Schwabing:"Wie blanker Hohn"

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Mehr zahlen, trotz schwerer Zeiten: Bei einer Demonstration wehrten sich die Mietaktivisten gegen die Erhöhungen der Dawonia. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Bürgerinitiative "Ausspekuliert" wirft der Dawonia vor, sogar in Corona-Zeiten die Mieten zu erhöhen

Von Ellen Draxel, Schwabing

Die Dawonia pflegt "ein gutes und faires Verhältnis" zu ihren Mietern. So hat es die Immobiliengesellschaft vor wenigen Tagen in einem Presse-Statement und einem Schreiben an die Bewohner der ehemaligen GBW-Häuser am Ackermannbogen verkündet. Anlass des Credos war eine speziell auf die Dawonia zugeschnittene Kundgebung in dem Neubauquartier vor ein paar Wochen, zu der die Bürgerinitiative "Ausspekuliert" aufgerufen hatte. Die Mietaktivisten werfen der Dawonia vor, selbst jetzt in Zeiten der Corona-Pandemie, in der das Geld bei vielen Menschen ohnehin knapp ist, noch die Mieten zu erhöhen. Die Nachfolgerin der GBW weist das zurück: Man habe "seit Ausbruch der Corona-Krise Anfang April freiwillig beschlossen, keine Mietanpassungen mehr einzuleiten" und verzichte "freiwillig bis auf weiteres" auf Mieterhöhungen. Einzelne Mietanpassungen, die möglicherweise im Mai wirksam wurden, seien "weit vor Corona eingeleitet" worden.

Für Mieter, die solche Mieterhöhungsverlangen vor dem Ausbruch der Krise erhalten haben, klinge das wie "blanker Hohn", sagt Ausspekuliert-Organisator Christian Schwarzenberger. Denn betroffen von den Auswirkungen der Pandemie seien auch sie. Eine Familie, die seit 2008 in einer Wohnanlage der Dawonia an der Adams-Lehmann-Straße lebt und im Februar ein erstes Schreiben sowie im April und Mai Erinnerungsbriefe bekam, weil sie der Mieterhöhung bis dahin nicht zugestimmt hatte, fand nun am 2. Juli eine Klageandrohung im Briefkasten. "Warum", fragt sich die Mutter, eine kaufmännische Angestellte, "hat die Dawonia, wenn sie so sozial ist, diese geplante Mieterhöhung nicht einfach zurückgezogen?" Ihr Mann, erzählt die Mieterin, arbeite in der Reinigungsbranche und sei damit systemrelevant. Zugleich war er, wie viele andere Mieter, von Kurzarbeit bedroht.

Die Dawonia erklärt dazu auf Anfrage, "nahezu alle Mieterinnen und Mieter" hätten den bereits im Februar, also noch vor Corona, versendeten Mieterhöhungen zugestimmt. Die anderen seien "den gesetzlichen Regeln entsprechend" erinnert worden, doch "leider blieben jegliche Rückmeldungen aus". Das Unternehmen betont: "Sollte ein sozialer Härtefall vorliegen, sind wir selbstverständlich bereit, eine Lösung zu finden." Könnten etwa coronabedingt Mietzahlungen nicht geleistet werden, werde man gemeinsam mit den Mietern einen gangbaren Weg beschreiten. "Dazu müssten wir allerdings eine Reaktion beziehungsweise eine Information erhalten." Diese aber liege nicht vor. Daher würden die Mieter bei noch offenen Mietanpassungen "zur Vermeidung einer gerichtlichen Klärung" freiwillig angeschrieben. Man biete ihnen "individuelle Gespräche zur Lösung der Situation" an. Mietanpassungen, so das Unternehmen, hätten den "Zweck, den von der Dawonia bewirtschafteten Wohnraum zu erhalten, lebenswerten und preisgünstigen Wohnraum zu sichern sowie nicht zuletzt Kostensteigerungen abzufangen". Dies sei "letztlich im Sinne aller Mieterinnen und Mieter".

Die Häuser an der Adams-Lehmann-Straße 83-95 mit ihren 104 Mietparteien haben einen besonderen Status. Sie wurden als Wohnungen der Einkommensorientierten Förderung (EOF) 2004 an Menschen vergeben, die Anspruch auf einen Mietzuschuss haben. Als die ersten Bewohner damals einzogen, zahlten sie deshalb neun Euro kalt pro Quadratmeter. Inzwischen aber dürfen die Mieten an der Adams-Lehmann-Straße alle drei Jahre bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöht werden, denn bei dem Vertrag, den die GBW damals mit der Stadt schloss, handelt es sich um einen Altfall des EOF-Programms. Die Familie zahlt deshalb jetzt 11,34 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. Eingeklagt werden sollen nun durch die Dawonia 12,60 Euro.

© SZ vom 20.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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