Fünf für München:Streichhölzer, Sandburgen, Sammlungen

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Sinan Yaman. (Foto: Hotel Vier Jahreszeiten)

Sinan Yaman verabschiedet sich, Ian Jakab lässt von sich hören und Nadyssa Willanda forscht, bis es schmeckt - unsere Münchnerinnen und Münchner der Woche.

Von Philipp Crone, Sonja Niesmann und Stefanie Witterauf

Kaufen

Der Job klingt wie der Traum vieler Menschen, mutmaßlich vieler Shopping-Freaks: Einkaufen, ohne selbst zahlen zu müssen. Das hat Sinan Yaman 40 Jahre lang gemacht, und zwar für das Hotel Vier Jahreszeiten an der Münchner Maximilianstraße. In der Luxus-Hotellerie heißt das selbstverständlich aber nicht Einkäufer, sondern Director of Purchasing. Jedes Taschentuch, jeder Champagner, alle Köstlichkeiten und auch jedes Streichholz wurden von Yaman und seinem Team in Auftrag gegeben, schreibt das Hotel in einer Abschiedserklärung. Denn der 63-Jährige geht nun in den Ruhestand und muss von nun an alle Einkäufe selbst bezahlen. Einkaufen im Jahr 1991, als der Türke Yaman anfing, war: telefonieren, mit den Lieferanten sprechen, Briefe rausschicken. Online? Täglich mehrfache Lieferungen? Gab es noch nicht. Dafür waren zwei Fahrer rund um die Uhr im Einsatz, um Lebensmittel von den umliegenden Märkten zu besorgen. Selbstverständlich hat Yaman auch so manche nette Geschichte erlebt in seiner Zeit. Am 30. Dezember 1992 hatte er etwa frischen Hummer für das Silvester-Bankett bestellt, der aber nicht einfliegen konnte wegen eines Schneesturms. Trotzdem schaffte es Yaman, 200 Hummer noch rechtzeitig zu organisieren. Oder die Extrawünsche einer nicht näher benannten "britischen Rockband", die eine Liste mit Extrawünschen gehabt hätte, "dick wie ein Buch". Und eine arabische Prinzessin wollte einmal in kürzester Zeit 200 Mokkatassen von der Porzellan-Manufaktur Nymphenburg, dazu zwei Rikschas oder zwei Grill-Stationen in Übergröße, auf denen mehrere Tiere gleichzeitig zubereitet werden konnten. Hat Yaman dann auch hinbekommen.

Bauen

Benjamin David. (Foto: Stephan Rumpf)

Zwei Tonnen Spezialsand. So viel muss schon sein, damit auch "die Profis", wie Benjamin David von den Urbanauten sagt, ihre Burgen und Gebäude bauen können am Kulturstrand auf der Corneliusbrücke an diesem Mittwoch, 9. August. Profis, das sind zum Beispiel Architekten, Architekturstudenten oder Designer, die einen Platz und zwei Stunden Zeit bekommen, um etwas zu bauen. Auch Familien sind eingeladen. Eine Jury mit einem Statiker und der Stadtbaurätin Elisabeth Merk ermittelt am Ende die besten Bauten. "Die Leute entwickeln da wirklich Ehrgeiz", sagt David, vor allem die Väter in der Familienkategorie.

Hören

Wer in New York über die Brooklyn Bridge geht, der wird den Song "Empire State of Mind" wohl länger nicht aus den Kopf bekommen. Gespielt wird er im Dauer-Loop für die Touris, die für viel Geld mit Influencer-Ringlicht ein Video zum Andenken und Angeben in den sozialen Netzwerken machen. In Paris gibt es die gleiche Businessidee, allerdings hört man aus den Lautsprechern in der Nähe des Eiffelturms natürlich nicht Alicia Keys. Da fragt man sich, welches Lied für München ausgesucht würde, wenn dieses Geschäft auch hier ankommt. Einen Soundtrack für die Stadt will Ian Jakab im öffentlichen Raum entwickeln und hat aus einem solarbetriebenen Lastenfahrrad eine portable Anlage gebaut: das DJ-Bike. Eine Pop-Up-Performance gibt er zusammen mit dem Trio av.archv am 12. August. Tatjana Weber (Visuals), Markus Rettinger (Synthesizer) und Michael Poth (Synthesizer) werden Klänge durch die Metallkugeln am Patentamt schicken und damit spielen. "Wichtig ist, dass alles zusammenhängt. Sound, Visuals und Umgebung", sagt Poth.

Sammeln

Gudrun Kadereit. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Filigrane Blätter, Blüten und Gräser, versehen mit einem kurzen lateinischen Text, gepresst und auf Bögen geklebt: Gudrun Kadereit, Direktorin der Botanischen Staatssammlung und des Botanischen Gartens, und ihr Kurator für Blühpflanzen, Andreas Fleischmann, sind entzückt über ihre jüngste "historische und wissenschaftliche Kostbarkeit": die "Andechser Herbarien". Sie kamen im Kloster Andechs ganz zufällig bei Baumaßnahmen im Speicher ans Tageslicht. Aufmerksame Mitglieder des Heimatvereins Erling-Andechs erkannten den Wert dieses Fundes und übergaben ihn der Botanischen Sammlung. Das jüngere Herbarium enthält rund 100 in Zeitungen eingelegte, gepresste Pflanzen, die laut Etikett durch "P. Ambrosius Böck in Andechs im Sommer 1878 gesammelt" wurden. Im Büchlein von 1742 - der Sammler war vermutlich Sylvester de Boricani aus dem italienischen Castelfranco - sind vor allem Pflanzen aus dem Mittelmeerraum festgehalten.

"In Deutschland dürften nur sehr wenige Exemplare solch alter Herbarien existieren", schwärmt Fleischmann: Das älteste davon ist das Ratzenberger Herbarium im Kasseler Ottoneum, das von 1556 bis 1592 angelegt wurde. Im Herbarium Göttingen finden sich drei noch ältere Herbarien. Die Botanische Staatssammlung München, wo die beiden kostbaren bayerischen Pflanzensammlungen nun aufbewahrt sind, gehört zu den Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns. Sie wurde 1813 als "Herbarium Regium Monacense" (Königliches Münchner Herbar) durch König Max I. Joseph und die Bayerische Akademie der Wissenschaften gegründet und umfasst mehr als 3,2 Millionen Herbarbelege.

Forschen

Nadyssa Willanda. (Foto: Andreas Heddergott/TUM)

Singapur will bis 2030 ein Drittel der benötigten Lebensmittel selbst erzeugen. Ein großes Ziel, denn in dem kleinen Insel- und Stadtstaat, in dem 5,7 Millionen auf einer Fläche etwas größer als dem Landkreis München leben, gibt es kaum Ackerland. An der TUM wird daher an Algen geforscht, die diesen Plan realisieren könnten. Die Unterwasserpflanzen gehören neben Soja zu den wichtigsten Ausgangsressourcen für alternative Proteinprodukte. Doch schmecken sollen sie auch. Und zwar nach Huhn. Daran arbeitet Nadyssa Willanda: "Nur wenn man weiß, wie Geschmack auf molekularer Ebene entsteht, kann man ihn auch gezielt beeinflussen", sagt sie.

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