Stadtplanung:Um das Siegestor herum soll es schöner werden

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Freundliche Flaniermeile: Bald haben Passanten dies- und jenseits des Siegestors bis zu 18 Meter breite Bürgersteige zur Verfügung. (Foto: Skizze: Kübert Landschaftsarchitektur)
  • Der Stadtrat hat den Projektauftrag für eine Umgestaltung des Bereichs um das Siegestor erteilt.
  • Für knapp 5,8 Millionen Euro soll ein Boulevard mit Pappel-Allee, Sitzbänken und Rosenbeeten entstehen.

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt/Schwabing

Jahrzehntelang mochten sich zwar manche wundern, dass ein Münchner Wahrzeichen auf einer öden Beton-Insel steht. Die städtebauliche Wüste rund um das Siegestor wurde aber offenbar allseits als schicksalhaft hingenommen, wobei es Radler zu erdulden hatten, dass es beidseits des Denkmals gefährlich eng zugeht, es mithin lebensgefährlich ist, über die Ludwigstraße zum Platz vor dem Triumphbogen zu gelangen.

Vor fast vier Jahren startete das Baureferat eine Platz-Offensive zur Umgestaltung von fünf öden Orten in der Stadt - und nahm dabei auch die Tristesse um das Denkmal ins Visier. Die Behörde legte ein Konzept vor, diese Nahtstelle zwischen Ludwig- und Leopoldstraße ästhetisch zu gestalten. Jetzt ist es so weit: Der Stadtrat hat den Projektauftrag erteilt und knapp 5,8 Millionen Euro bereitgestellt. Die Bauarbeiter sollen am 8. April loslegen - und sie werden dem Stadtbild an dieser Stelle ein neues Gepräge einpflanzen: eine haushohe Pappel-Allee bis zu den Kopfbauten an der Universität als Fortführung des baumbestandenen Boulevards an der Leopoldstraße.

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Das Siegestor entstand zwischen 1843 und 1850 nach Plänen des Architekten Friedrich von Gärtner. Das 24 Meter lange, zwölf Meter breite und 21 Meter hohe Denkmal nach dem Vorbild des römischen Konstantinbogens mit der 22 Tonnen schweren Quadriga obendrauf wurde nach dem Krieg bewusst reduziert restauriert - und vom Militär-Monument zum Friedensmahnmal, wie die Inschrift "Dem Sieg geweiht - vom Krieg zerstört - zum Frieden mahnend" auf der Südseite verdeutlicht.

Es ist ein ambivalentes Relikt, prächtig anzusehen, aber mit zwiespältiger historischer Bedeutung, zumal die Nazis das Tor gerne für ihre kultischen Aufmärsche in Szene setzten. Womöglich war dies der Grund, weshalb das Umfeld dieses für Münchens Außenwirkung emblematischen Bauwerks zum äußerst unwirtlichen Stadtraum wurde. Das Denkmal ragt wie ein Ertrinkender aus einem Asphaltsee heraus, der sich nord- und südseits über gut 100 Meter erstreckt, umtost vom Verkehr.

Nun soll dieser wüste Bereich lebensfreundlicher und als Verlängerung der Leopoldstraßen-Chaussee modelliert werden. Die entscheidenden Eingriffe spielen sich auf den Quadranten jenseits der Ecken des Siegestors ab: Auf der Westseite zwischen Adalbert- und Akademiestraße und auf der Ostseite zwischen Einmündung zum Professor-Huber-Platz und Schackstraße fallen die zweireihigen Parkplatzbereiche weg; nördlich des Tores werden die Abbiegespuren den Trottoirs zugeschlagen, die Fahrspuren um das Denkmal überdies enger geführt. Insgesamt entstehen dadurch bis zu 18 Meter breite Fußgängerbereiche. Die Behörde kündigt zudem an, dass Radfahrer künftig auf drei Meter breiten Radwegen das Siegestor passieren können.

Unwirtliche Stelle: Noch gibt es die doppelreihigen Parkplätze. Für abgestellte Autos wird nach dem Umbau dort jedoch kein Platz mehr sein. (Foto: Stephan Rumpf)

Damit nicht genug, denn das Monument soll aus der städtebaulichen Versenkung herausgeholt werden und wieder auftrumpfen dürfen. Der Clou dabei: Gemäß historischen Planskizzen Gärtners wird das Baureferat mit 32 neuen Pappeln eine Verlängerung des Allee-Boulevards von der Leopold- in die Ludwigstraße bis knapp vor die Schalenbrunnen vor der Universität schaffen. Die Stadtgestaltungskommission hatte dies zunächst kritisch gesehen, da dadurch die rein steinerne Anmutung der Ludwigstraße mit ihrem durchgängig wandhaften Charakter verändert wird.

Als Kompromiss wird der Abstand zwischen den Bäumen nun so gewählt, "dass die dahinter liegenden Fassaden weiterhin sichtbar bleiben", wie es im Beschlusspapier formuliert ist. Die Stadtpolitik dürfte dabei die Argumentation von Winfried Nerdinger überzeugt haben, Gründungsdirektor des NS-Dokumentationszentrums. Er hatte sich klar für die Pappel-Idee ausgesprochen und dabei auf den erhaltenen Nazi-Bau auf der Ostseite, das ehemalige "Haus des Deutschen Rechts", verwiesen. Mit den hohen Bäumen könne man das Mahnmal etwas abschirmen; der Stadtheimatpfleger wertete das Konzept als "deutliche Verbesserung".

Dazu kommen noch einige Feinheiten für den neuen Auftritt des Siegestors, das Stadtarchiv nennt es in einem Kommentar wohlwollend "visuelle Akzentuierung": Die Pappeln werden mit Einfassungen versehen, die je 24 Quadratmeter große Pflanzflächen ergeben und laut Beschluss "vollflächig" mit Rosen bepflanzt werden, einem dem "Ort mit seinem Mahnmal angemessen würdigen Blumenschmuck", wie es heißt.

An fünf Stellen werden sich Passanten unter den Bäumen auf runden Bankmöbeln niederlassen können. "Touristen und Flaneure haben zukünftig die Möglichkeit zu verweilen, mit Blick auf die Baudenkmäler der Ludwigstraße", stellt das Baureferat in Aussicht. Die Bauarbeiten sollen bis 2020 andauern, die Fahrbahnarbeiten heuer abgeschlossen sein.

Für abgestellte Autos ist freilich kein Platz mehr. Zur Kompensation wird die Stadt an der östlichen Seite der Amalienstraße, von der Akademie- bis zur Theresienstraße, Schrägparkplätze anlegen.

© SZ vom 29.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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