weiher zur illegalen Müllentsorgung benutzt. Der Bagger gräbt aus einem zehn Meter breiten Graben etwa 20 Kubikmeter Erde ab, die Schaufel dringt dabei bis zur wasserundurchlässigen Lehmschicht vor. Haben Niederschläge oder Grundwasser diese Kleinstgewässer aufgefüllt, bedecken sie zwischen 100 und 300 Quadratmeter Fläche. Um vom Kammmolch, der primären Zielart des Projekts, als Paarungs- und Laichgewässer angenommen zu werden, ist stellenweise eine Tiefe von eineinhalb Metern nötig. Flachere Bereiche kommen den Gelbbauchunken zu Gute: Die höchstens streichholzschachtelgroßen Tiere bevölkern seichte Pfützen im Wald; immer längere Trockenperioden und die Intensivierung der Forstwirtschaft haben inzwischen zu einem dramatischen Rückgang der Unken geführt.

Deutschlands größte Molchart ist in Bayern stark gefährdet: Schwindende Lebensräume machen dem Kammmolch zu schaffen. (Foto: Wolfgang Willner/oh)

Was beim Freilegen der Toteislöcher an Ast- und Strauchschnitt anfällt, wird am Rand aufgeschichtet und mit dem entnommenen Erdaushub überschüttet. Diese Hügel mit Hohlräumen im Inneren werden von Amphibien als Winterquartiere genutzt. Andreas Nemetz, Leiter des Projektbüros der Heinz Sielmann Stiftung in Bad Tölz, hofft, dass Spring- und Laubfrösche ebenfalls von den neuen Laichgewässern profitieren. Derartige Entlandungsmaßnahmen hätten schon nach wenigen Jahren Erfolg gezeitigt. Nemetz kann auf langjährige Erfahrungen von Reinhard Maier verweisen: Der Amphibien- und Reptilienbeauftragte des Landkreises Starnberg steht ihm als Projektpartner zur Seite.

Die Gelbbauchunke wird auf der Roten Liste als stark gefährdet geführt. (Foto: M. Kuehn/Imago)

Der Aushub der vier Laichgewässer konnte innerhalb weniger Tage bewerkstelligt werden, Material- und Arbeitsaufwand halten sich in Grenzen: "Es sind kleine Maßnahmen, die große Wirkung entfalten", sagt Nemetz. Sein Büro werde die Entwicklung in den Folgejahren beobachten. Während die Heinz Sielmann Stiftung das Projekt mit dem Titel "Biotopverbundmaßnahmen südwestlich von München" durchführt und überwacht, stellt die Margarete-Ammon-Stiftung die finanziellen Mittel zur Verfügung: "Dass eine fördernde und eine operative Stiftung zusammenarbeiten, ist eine schöne Idee", findet Nemetz.

Gelder für weitere Projekte sind vorhanden, es mangelt eher an verfügbaren Flächen

Nächstes Jahr sollen weitere Laichgewässer in Toteiskesseln im Fünfseenland angelegt werden; Gelder wären ausreichend vorhanden, eher mangele es an verfügbaren Flächen. Aus diesem Grund habe man das Projekt zunächst auf vier Grundstücken in öffentlicher Hand gestartet: Zwei gehören dem Staatsforst, je eines dem Kreis Starnberg und der Gemeinde Wörthsee. Nemetz will weitere Grundeigentümer wie Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Kirchenstiftungen oder Privatleute für die Anlage neuer Amphibienbiotope gewinnen.

Die bayernweite Biotopkartierung weist in der Jungmoränenlandschaft zwischen Schöngeising und Pähl viele Toteiskessel auf. Maier schätzt ihre Zahl allein im Landkreis auf mehr als 500, nicht einmal jeder zwanzigste sei bisher freigelegt. In jedem Fall muss abgewogen werden, ob die Abgrabungen nicht mit anderen Naturschutzzielen - etwa dem Erhalt seltener Pflanzengesellschaften - kollidieren. Die vier Biotope nördlich von Wörthsee sind überwiegend mit artenarmen Großseggenried bewachsen, aber auch diese eher eintönigen Grasfluren dienen Laubfröschen als Lebensraum.

Aktiver Einsatz in Gummistiefeln für die Natur: Reinhard Maier entfernt eine große Plastikfolie, die der Bagger beim Aushub des Laichtümpels zu Tage gefördert hat. (Foto: Nila Thiel/Starnberger SZ)
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