Basketball:Kopfsache

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Münchner Lichtblick: Robin Amaize, hier gegen Gießens Jonathan Stark, war Topscorer und zeigte eine gute Leistung. (Foto: Michael Schepp/imago images)

Nach dem größten internationalen Erfolg in der Vereinshistorie kassiert der ersatzgeschwächte FC Bayern in der Bundesliga eine ernüchternde Niederlage beim Tabellenletzten.

Von Ralf Tögel, München

Vielleicht war es ja ganz gut, dass Chefcoach Andrea Trinchieri "aus triftigen familiären Gründen", wie der Verein mitgeteilt hatte, die Reise nach Gießen nicht antrat. Neben dem Trainer der Basketballer des FC Bayern München bekamen Nick Weiler-Babb, Wade Baldwin und Vladimir Lucic am Karsamstag eine wohl verdiente Atempause, allesamt Akteure, die maßgeblichen Anteil am größten internationalen Erfolg der noch jungen Profi-Abteilung hatten. Der hart erschuftete 71:70-Triumph gegen den litauischen Serienmeister Zalgiris Kaunas hatte den Münchnern am Gründonnerstag bereits vor dem letzten Euroleague-Hauptrundenspiel in Barcelona die Teilnahme an den Playoffs gesichert, was zuvor noch keinem deutschen Team gelungen war. Dem schrieb selbst der österreichische Kaunas-Trainer Martin Schiller eine historische Dimension zu, die Bayern ließen dabei ehemalige Titelträger wie Panathinaikos Athen, Maccabi Tel Aviv oder Olympiakos Piräus hinter sich. Die Gießen 64ers haben noch keinen internationalen Titel gewonnen, die letzten nationalen Erfolge, immerhin fünf deutsche Meisterschaften und drei Pokalsiege, liegen mehr als vier Jahrzehnte zurück. Derzeit kämpft der Traditionsklub um den Klassenerhalt. Die Gießen 46ers empfingen den turmhohen Favoriten als Tabellenschlusslicht - und gewannen mit 95:94-Punkten.

Es ist daher nachvollziehbar, dass die Hessen von einer Sensation sprechen. Durch den Erfolg rückten sie auf den vorletzten Platz der Basketball-Bundesliga (BBL) vor (10:42 Punkte) und schafften wieder etwas Nähe zum ersten Nichtabstiegsplatz (MBC, 14:40). Die Bayern bleiben nach der sechsten Niederlage Dritter (42:12), die Playoff-Teilnahme ist nicht das Thema - sondern eine möglichst gute Ausgangsposition, die sich bekanntlich im Heimvorteil niederschlägt. Bei sieben ausstehenden Spielen beträgt der Rückstand auf den Zweiten Alba Berlin (44:8) nun vier Punkte. Weil die Berliner noch in München antreten müssen, kann der FCB mit etwas Mithilfe der Konkurrenz noch weiter nach vorne rücken, Primus Ludwigsburg (48:4) dürfte bereits enteilt sein.

Schwere Beine und leere Köpfe, die Abwehrleistung war trotzdem sehr enttäuschend

Doch nicht der Blick auf die Tabelle sollte zu denken geben, sondern die phasenweise bedenklich schwache Leistung der Mannschaft. Die Euroleague-Helden waren müde, was sich vor allem in der schläfrigen Defensive niederschlug. Lediglich Paul Zipser (15 Punkte), Diego Flaccadori (15) und Zan Sisko (13) erreichten einigermaßen Normalform. Die Gießener durften nach standesgemäßem Münchner Beginn nebst zweistelliger Führung zusehends unbehelligt agieren und schöpften mit jedem Korb Selbstvertrauen. Zur Pause war der Gastgeber (43:46) dran, traf vor allem durch Spielmacher und Topscorer Jonathan Stark (25 Punkte) auch unmögliche Würfe. Will man dem Spiel aus Münchner Sicht etwas Positives abgewinnen, so ist das die Leistung von Robin Amaize, der mit 17 Punkten Topscorer war und nach seiner langen Verletzungspause wieder im Kommen ist. Von Nachwuchsakteuren wie Sasha Grant oder Jason George darf man allein wegen fehlender Spielpraxis nicht mehr erwarten, Nachverpflichtung David Krämer fremdelt nach wie vor in seiner neuen Umgebung und der verletzte Kapitän Nihad Djedovic wird vermisst wie selten.

In zwei Wochen wird im Münchner Audi Dome mit der Pokalendrunde der erste Titel der Saison vergeben

Denn die Aufgaben werden nicht kleiner. In der Euroleague stehen die Playoffs bevor, in der Bundesliga folgen schwere Partien, und in zwei Wochen wird in der Pokalendrunde im Audi Dome in München der erste Titel der Saison vergeben. Die Frage wird also bleiben, wie weit die müden Beine die Spieler noch tragen werden. Hoffnung macht die Tatsache, dass das willensstarke Team bisher noch jeden Rückschlag weggesteckt hat. Die erste Antwort gibt es in der BBL-Heimpartie an diesem Dienstag (19 Uhr, Magenta Sport) gegen Bayreuth, ehe die Hauptrunde der Königsklasse am Freitag in Barcelona ihr Ende findet.

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