Eishockey:Ein bisschen Druck

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„Teilweise erschreckend“ fand EHC-Kapitän Patrick Hager, was Kollegen aus anderen Klubs ihm über deren Probleme in der Pandemie erzählten. Mittlerweile haben sich alle zum DEL-Saisonstart im Dezember bekannt. (Foto: Roland Krivec / Imago)

Voller Vorfreude: Der EHC München erwartet die Eisbären Berlin - und den lang ersehnten DEL-Start.

Von Christian Bernhard, München

Die Erinnerungen an den 25. Februar 2018 zaubern deutschen Eishockeyfans heute noch ein Lächeln ins Gesicht. Damals sicherte sich die Nationalmannschaft bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang die Silbermedaille. Zu Gold fehlten im Finale gegen die Olympischen Athleten aus Russland gerade einmal 56 Sekunden. Exakt 1000 Tage nach diesem Glitzertag in der deutschen Sportgeschichte stehen am Samstag (17 Uhr) gleich zehn Spieler von damals auf dem Eis der Münchner Olympia-Eishalle, wenn der EHC Red Bull München zum dritten Gruppen-Spiel im Rahmen des Magentasport Cups die Eisbären Berlin empfängt (Zuschauer sind nicht zugelassen).

"Vor dem Viertelfinale gegen Schweden haben wir begriffen, wie intensiv die deutsche Öffentlichkeit unsere Erfolge verfolgt, wie ausführlich die deutschen Medien über uns berichten. Das hat uns natürlich weiter beflügelt", erinnert sich EHC-Stürmer Yasin Ehliz an jene magischen Tage in Südkorea zurück.

In den zurückliegenden Tagen haben sich die deutschen Medien wieder stark mit dem deutschen Eishockey beschäftigt - allerdings nicht wegen eines großen Spiels. Vielmehr gab es bislang überhaupt noch keine Spiele in der Deutschen Eishockey Liga (DEL), die Pandemie und ihre Auswirkungen verhinderten einen Saisonstart bislang. Am Donnerstag gab die DEL nun nach monatelanger Ungewissheit bekannt, dass die Saison 2020/21 mit allen 14 Klubs starten wird - am 17. Dezember, mehr als zehn Monate nach dem Abbruch der vergangenen Saison, die München als Tabellenerster der Hauptrunde beendet hatte. Einen Meister gab es nicht.

Beim EHC war die Erleichterung groß, dass es nun ein Bekenntnis zum Neustart gibt. Trainer Don Jackson zeigte sich "mehr als glücklich" darüber, "dass es jetzt einen Zielpunkt gibt, auf den wir hinsteuern können." Geschäftsführer Christian Winkler begrüßte die Entscheidung "ausdrücklich" und betonte: "Der vor uns liegende Weg ist lang und herausfordernd, gemeinsam werden wir aber Lösungen finden." Die Münchner haben in den vergangenen Monaten stets darauf gepocht, schnellstmöglich wieder zu starten. Der EHC schickte seine Spieler nicht in Kurzarbeit und beantragte als einziger der 14 DEL-Klubs keinen Zuschuss aus dem Corona-Hilfspaket des Bundes. Wäre es nach den Münchnern gegangen, würde in der DEL schon längst wieder gespielt.

Dass die Münchner Realität (dank Eigentümer Red Bull) nicht repräsentativ für die Liga war, bekamen die EHC-Spieler in Gesprächen mit Kollegen aus anderen Vereinen mit. "Wir konnten uns den Umständen entsprechend bestmöglich vorbereiten", berichtet Kapitän Patrick Hager, obwohl gerade zu Beginn der Vorbereitung im Sommer "gar keine Gegner aus unserem Land da waren". Das, was Hager von befreundeten Profis über die Situation andernorts erfuhr, sei "teilweise erschreckend" gewesen. Dem Nationalspieler - einer der zehn Olympia-Finalisten von 2018 - stellte sich die Frage: "Wie soll man da auf einen Nenner kommen und gemeinsam mit allen in die Saison starten können?" Dass dieses vor Wochen noch aussichtslos erscheinende Unterfangen nun geglückt ist, beschert Hager eine "unglaubliche Freude", auch "wenn es eine Zeit lang gedauert hat".

Das Vorbereitungsturnier soll den Teams helfen, Schwung für den Ligastart aufzunehmen. Die Münchner sind im Rahmen ihrer XXL-Vorbereitung bereits zweimal auf die Eisbären getroffen. Mitte Oktober siegten sie in Berlin erst 3:2 und verloren einen Tag später 0:1. Da sowohl der EHC als auch die Berliner zuletzt Schwenningen unterlagen und die Eisbären am Donnerstag auch in Mannheim beim 0:3 leer ausgingen, stehen beide Teams unter einem gewissen Druck. Um sich für das Halbfinale zu qualifizieren, muss Platz eins oder zwei in der Vierer-Gruppe erreicht werden. Die 1:2-Heimniederlage gegen Schwenningen hatte Don Jackson nicht gefallen, "es gab sicherlich ein paar große Pannen in unserem Spiel", sagte der Münchner Trainer. Auch mit Blick auf den Ligastart fordert er: "Wir müssen jetzt konsequent und beständig auftreten."

Dabei mithelfen kann am Samstag erstmals der neue Münchner Verteidiger Andrew MacWilliam. Der 30-jährige Kanadier war vor einer Woche verpflichtet worden, kam im Heimspiel gegen Schwenningen aber noch nicht zum Einsatz, da er nur ein Mal mit dem Team trainiert hatte. Für MacWilliam geht es in den verbleibenden Gruppenspielen darum, sich an das deutsche Eishockey zu gewöhnen. Die Vorfreude seiner Kollegen auf den Ligastart dürfte er bereits bemerkt haben.

© SZ vom 21.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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