Sendling:Ein japanisch-bayerisches Studentenwohnheim an der Isar

Lesezeit: 2 min

Auf Diät gesetzt: Der erste Entwurf sah noch mehr Bögen und Erker vor - erst in abgespeckter Form wurde der Bau genehmigt. (Foto: Huber Rössler Architekten)
  • Japanische Baukunst in der bayerischen Landeshauptstadt? Gibt es. An der Thalkirchner Straße eröffnet ein neues Studentenwohnheim.
  • Schon jetzt gibt es viele Bewerber für die 268 Apartments und drei Wohnungen. Das Design im Wohnprojekt "Reserl" ist ausgefallen, die Ausstattung exklusiv.
  • Entsprechend hat das Ganze seinen Preis: Das Wohnen im japanisch-bayerischen Projekt kostet zwischen 700 und 2000 Euro monatlich.

Von Birgit Lotze, Sendling

München hat ja bereits eine aufsehenerregende Studentenwohnanlage: die Bungalow-Ansammlung im Olympiadorf, die inzwischen erneuerten Unterkünfte der Leichtathletinnen im Sommer 1972. Im kommenden Semester soll, architektonisch gesehen, eine weitere Attraktion öffnen: Direkt an den Brudermühltunnel gebaut, ist an der Ecke Thalkirchner Straße und Resi-Huber-Platz in Sendling ein sechsstöckiger Neubau errichtet worden nach den Plänen des Büros "Atelier Bow-Wow". Ein Beispiel für japanische Baukunst in der bayerischen Landeshauptstadt - das mit dem schönen Namen "Reserl" belegt wurde.

Die Anlage hatte einige Anlaufschwierigkeiten. Früher war an dieser Stelle am Mittleren Ring ein Block mit etwa 60 Wohnungen. Am Ende diente er vor allem Tauben als Zuflucht, jahrelang stand er leer. Der erste Bauherr riss ihn zwar ab, das Geld reichte dann aber offensichtlich nicht für den komplizierten Neubau an der Tunnelmauer für den Ring. Das Projekt wurde verkauft. Jetzt liegt der Bau im Zeitplan. Vom 5. Oktober an, dem Semesterbeginn, sollen Studenten zur Miete einziehen.

Illegaler Abriss
:Baufirma zerstört ein Stück vom alten Giesing

Einen ersten Abrissversuch konnten Polizei und Anwohner noch stoppen - dann kehrten die Bauarbeiter zurück. Binnen 20 Minuten haben sie ein denkmalgeschütztes Handwerkerhaus abgerissen.

Von Hubert Grundner

Der Bedarf an Wohnungen für Studierende ist hoch in München, die Stadt hatte deshalb zur Bedingung gemacht, dass an der Ecke Studentenwohnungen gebaut werden. Dementsprechend reges Interesse stellt Tim Pollmann fest, Projektleiter beim Bauunternehmer Strabag. "Die Zugriffszahlen auf unserer Seite sind sehr hoch" - bis zu einige Tausend Klicks am Tag, das sei viel für eine Immobilienseite. Einen Monat nach Vermarktungsstart hätten mehrere Hundert Bewerbungen vorgelegen, erste Mietverträge seien bereits abgeschlossen. Pollmann sagt, dass die sehr gute Lage des 11 000-Quadratmeter-Hauses an der U-Bahn, die Isarnähe und die gute Radverbindung zur Uni für die Bewerber wichtig seien.

"Reserl" heißt das Wohnprojekt. Das Spiel mit der bairischen Kultur ist gewollt. Die japanischen Architekten wollen bei ihrem Streifzug festgestellt haben, dass das Münchner Stadtbild vor allem durch Erker geprägt ist. Das Modell, das sie danach entwickelten, hatte dann im Erdgeschoss eine Menge bogenförmiger Öffnungen, darüber an beinahe jedem zweiten Fenster einen Erker.

Es stieß auf Begeisterung bei der Stadtverwaltung, Traditionsbewahrer konnten allerdings eine bayerische Herkunft nicht unbedingt erkennen: Der damalige Stadtheimatpfleger Gert Goergens bezeichnete das Modell als "Karikatur der Münchner Stadtgeschichte". Die Erker stellten sich für ihn eher als "Spielmotiv" dar, bestenfalls Dekoration, keine Hommage an den Münchner Baustil. Die Stadt genehmigte den Bau dann nur abgespeckt und geglättet.

Doch nun greift der Projektträger die japanisch-münchnerische Verbindung wieder auf: Das Haus werde "in Tracht unterteilt", sagt Pollmann. Jede Etage bekomme gerade ein Accessoire, "vom Haferlschuh bis zum Hut". Auch die Farbwelt jeder Etage orientiere sich an typischen Trachtenfarben - das erleichtere vor allem Studenten aus dem Ausland die Orientierung.

Es gibt so einige Gimmicks, Zugaben, die man bei so einem Projekt nicht erwartet, im neuen Studentenwohnheim. So arbeitet Strabag mit einem Mode-Designer für Trachten aus Bayern zusammen. Er ist für die Details und die Accessoires zuständig, zum Beispiel für die Sitzgelegenheiten in den Kommunikations- und Lernbereichen. Wenn das Marketing richtig anläuft, dann sollen Interessierte über Facebook tagesaktuell den Erstellungsprozess im Design-Studio mitverfolgen.

Auch technisch soll das Haus auf dem neuesten Stand sein: Jedes Apartment hat eine sehr schnelle Internetverbindung, selbst die Waschsalons sind digital ausgerüstet: Die Studenten können schon in ihren Apartments nachschauen, welche Maschine frei ist und werden über ihr Smartphone informiert, wenn die Wäsche fertig ist.

268 Apartments und drei Wohnungen sind in dem neuen Block, rund 40 verschiedene Apartment-Typen vom Standard-Apartment mit 19 Quadratmetern bis zur 63-Quadratmeter-Familienwohnung. Es gibt Einheiten mit Balkonen, Dachgeschoss-Apartments mit Galerie, Apartments für Wohngemeinschaften.

Das schicke Ambiente hat seinen Preis, zumal die Lage auf dem Wohnungsmarkt äußerst angespannt ist. Zwischen 25 und 38 Euro Miete kostet der Quadratmeter Apartment im japanisch-bayerischen Projekt - zwischen 700 und 2000 Euro monatlich. Zum Vergleich: Die begehrten Einzelapartments im Olydorf sind für 14 Euro je Quadratmeter zu haben. Allerdings beträgt die Wartezeit beim Studentenwerk vier Semester. Bis man sich dort erst mal angemeldet hat, ist das Studium oft schon fast vorbei.

© SZ vom 04.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Therese
:Wohnungswerbung auf Münchner Art

Ein Imagefilm über eine Luxusimmobilie soll Käufern die Maxvorstadt schmackhaft machen - und wirkt dabei so überspitzt, dass Satire-Verdacht besteht.

Von Laura Kaufmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: