München:Mit voller Wucht

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Die Bayern-Basketballer empfangen im Playoff-Viertelfinale die Löwen Braunschweig. Die Niederlage im letzten Spiel gilt als Warnschuss.

Von Ralf Tögel, München

Am Tag danach war Marko Pesic schon wieder ganz gelassen, der Disput mit dem Schiedsrichter nach der Partie in Bonn längst abgehakt. Es ist bekannt, dass es der Geschäftsführer der Basketballer des FC Bayern München nicht schätzt, wenn seine Spieler Schaden nehmen. Vladimir Lucic war in den Schlusssekunden der Partie in der Luft angegangen worden, weshalb er mit großer Wucht auf den Rücken knallte. Der Unparteiische hatte die Aktion als regelkonform gewertet und die Partie weiterlaufen lassen, im Gegenzug gelang Bonns Charles Jackson die Entscheidung. Nicht die Niederlage hatte Pesic in diesem Moment gestört, er sorgte sich vielmehr um Lucic, der sich vor Schmerzen am Boden krümmte.

Pesic hatte daher eine Verletzungsunterbrechung angemahnt. Das 98:102 ist für seine Mannschaft ohnehin nur von statistischem Wert, es war die dritte Niederlage am 34. Spieltag, die nicht verhindert hat, dass der deutsche Meister als Erster der Hauptrunde in das Unternehmen Titelverteidigung startet. Lucic wird zwar noch an Rücken und Hüfte untersucht, aber einem Mitwirken am kommenden Samstag im ersten Playoff-Viertelfinale scheint nichts im Weg zu stehen. Was im Übrigen auch für Derrick Williams gilt, der schon in der Anfangsphase unglücklich auf den Finger gestürzt war und sich die Beugesehne im obersten Fingerglied verletzte. Eine sehr schmerzhafte Angelegenheit, die der NBA-gestählte Amerikaner indes nach kurzer Behandlung bis zur Schlusssirene konsequent ignorierte.

Auch sein Mitwirken in der K.o.-Runde um die Meisterschaft ist nicht in Gefahr. Der Sportdirektor wollte angesichts des unnötigen Misserfolgs in letzter Sekunde mit seinen Spielern auch gar nicht zu hart ins Gericht gehen, die Verteidigung war nicht gut, sicher, vielleicht hatte das Team zu wenig Spannung, okay, und der ein oder andere hatte wohl auch im Kopf, sich bloß nicht so kurz vor der heißen Saisonphase zu verletzen: "Angesichts der tollen Saison, die wir bis jetzt gespielt haben, will ich der Mannschaft keinen Vorwurf machen." Einen kleinen therapeutischen Nebeneffekt darf der Sonntagabend aber schon mit sich bringen, denn "es ist ganz gut zu wissen, dass es mit halber Kraft sicher nicht funktioniert". Eine solche kraftarme Phase leistete sich der Meister zu Beginn des dritten Viertels, in der die Bonner angeführt von Topscorer Josh Mayo (22 Punkte) auf 17 Punkte enteilten (71:54). Dann aber demonstrierten die Gäste, wie sie spielen können, wenn sie ihre Kräfte mobilisieren, vor dem finalen Viertel waren sie mit 75:82 wieder dran.

Der Münchner Kader hat eine beeindruckende Tiefe, immer wieder fand sich ein anderer Spieler, der dem Gegner zusetzte, in Williams, Lucic, Nihad Djedovic, Leon Radosevic und Devin Booker trafen fünf Spieler zweistellig, Regisseur Stefan Jovic glänzte mit zwölf Assists. Zudem bekamen Teamkapitän Danilo Barthel sowie Nemanja Dangubic eine Pause, Robin Amaize wurde seinem Knie zuliebe noch geschont. Die Partie indes gab schon mal einen trefflichen Ausblick auf die K.o.-Runden, aufgeheizte Zuschauer, intensive Zweikämpfe, aufgeladene Spieler, die sich mehrmals Nase an Nase austauschten. Dem Trainer war sie trotz des unbefriedigenden Ergebnisses zudem ein willkommener Test, der Dejan Radonjic Argumente liefert, gefälligst keinen Gegner zu unterschätzen. Die Spieler dürften dies verinnerlichen, denn in den Playoffs kann nicht jeder immer spielen. Die 6+6-Regel der BBL, die das Verhältnis deutscher und ausländischer Spieler regelt, wird Radonjic zwingen, immer wieder einen seiner Internationalen auf die Tribüne zu setzen - was dem Trainingseifer sicher nicht schaden dürfte.

Vor allem die Defensivarbeit missfiel dem Montenegriner, 53 gegnerische Punkte in der ersten Halbzeit würden genug aussagen: "Im dritten Viertel haben wir es dann irgendwann doch noch besser gemacht, aber das reicht eben manchmal nicht und ist dann zu spät." Am Samstagabend (20.30 Uhr) im ersten Viertelfinalspiel der Best-of-five-Serie darf Braunschweig jedenfalls mit einem wachen Gastgeber rechnen, der Hauptrunden-Achte sieht sich ohnehin als Außenseiter: "Wir wissen schon, was wir da für einen krassen Gegner haben", teilte jedenfalls Löwen-Pressesprecherin Fabienne Buhl mit. Die Gäste haben angesichts der zweiten Partie ein weiteres Problem, nach jetzigem Stand ist die Volkswagen Halle in Braunschweig wegen einer nichtöffentlichen Veranstaltung belegt. Man habe bereits Ausweichhallen angefragt, in Göttingen etwa, noch werde alles versucht, in die gewohnte Heimstatt zu kommen.

Den Bayern wird das egal sein, wie auch der verpasste Vereinsrekord von nur zwei Niederlagen in einer Bundesliga-Hauptrunde. "Das spielt keine Rolle", sagte Marko Pesic, "die Titelverteidigung schon."

© SZ vom 14.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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