Restaurant Colette:Austern im Altenheim

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Das Colette bietet eine klassische, französische Brasserie-Küche - der Running-Gag bei der Eröffnung: "Gibt's die Gerichte auch püriert?" (Foto: Stephan Rumpf)

Tim Raue, der berühmteste Koch Berlins, betreibt nun in der Münchner Senioren-Luxusresidenz Tertianum sein erstes französisches Restaurant. Der Running-Gag bei der Eröffnung: "Gibt's die Gerichte auch püriert?"

Von Franz Kotteder

Gibt's denn alle Gerichte auch püriert? Diese Frage ist der Running Gag des Abends, schließlich ist das neue Lokal in einem Altenheim untergebracht. Freilich: Es handelt sich da nicht um irgendein Lokal und auch nicht um irgendein Altenheim, sondern jeweils um gehobene Versionen davon. Die Tertianum-Residenz in der Klenzestraße ist für gutbetuchte Senioren gedacht: Die Zwei-Zimmer-Apartments gehen dort bei monatlich 3760 Euro los. Und das neue Lokal nennt sich Colette und ist das erste von dreien seiner Art, die sich der Berliner Sternekoch Tim Raue ausgedacht hat. Raue ist der große kulinarische Star seiner Heimatstadt, vier Lokale hat er dort bereits, und bekannt ist er vor allem für seinen sehr eigenen, stark asiatisch angereicherten Stil.

Das Konzept der Colette-Restaurants ist anders: Es handelt sich um klassische, französische Brasserie-Küche der gehobenen Art, vom Hummercocktail für 18 Euro bis zum Confit de Canard für 22 Euro. Im Münchner Colette, dem ersten Tim-Raue-Restaurant außerhalb Berlins, wird jetzt ausprobiert, wie das ankommt. Raue hat das Konzept für Felix von Braun ausgetüftelt, den Chef der Tertianum-Luxus-Seniorenhäuser, mit dem er befreundet ist. Weitere Colette-Restaurants werden bald in Konstanz und Berlin folgen, auch dort untergebracht in Tertianum-Häusern. Und warum nun ausgerechnet München als Anfang? Es gefalle ihm hier, sagt Raue, und er ist stolz darauf, "dass wir nun Teil dieser wunderschönen Stadt sein dürfen".

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Kann auch sein, dass die Kaufkraft der Stadt ein weiterer Grund war, denn Colette ist ja nicht nur für die Seniorenheim-Bewohner gedacht, sondern auch für ganz normales Publikum. Das ist bei der Eröffnung zwar noch nicht da, aber die geladenen Gäste von Udo Wachtveitl bis zum Tantris-Sommelier Justin Leone kommen der angepeilten Zielgruppe schon recht nahe.

Tim Raue gibt sich betont salopp, ist ganz der lässige Berliner. Zur kurzen Ansprache hüpft er auf den Messingtresen und hat Glück, dass er nicht gerade der Größte ist, denn vom Scheitel bis zur Decke fehlt keine Handbreite mehr. Nach Jahrzehnten des Schwitzens in der Küche, sagt er, "will ich jetzt mal andere schwitzen lassen". In diesem Fall ist das sein Münchner Küchenchef Dominik Obermeier. Eine Pariser Brasserie passe gerade gut in die Zeit, findet Raue, "denn französische Lebensart braucht es einfach. Man muss fressen und saufen, um zu zeigen, dass wir uns nicht unterkriegen lassen." So lautet denn auch seine abschließende Aufforderung: "Fressen und saufen Sie, bis nichts mehr da ist!"

Das geht dann relativ flott, zumindest die Austern in grüner, süß-saurer Sauce und der gebeizte Lachs mit Grapefruit und Kerbel sind bald aus beim Flying Buffet, und gegen 23 Uhr löst sich die Party langsam auf. Tim Raue ist das recht. Er will ja noch mit seinem Spezl Charles Schumann in dessen Bar gehen. Beim Auftauchen Schumanns ist übrigens für den zweiten Running Gag des Abends gesorgt, denn dann kann jeder erzählen, wann er zuletzt "vom Charles" schwach angeredet worden ist oder gar Hausverbot bekommen hat.

© SZ vom 05.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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