Mode:Diese Socken sollen in Sandalen getragen werden

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Firmengründerin Eva Maskow hängt ihre bunten Kreationen an Wäscheklammern auf, "Too hot to hide" heißt ihr Modelabel. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Stilbruch als Geschäftsmodell: Die Münchner Designerin Eva Maskow hat damit Erfolg - auch in Österreich, Kanada und Japan.

Von Franziska Gerlach

Am liebsten zieht Eva Maskow mit ihrem Körbchen los, damit die Händler gleich einen Blick auf ihre Ware werfen können. Regelrechte Akquisetouren legt die Münchnerin, 40 Jahre alt, so durch deutsche Städte zurück. Ohne Voranmeldung, aber meistens erfolgreich. Inzwischen gibt es ihre Socken und Strumpfhosen in mehr als 100 Läden. Nicht nur in allen Ecken der Republik, sondern auch in Österreich, Kanada und Japan. Und natürlich begegnet einem "Too hot to hide" auch in München. In den Geschäften - und an den Füßen der Münchnerinnen.

Maskow, die das Label vor drei Jahren gegründet hat, ist selbst eine überzeugte Sockenträgerin. "Schon immer gewesen", sagt sie. Gemusterte Seidensocken in Pumps? Hat sie bereits vor sieben Jahren getragen. An diesem Nachmittag hat sie sich für ihren Bestseller - ein Modell mit Mohnblumen - entschieden. Und zwar in Sandalen. Wäre ja auch ein Jammer, die Modelle von "Too hot to hide" in Sneakern zu verstecken. Dann sähe man die in Kontrastfarben gehaltenen Fersen und Zehen nicht, nicht das fesche Netzmuster, nicht die Pünktchen auf dem transparenten Stoff und auch nicht die Mohnblumen.

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Nun ist die Mode ja durchaus für Verrücktheiten zu haben. Die Kombination aus Socken in Sandalen trug bislang aber vor allem zum Klischee des unattraktiven Deutschen bei, der mit Bermudashorts und Sonnenhütchen in Südeuropa vom Kreuzfahrtschiff ging und Italiener oder Spanier in ihrem Sinn für Ästhetik störte. Doch offenbar ist die Socke, vormals ein denkbar langweiliges Kleidungsstück, in diesen Tagen cool. Der Blick gehe nämlich wieder zu den Füßen, schreiben die Moderedaktionen, gerne dürfe es dort bunt zugehen. Selbst die gute alte Sportsocke hat sich in den vergangenen Saisons ein hipperes Image zugelegt.

Ein von einer Tennissocke inspiriertes Modell hat auch Maskow im Sortiment - aus leichter Viskose, nicht aus robuster Baumwolle. Eine Edelvariante sozusagen, die sich mit modischem Selbstbewusstsein abends in eine Bar ausführen lässt. Es ist Bewegung gekommen in den Markt: Die Lücke zwischen dem grundsoliden Kniestrumpf und der sexy Halterlosen hat sich geschlossen. "Stance" aus den USA, "Happy Socks" aus Schweden oder "Sock up your life" aus Fürstenzell bei Passau - sie alle bringen farbige Sorglosigkeit in die angestaubte Branche der Beinbekleidung. Auch die großen Ketten sind eingestiegen in das Geschäft, in den Schaufenstern der Münchner Innenstadt hängen Socken mit Punkten und Streifen. Und manchmal glitzern die Streifen und Punkte sogar.

Bei Maskow, die ursprünglich aus Regensburg stammt, dürfen Socken und Strumpfhosen ihr streetstyliges Potenzial voll entfalten. Sie will weg vom Bild der damenhaften Makellosigkeit, das diverse Werbekampagnen mit via Photoshop verlängerten Beinen im allgemeinen Bewusstsein hinterlassen haben. Gerne sähe sie noch viel mehr Münchnerinnen, die sich an die Kombination von Socken in Badeschlappen oder Sandalen herantrauen. Die nicht verlegen sind um den Stilbruch, wenn sie etwa feminine Ringelsöckchen aus klobigen Doc Martens herausspitzen lassen.

Die Socken waren zunächst "Alternativartikel"

Die Geschäftsfrau sitzt in ihrem kleinen Büro im Glockenbachviertel an ihrem Schreibtisch, darauf liegen die Socken, angeordnet in einer ordentlichen Reihe. Maskow lässt in Norditalien produzieren, angefangen hat sie mit den Strumpfhosen. Die Socken kamen als "Alternativartikel" hinzu, die im Notfall eine sommerliche Flaute im Strumpfhosenabsatz abfedern sollten. Und andersherum: Sollte sich der Hype um die farbenfrohe Socke irgendwann erledigen, dann habe sie ja immer noch die Strumpfhosen. "Wir nehmen den Trend jetzt mit. Und dann muss man sehen, wie es sich entwickelt."

Maskow hat Betriebswirtschaftslehre studiert. Nach Praktika bei Hugo Boss in New York und bei der Münchner Luxusmarke Escada arbeitete sie unter anderem für das Unterwäschelabel Triumph, zuletzt war sie als "Brandmanagerin" für den Strumpfhosen- und Sockenhersteller Kuhnert tätig. Sie kennt die Branche also, hat Kontakte zu Herstellern, und als sich der Wunsch nach einem eigenen Label nicht mehr verdrängen ließ, packte sie die Sache an. "Socken sind ein ideales Produkt für die Selbständigkeit", sagt Maskow. Die Herstellung sei nicht sonderlich aufwendig: Die Maschine, die die Socken fertigt, muss nur von einem Techniker programmiert werden. Hohe Personalkosten fielen da nicht an.

Die Münchnerin ist keine von der Sorte, die sich mit einer großspurigen Vision in der Modewelt verewigen möchte. Aber sie ist mit einem feinen Gespür für den Zeitgeist ausgestattet und mit dem Willen, sich für ihre Idee ins Zeug zu legen. Maskow weiß, dass die Socken und Strumpfhosen in ihrer Verpackung aus Karton kaum Platz benötigen und sich problemlos neben die Kasse stellen lassen. Das werde von den Läden gerne getestet. Trotzdem sei das Sockengeschäft nicht einfach. "Gerade weil das Produkt so günstig ist, muss man extrem viel verkaufen", sagt Maskow. Sind ja keine Luxushandtaschen, für die Liebhaber schon mal den Preis eines Kleinwagens entrichten. Deshalb klappert sie mit ihrem Körbchen die Händler ab, um ihr junges Label bekannt zu machen. Hin und wieder wird sie wohl eine Absage kassieren, so wie beim ersten Anlauf bei Ludwig Beck. Ein halbes Jahr später ging sie noch einmal hin. Diesmal überzeugte ihr Produkt. "Und es läuft sehr gut."

© SZ vom 18.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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