Rathaus:Und plötzlich ist das Geld knapp

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Es fließt nicht mehr so locker, das Geld in München.Illustration: Dennis Schmidt/ Foto:Imago (Foto: N/A)
  • Am kommenden Donnerstag will Kämmerer Ernst Wolowicz sein überarbeitetes Konzept dem Stadtrat vorstellen.
  • Das Loch für 2016 zu stopfen ist geglückt.
  • Die schwierigen Debatten, welche Großprojekte sich die Stadt noch leisten kann, stehen aber erst noch bevor.

Von Heiner Effern und Dominik Hutter

Plötzlich ist alles ganz schnell gegangen. Ein paar Gespräche zwischen Oberbürgermeister Dieter Reiter und seinen Referenten, die immer wieder gestellte Frage: "Braucht ihr das tatsächlich?" - und schon war ein Sparpaket von 411 Millionen Euro geschnürt. Genug, um den wegen eines überraschenden Finanzlochs aufgeschobenen Haushalt für 2016 doch noch auf eine einigermaßen solide Basis zu stellen.

Am kommenden Donnerstag will Kämmerer Ernst Wolowicz sein überarbeitetes Konzept dem Stadtrat vorstellen. Gelöst ist die Münchner Finanzkrise damit freilich nicht, das betonen die Haushaltsexperten im Rathaus unisono. Die schwierigen Debatten, welche Großprojekte sich die Stadt noch leisten kann, stehen den Politikern erst noch bevor.

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Denn zunächst ging es nur darum, das Loch für 2016 zu stopfen. Dies ist, da sind sich die Finanzsprecher Michael Kuffer (CSU) und Hans Dieter Kaplan (SPD) einig, geglückt. Durch kleine, eher unspektakuläre Schnitte. "Luft herauslassen" nennt man im Rathaus die Operation, der sich die städtischen Referate unterziehen mussten. Was ist entbehrlich, was kann verschoben werden? Und was wurde nur angemeldet, weil die Verwaltung lange Zeit der Meinung war, es gebe ja ohnehin Geld genug?

Doppelbuchungen machen das Sparen einfach

Sogar Doppelbuchungen soll es in den Referats-Etats gegeben haben - das macht das Sparen einfach. An größere Projekte musste die Stadtspitze bislang noch gar nicht herangehen, an das Förderprogramm Elektromobilität etwa, die Erweiterung des Stadtmuseums oder die Sanierung des Olympiastadions. Solche Fragen gilt es erst in den kommenden Monaten zu klären. Die "große politische Linie", so Kuffer, müsse erst noch ausdiskutiert werden.

Genehmigt der Stadtrat den neuen Entwurf von Kämmerer Ernst Wolowicz, zahlt die Stadt im Jahr 2016 noch 398 Millionen Euro drauf - das ergibt sich nach Informationen der SZ aus dem nun neu zusammengestellten Zahlenwerk. Das aktuelle Minus kann Wolowicz bis auf 64 Millionen Euro noch aus der Barkasse decken. Das funktioniert aber nur, weil der Kämmerer eine politisch brisante Entscheidung schon zu seinen Gunsten verbucht hat.

Die von der CSU forcierte Sondertilgung von Schulden in Höhe von 109 Millionen Euro noch aus dem Jahr 2015 ist in seiner Rechnung ersatzlos gestrichen. Die restliche Lücke will die Kämmerei mit dem Verkauf von Finanzreserven stopfen. Im Haushaltsentwurf ist eine Summe von 276 Millionen Euro genannt. Damit hätte die Stadt nach dem Jahr 2016 nach derzeitigen Berechnungen noch 212 Millionen Euro in der Barkasse.

"Das klingt nicht nach seriöser Politik"

Die Grünen halten die Finanzpläne von CSU und SPD für alles andere als erfolgreiche Sparanstrengungen. Zuerst Etats viel zu hoch ansetzen und sich danach als Sparer feiern zu lassen, "das klingt nicht nach seriöser Politik", sagt Fraktionschef Florian Roth. Eine solch "hektische Notoperation" an einem städtischen Haushalt habe er noch nie erlebt. Und die sei auch noch völlig unnötig gewesen, wenn sich die Stadtspitze untereinander und auch mit der Verwaltung und Töchtern wie den Stadtwerken abgestimmt hätte. Hart würden die Zeiten erst 2017 und in den Jahren danach, denn viele Investitionen etwa in Schulen, Kitas und Wohnungen seien unverzichtbar. "Da wird es zum Schwur kommen."

Auch den Stadträten der CSU ist nicht entgangen, wie problemlos den städtischen Referaten die Millionen zu entlocken sind. Finanzexperte Kuffer will, dass der Stadtrat künftig wieder mehr politischen Einfluss nimmt auf die Etats der Verwaltung. Das Rezept der früheren Sparpakete - die Behörden entscheiden selbst, wie sie die Sparvorgaben erfüllen - habe keine Zukunft.

CSU liebäugelt mit Verkauf der Flughafenanteile

Eine dramatische Notbremse des Kämmerers wie dieses Jahr soll nicht mehr vorkommen. Völlig unerwartet hatte Wolowicz am 13. Oktober seinen fertigen Haushalt zurückgezogen. Er wolle keine "Gespensterdiskussion" mit überholten Zahlen, begründete Wolowicz diesen drastischen Schritt. "Gravierende Verschlechterungen" bei den Einnahmen und höhere Ausgaben als geplant hätten dazu geführt, dass der Haushalt nun komplett überarbeitet werden musste. Wolowicz unterfütterte seine außergewöhnliche Reaktion mit Zahlen. Stand Mitte Oktober hätte die Stadt 809 Millionen Minus gemacht. Zu seinen neuen Plänen wollte sich der Kämmerer nicht äußern.

In der CSU wird derweil immer deutlicher mit einem Verkauf der städtischen Flughafenanteile geliebäugelt. Der Stadthaushalt sei "in einer ernsten Situation", sagte Münchens CSU-Chef Ludwig Spaenle der SZ. Deswegen sei es ein Fehler, wenn die SPD, wie geplant, kommende Woche mit einem Parteitagsbeschluss einen solchen Verkauf definitiv ausschließen wolle - "aus ideologischen Gründen, ohne die Lage überhaupt geprüft zu haben", findet Spaenle. Solche Vorfestlegungen widersprächen den Abmachungen der schwarz-roten Koalition: "Das geht mit uns nicht, wir regieren die Stadt gemeinsam."

© SZ vom 14.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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