Recycling in München:Welch schöner Müll

Lesezeit: 2 min

Über die Arbeit der AWM-Mitarbeiter ist Kommunalreferent Axel Markwardt voll des Lobes. (Foto: Robert Haas)
  • Der städtische Abfallwirtschaftsbetrieb hat ehrgeizige Pläne für 2015: Die Münchner sollen im neuen Jahr noch mehr recyceln.
  • Mit guten Quoten will der AWM das Jahr 2014 vergessen, das vom Hehlerei-Skandal der Mitarbeiter geprägt war.
  • Um die Kasse zu füllen, verkauft der AWM ausrangierte Müllautos nach Kiew.

Von Andreas Glas

Man muss das erst mal hinkriegen, im gleichen Satz von Abfallentsorgung und von "feinster Qualität" zu sprechen. Axel Markwardt schafft das, wenn er über die Jahresbilanz des Abfallwirtschaftsbetriebs (AWM) redet. Erstaunlich ist das nicht, als Kommunalreferent ist Markwardt ja auch AWM-Chef. Da darf man die Arbeit der vielen Müllmänner und Wertstoffhof-Arbeiter schon mal loben. Bei Markwardt allerdings kommt das Lob eher einer Liebeserklärung gleich. Und er ist überzeugt davon, dass es keine einseitige Zuneigung ist, dass nämlich auch die Bürger das Müllentsorgungssystem ihrer Stadt "richtig lieb gewonnen haben".

Konkret meint Markwardt das Drei-Tonnen-System, das heuer 20 Jahre alt geworden ist. Also den inzwischen zur Gewohnheit gewordenen Standard, dass in den Vorgärten und Innenhöfen drei Tonnen stehen, um den Abfall zu trennen: Papier, Biomüll, Restmüll. Und dann, sagt Markwardt, habe "in diesem Jubiläumsjahr" ja noch der zweite Wertstoffhof plus eröffnet, der erste Hybrid-Mülllaster sei in Betrieb genommen worden und "jede Menge Preise" habe der AWM auch noch gesammelt - zum Beispiel für sein Gesundheitsmanagement und seinen Nachhaltigkeitsbericht. "Ich blicke sehr, sehr zufrieden auf ein insgesamt gutes Jahr zurück", sagt Markwardt.

Mehr Kontrolle nach Hehlerei-Skandal der Mitarbeiter

Wer ihn kennt, der weiß, dass das ein bisschen geflunkert ist. Denn wer so liebevoll über seine Mitarbeiter spricht, der muss furchtbar enttäuscht gewesen sein, als im März aufflog, dass ihn fast zwei Dutzend dieser Mitarbeiter dreist hintergangen haben. Über Jahre hinweg sollen sie heimlich Elektro- und Haushaltsgeräte abgezweigt und illegal weiterverkauft haben. Weil jeder fünfte Wertstoffhofmitarbeiter in den Hehlerei-Skandal verwickelt war, fehlte es bis in den Herbst an Personal, sodass mehrere Höfe vorübergehend schließen mussten. "Sehr bedauerlich" sei das gewesen, sagt Markwardt, aber inzwischen habe der AWM "die Hürden für zukünftige Fälle so hoch wie möglich" gelegt. Die Führungsebene wurde verstärkt, um die Mitarbeiter besser kontrollieren zu können, es gibt jetzt elektronische Schließanlagen und bald sollen an den Zufahrten Videokameras installiert werden.

Reaktion auf Müll-Diebe
:Big Brother im Wertstoffhof

Weil auf Wertstoffhöfen systematisch gestohlen wurde, will die Stadt München mit Videoüberwachung und Testkäufen die Mitarbeiter des Abfallwirtschaftsbetriebs kontrollieren. Die wollen nicht unter Generalverdacht gestellt werden und wehren sich gegen eine "Kultur des Misstrauens".

Von Andreas Glas

In Wahrheit war das Jahr 2014 also ein schwieriges Jahr für den AWM und ihren Chef. Damit 2015 besser wird, hat sich der Betrieb ehrgeizige Ziele gesetzt. Als erste deutsche Millionenstadt soll München die gesetzlich vorgegebene Recyclingquote von 65 Prozent erreichen. Um das zu schaffen, wird es einen einjährigen Test in Neuhausen geben. Dort dürfen die Bürger von März an in den Biomüll werfen, was bis jetzt in den Restmüll gehört: gekochte Gemüse-, Fleisch- und Fischreste. Sollte sich das bewähren, könnte das Prinzip auf die ganze Stadt ausgeweitet werden. Auf diese Weise will der AWM die gesammelte Bioabfall-Menge von etwa 40 000 auf 70 000 Tonnen Gewicht steigern.

München soll noch mehr recyceln

Und noch eine Maßnahme soll von 2015 an dazu beitragen, dass die Recyclingquote weiter steigt und dass die Stadt, wenn weniger Müll verbrannt wird, noch mehr Kohlendioxid einspart als jetzt schon: Im Laufe des Jahres werden an den Wertstoffinseln 500 Sammelbehälter aufgestellt, in denen die Bürger Elektrokleingeräte entsorgen können. Außerdem eröffnet Mitte Januar die Halle 2 wieder - also jenes Gebrauchtwarenkaufhaus, in dem der AWM bis zum Hehlerei-Skandal relativ günstig verkaufte, was auf den Wertstoffhöfen entsorgt worden, aber noch gut erhalten war: Möbel, Computer, Mikrowellen.

Zudem verspricht der AWM-Chef, dass die Müllgebühren 2015 nicht steigen werden. Weil sie zuletzt sogar fünf Jahre in Folge gesunken seien, sagt Markwardt, "haben wir heute niedrigere Gebühren als 1994". Damit trotzdem Geld in die Kasse kommt, ist ein Deal mit Münchens ukrainischer Partnerstadt geplant. Kiew will dem AWM ausrangierte Müllautos abkaufen.

© SZ vom 19.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: