Es gibt einen Moment, den alle Unternehmerinnen und Unternehmer fürchten. Es ist der Moment, wenn ein anderer auf die Bühne tritt und die Idee vorstellt, die man doch selbst gerade groß machen wollte.
Es passierte im vergangenen Jahr bei einer der vielen Veranstaltungen für Gründer in der Stadt, ein Team trat auf die Bühne und sagte: "Wir entwickeln ein Mehrwegsystem für Take Away Boxen." Und im Publikum saß der Student Carlos Gerber und dachte: "Aber das machen wir doch schon." An diesem Abend hätte er aufgeben können. Oder er hätte sich von nun an erbittert um die Idee streiten können, doch er und sein Kollege entschieden sich anders. Sie sind ein Beispiel von vielen jungen Gründern, denen es vor allem darum geht, mit ihrer Idee ein Problem zu lösen - und Strukturen zu verändern. Diese Gründer verhalten sich deshalb in manchen Dingen anders, als es die Lehrbücher der Ökonomie prophezeien würden. Zum Beispiel wenn es um Konkurrenz geht.
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Mit den Aufklebern können Läden künftig darauf aufmerksam machen, dass sie Lebensmittel in mitgebrachte Verpackungen füllen.
Carlos Gerber sitzt in der Cafeteria der Unternehmer-TUM, dem Gründerzentrum der Technischen Universität München. Im Foyer sind die Namen der bekannten Firmen zu lesen, deren Gründer auch dort begonnen haben. Flixbus zum Beispiel oder Tado. Neben ihm sitzt Simon Heine, mit ihm hat Gerber vergangenen Sommer angefangen, an der Idee zu arbeiten. Ungewöhnlich ist, dass auch Kathrin Fleischmann mit dabei sitzt. Sie gehörte zu dem anderen Team, das auf der Bühne damals die Idee vorstellte. "In der normalen Wirtschaft wäre ein großer Konkurrenzkampf daraus geworden", sagt Fleischmann. "Aber wenn man einen Systemwandel erreichen will, ist es besser, wenn mehrere Leute zusammen arbeiten."
Sie arbeiten jetzt zu dritt, sie wollen bald ein Unternehmen gründen, das es irgendwann auch einmal ins Foyer der Unternehmer-TUM schaffen soll. Sie waren einmal mehr Leute, aber dann mussten sich die einen auf ihre Masterarbeit konzentrieren und die anderen nahmen zum Ende des Studiums feste Stellen an. Carlos Gerber, 25, studiert noch Maschinenbau und Simon Heine, 23, studiert Elektrotechnik. Kathrin Fleischmann, 30, hat schon gearbeitet, aber den Job in der Wirtschaftsprüfung wieder gekündigt - weil sie sich wie ihre zwei Kollegen nach mehr Sinn in der Arbeit sehnte. Carlos Gerber sagt: "Ich habe auch viel mit Autos gemacht, aber simple Produkte interessieren mich gerade mehr."
Er und sein Team wollen ein Mehrwegsystem für Plastikboxen einführen, um die vielen Verpackungen an den Imbissständen zu reduzieren, die nach kurzer Zeit schon wieder zu Müll werden. Letztendlich wie mit den Kaffeebechern, für die ein anderes Unternehmen namens Recup mit großem Erfolg schon ein Pfandsystem eingeführt hat. Die neuen Gesetze kommen diesen Ideen entgegen; die Europäische Union hat beschlossen, dass in zwei Jahren die Styroporboxen an den Imbissen verboten sein sollen. Und auch das neue Verpackungsgesetz will Unternehmen belohnen, die auf Nachhaltigkeit setzen. Es ändert sich gerade viel in dem Bereich - und deshalb ist auch Platz für neue Firmen.
Der Plan ist, dass die Kunden die Boxen in den Pfandautomaten im Supermarkt abgeben
Das hoffen zumindest Gerber und seine Kollegen. In den vergangenen Monaten haben sie viel getestet, haben zum Beispiel in zwei Imbissbuden nahe der Universität Boxen ausgegeben und an verschiedenen Orten Eimer aufgestellt, wo man die Boxen wieder abgeben konnte. Die Erkenntnis: Die Leute wollen nicht zum Imbiss zurück. Ihr Plan ist deshalb, dass die Kunden die Boxen in den Pfandautomaten im Supermarkt abgeben können sollen. Von dort würde Rebento die Boxen zu einem nahen Imbiss bringen, damit sie gespült werden können - eine Software soll überwachen, wo sich gerade wie viele Boxen befinden.
Fragt man bei Recup nach, was sie von der Idee halten, sagt der Gründer Florian Pachaly, man halte "mega viel" von dem Vorhaben und habe auch schon miteinander gesprochen. Für Recup seien Boxen der nächste logische Schritt und man plane noch in diesem Jahr aktiv zu werden. Es stehe aber noch nicht fest, wie und mit wem. Carlos Gerber und sein Team wollen jetzt die ersten Tausend Boxen produzieren lassen. Sie wollen sich Rebento nennen - nach der japanischen Bento Box.