Luise-Kiesselbach-Tunnel:Flanieren zwischen Zierkirschen

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Mit der Eröffnung des Ring-Tunnels sind die Arbeiten an Münchens größter Baustelle noch nicht beendet. Jetzt geht es an der Oberfläche weiter - für weitere zwei Jahre.

Von Berthold Neff

Was lange währt, wird endlich gut: Acht Jahre lang haben die Bürger nicht nur den gewohnten Lärm des Mittleren Rings aushalten müssen, sondern auch jenen der Bagger, Bohrhämmer und Radlader, mit denen die Bauarbeiter den Autos einen Weg durch den Untergrund gebahnt haben.

Nun, am Montag, 27. Juli, dürfen sie hoffen, dass der Lärmpegel sinkt, denn der Großteil der Verkehrslawine wird sich dann durch den neuen Ring-Tunnel Südwest wälzen. Etwa 120 000 Fahrzeuge sollen auf einer Strecke von etwa 2,5 Kilometern großteils unterirdisch unterwegs sein, etwa 40 000 Autos dürften weiterhin ihre Wege an der Oberfläche nehmen, auf schmaleren Straßen.

Was die bunten Broschüren versprechen

Die Bauarbeiter werden sich aus dem Südwesten rund um den Luise-Kiesselbach-Platz allerdings noch nicht ganz verabschieden, denn sie nehmen nun das nächste Projekt in Angriff - die Gestaltung der verkehrsberuhigten Oberfläche. Es wird noch weitere zwei Jahre dauern, bis die Oberfläche tatsächlich so aussieht, wie es die bunten Broschüren des Baureferats versprechen.

Es gibt viel zu tun. Die Garmischer Straße zum Beispiel, über die künftig nur noch ein Drittel des derzeitigen Verkehrs rollen wird, bekommt in ihrer Mitte eine zehn Meter breite Promenade verpasst, eingefasst von rosafarbenen Zierkirschen. Rechts und links davon wird es jeweils nur noch eine Fahrspur geben. Noch hat der Bezirksausschuss Sendling-Westpark nicht entschieden, ob er für diese Trasse Tempo 30 fordern soll, man will erst in ein paar Monaten darüber beraten, wenn klar ist, wie viel Verkehr an der Oberfläche verblieben ist.

Bisher ist geplant, dass die Autos hier mit 50 Stundenkilometern unterwegs sein sollen. Auf einem Teil dieses Abschnitts werden die Menschen über den Autos stehen und gehen, denn dort, wo der Südwest-Tunnel über die U-Bahn-Röhre führt, wird das Geländeniveau um einen halben Meter angehoben.

Kritik an den Plänen zur Oberflächengestaltung

Als Tunnel-Projektleiter Johann Wittmann die künftige Gestaltung der Oberfläche Anfang des Jahres im Bezirksausschuss vorstellte, wurden auch Bedenken laut. Hans Dusolt (Grüne) zum Beispiel bemängelte, das Geländer aus Beton und Stahl, das die Promenade zu den Fahrspuren hin abgrenzt, zementiere die trennende Wirkung der Straße. Dabei habe man doch gehofft, die beiden durch den Mittleren Ring voneinander getrennten Teile des Viertels wieder zusammenzuführen. Günter Keller, der BA-Vorsitzende, regte an, das Geländer an mehreren Stellen zu durchbrechen, um die trennende Wirkung zu reduzieren.

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Solche Probleme wird es weiter stadteinwärts nicht geben, denn der Verkehr, der von der Brudermühlbrücke kommend Richtung Garmischer Autobahn will, taucht erst einmal an der Passauerstraße in den Untergrund ab.

Ein Park so groß wie fünf Fußballfelder

Der Heckenstaller-Tunnel ist 620 Meter lang und eröffnet über ihm die Chance auf einen richtigen Park, ganz ohne Autos. Auf einer Fläche von 27 500 Quadratmetern, was in etwa fünf Fußballfeldern entspricht, entsteht auf der Nordseite eine Promenade samt Sitzmauer, die Mitte ist von großzügigen Spiel- und Liegewiesen geprägt. Speziell auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zugeschnittene Spielangebote runden das Freizeitvergnügen im Heckenstallerpark ab.

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Die Autos werden in den Untergrund verbannt - doch Ruhe kehrt für die Anwohner noch nicht ein. Denn jetzt wird die Oberfläche gestaltet.

Der Kinderspielbereich besticht durch einen fünf Meter hohen Kletterturm, außerdem gibt es einen Kletterparcours mit Balancierbalken und Hängebrücke. Der zentrale Spielbereich liegt etwa 1,5 Meter unter dem Niveau der restlichen Parkfläche, was die Blickachse über seine gesamte Ausdehnung sichert, aber auch die Bewohner vor Lärm schützt. Zwischen den Spielflächen für die Jugend und die der Kinder ist ein Unterstand vorgesehen, die Stahlkonstruktion hat eine integrierte Sitzbank und garantiert einen wetterfesten Ort zum Ausruhen, Treffen und Zuschauen.

Die Arbeiten für den Park könnten noch in diesem Jahr beginnen. Entlang des Gottfried-Böhm-Rings wird die nicht mehr benötigte Straße erst Mitte 2016 zurückgebaut, so dass der Ausbau der Park-Südseite erst im Sommer 2016 starten kann. Zum Herbst 2017 soll der Park dann fertig sein.

An dieser Animation können Sie sehen, wie sich der Verkehr an der Garmischer Straße verändern wird (eine Sekunde in der Animation entspricht etwa 31 Sekunden in der Realität): Vor dem Tunnelbau fuhren hier etwa 100 000 Fahrzeuge am Tag entlang.

Prognosen gehen davon aus, dass sich die Zahl nun auf 5000 Fahrzeuge täglich reduziert.

Grafik: Yi Luo; Konzeption: Johannes Barkhau

© SZ vom 20.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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