Fußball:Fürs Vaterland und eine Dusche

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Martin Büchel fehlt dem FC Unterföhring gegen Vilzing - der Liechtensteiner spielt mit der Nationalelf in der WM-Qualifikation gegen Italien. Während die Uefa Abstellgebühren zahlt, geht der Klub bei der Fifa leer aus

Von Fabian Swidrak

Wenn Martin Büchel in sein Auto steigt und Kurs auf die A96 Richtung Lindau nimmt, bedeutet das für seine Mitspieler zumeist nichts Gutes. Oft fährt Büchel dann nach Liechtenstein und oft kehrt er tagelang nicht zurück. Liechtenstein ist mit dem Auto zwar nur zweieinhalb Stunden von Unterföhring entfernt, für einige Zeit lebt Büchel dann aber in einer anderen Welt.

Am vergangenen Wochenende, seine Mitspieler beim FC Unterföhring waren gerade damit beschäftigt, ein 1:0 gegen den BCF Wolfratshausen zu feiern, da hatte Büchel bereits seine Tasche gepackt und stieg ins Auto. Zurückgekehrt ist er bislang nicht. Auch wenn der Tabellenzweite der Bayernliga Süd, bei dem zumindest Trainer Andreas Pummer offen über den Wunsch vom Aufstieg in die Regionalliga spricht, an diesem Samstag bei Verfolger DJK Vilzing antritt, wird Büchel fehlen. Er spielt dann in Vaduz gegen Italien. Qualifikation zur Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland.

Büchel, 29, defensives Mittelfeld, ist liechtensteinischer Nationalspieler. Alle paar Wochen tauscht er die Sportplätze der Region gegen die großen, modernen Stadien Europas ein und spielt unter der Aufsicht von TV-Kameras vor Tausenden Zuschauern. Erst im September verlor er mit dem Fürstentum in Léon 0:8 gegen Spanien. "Das war fast ein wenig langweilig. Gegen die haben wir schon oft gespielt", sagt Büchel. Aber es ist unser erstes Spiel gegen Italien überhaupt."

Wanderer zwischen den Welten: Der Liechtensteiner Martin Büchel (li.) spielt in der EM-Qualifikation gegen Österreichs David Alaba. (Foto: Eibner/Imago)

Früher einmal war Büchel Profi beim FC Zürich in der Schweiz. Seit dreieinhalb Jahren studiert er Osteopathie in München und spielt für den FC Unterföhring. Büchel ist einer von nur zwei A-Nationalspielern in den beiden Bayernligen. Landsmann Sandro Wolfinger spielt seit dieser Saison für Wolfratshausen, verpasst die Partie gegen Italien aber aufgrund einer Schulterverletzung. Selbst in der Regionalliga Bayern stehen derzeit lediglich zwei Nationalspieler unter Vertrag: die Unterhachinger Stefan Marinovic (Neuseeland) und Vitalij Lux (Kirgisistan). Einerseits sind sie in Unterföhring daher stolz, einen wie Büchel in ihren Reihen zu haben, andererseits muss Trainer Pummer regelmäßig den Ausfall eines wichtigen Spielers kompensieren.

Während der Spielbetrieb in den europäischen Profiligen bei Terminen der Nationalteams ruht, müssen Amateurklubs Pflichtspiele ohne ihre Auswahlspieler bestreiten. Drei Bayernligapartien hat Büchel in dieser Saison bereits verpasst. "Ich will nicht jammern, aber natürlich fehlt er uns", sagt Pummer. "Er hat eine führende Position in der Mannschaft." Als die Unterföhringer am vergangenen Samstag bis zum Schlusspfiff um ihren Sieg zittern mussten, war es Büchel, den Pummer in den letzten Minuten der Partie immer wieder zu sich an die Seitenlinie rief, um Anweisungen an die Mannschaft weiterzugeben. "Es tut schon immer ein bisschen weh, wenn ich der Mannschaft nicht helfen kann", sagt Büchel. "Ein schlechtes Gewissen habe ich aber nicht. Für den Verein ist das ja auch Werbung." Außer mit einem möglichen Imagegewinn werden die Föhringer demnächst auch finanziell für Büchels Absenzen entschädigt werden.

Büchel im Bayernliga-Trikot des FC Unterföhring. (Foto: Claus Schunk)

Stellt ein Klub einen Spieler ab, damit dieser mit der Nationalelf an der Qualifikation zur Europameisterschaft oder der EM-Endrunde teilnehmen kann, erhält er vom europäischen Fußballverband Uefa eine Entschädigungszahlung, genannt Abstellgebühr. Alle vier Jahre schüttet die Uefa dieses Geld aus und beteiligt die Vereine so an den Einnahmen der Turniere. Nach der EM 2012 flossen 100 Millionen Euro an die abstellenden Klubs, in diesem Jahr werden es sogar 150 Millionen Euro sein. Wie viel Geld der FC Unterföhring für Martin Büchel erhält, ist noch offen. Mit einer Summe im mittleren vierstelligen Bereich dürfen sie beim FCU aber rechnen. Büchels Länderspiel gegen Italien hingegen bringt dem Klub nichts ein. Für die Qualifikation zur WM gibt es vom Weltverband Fifa keine vergleichbare Ausfallzahlung.

"Ich finde es angemessen, dass wir dafür Geld bekommen", sagt Pummer. "Er genießt hier ja auch unser Training." Büchel selbst hat bereits eine Idee zur Verwendung des Geldes. Er würde seine beiden Fußballwelten gerne etwas angleichen: "Vielleicht können wir von dem Geld mal die Duschen sanieren. Die hätten es nötig."

© SZ vom 12.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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