Flammen im Cockpit, ein defektes Triebwerk, der Ausfall des Heckrotors: Solche Szenarien möchte kein Hubschrauberpilot im Ernstfall erleben, ein technischer Defekt während des Fluges könnte fatale Folgen haben. Üben können die Piloten den Notfall künftig in einem Trainingszentrum auf dem Gelände des Sonderflughafens Oberpfaffenhofen, das ein Partnerunternehmen des ADAC dort errichten lässt. Im Sommer haben die Bauarbeiten begonnen, in zwei Jahren soll der Komplex mit Verwaltung, Übungsräumen und Hangar fertig sein, kündigte Unternehmenssprecher Jochen Oesterle an. Etwa 280 Arbeitsplätze entstehen dort nach seinen Angaben. "Das wird ein Standort mit zentraler Bedeutung", sagte er. Gleichzeitig betonte er aber, in Oberpfaffenhofen entstehe keine neue Luftrettungsstation, um Befürchtungen vor zusätzlichem Fluglärm gleich vorab zu dämpfen. In dem Trainingszentrum werden auch keine Hubschrauber kreisen: Die fliegenden Rettungskräfte üben vor allem mit VR-Brillen und Simulatoren.
Bisher betreibt die ADAC-HEMS-Academy, ein Tochterunternehmen der ADAC Luftrettung, nur auf dem Flugplatz Hangelar bei Bonn ein internationales Trainingszentrum mit moderner Ausstattung. Die Abkürzung HEMS steht für "Helicopter Emergency Medical Service", also "Helikopter-Notarztdienst". Nicht nur Piloten, sondern auch medizinische Fachkräfte, können dort ihre vorgeschriebenen Übungseinheiten absolvieren. Nun entsteht ein zweiter Standort knapp 600 Kilometer südöstlich. Das neue Trainingszentrum entsteht laut Oesterle in unmittelbarer Nähe des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), das ein großes Gelände auf dem Flughafenareal in Oberpfaffenhofen nutzt. Neben dem Hauptgebäude mit Verwaltung und Übungsräumen werde auch ein Forschungs- und Wartungshangar für die Hubschrauber errichtet. Den genauen Standort, Fläche und Gebäudegrößen des ADAC-Neubaus konnte der Unternehmenssprecher aber nicht nennen. Zu den Kosten gab er ebenfalls keine Auskunft.
Piloten und Notfallsanitäter im Luftrettungsdienst in Europa müssen mindestens alle drei Jahre Feuerlöschtrainings absolvieren. Das ADAC-Übungszentrum bietet dafür ein Training auf Basis von Virtueller Realität (VR) an. Mit einer speziellen VR-Brille können zum Beispiel Triebwerksbrände oder Feuer im Cockpit simuliert werden, das dann mit einem maßstabsgetreuen Modell eines Feuerlöschers bekämpft wird. Der Notausstieg aus einem Hubschrauber wird in einem Simulator geübt. Das Gerät hat die Maße einer Originalkabine, ist mit Sitzen bestückt und verfügt über exakt nachgebildete Türen und Fenster. So können Rettungskräfte üben, wie sie sich befreien können, im Notfall Tür oder Fenster herausdrücken. Auch die Situation in einer havarierten Maschine kann nachgeahmt werden, indem der Simulator auf die Seite gekippt wird und Qualm ausströmt.
Dem ADAC-Personal stehen damit künftig zwei Trainingszentren mit Schulungsräumen, computerbasierten Trainingsgeräten und moderner Medientechnik in Hangelar und Oberpfaffenhofen zur Verfügung. Allein 170 Piloten sind nach Angaben des Automobilclubs in seiner Luftrettung im Einsatz; die Rettungshubschrauber sind nach den Worten des Unternehmenssprechers an 36 Standorten in Deutschland stationiert, außerdem in Suben in Österreich; sie fliegen insgesamt etwa 50 000 Einsätze im Jahr. Zum clubeigenen Personal kommen externe Kunden, die Kurse belegen. Nach den Worten von Akademie-Chef Steven Igodt entsenden viele internationale Luftfahrt- und Rettungsorganisationen ihr Personal zum Üben und er erklärt: "Mit dem zweiten Standort möchten wir ihnen künftig noch mehr Möglichkeiten bieten, qualifiziertes Training in Theorie und Praxis zu erhalten." Laut Oesterle werden in den Kursen der HEMS-Academy bei Bonn mehr als 3000 Teilnehmer pro Jahr geschult.