Rathaus:Wie Münchens Haushalt in Schieflage kommt

Unerwartet hohe Ausgaben, unerwartet niedrige Einnahmen - es sieht nicht gut aus für Münchens Haushalt. Eine Übersicht über die teuren Projekte des schwarz-roten Rathausbündnisses.

Verlängerung der U5

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(Foto: oh)

Mitte Juli hat der Stadtrat einstimmig den Planern im städtischen Baureferat den Auftrag für die Planung des Weiterbaus der U 5 vom Laimer Platz nach Pasing erteilt. Damals störte sich niemand an den Kosten von geschätzt 547 Millionen Euro für die Verlängerung inklusive dreier neuer Stationen. Alle Parteien hatten das Projekt im Kommunalwahlkampf befürwortet; CSU und SPD vereinbarten nach der Wahl, die Trasse notfalls komplett aus dem städtischen Haushalt zu finanzieren, sollte es keine Zuschüsse vom Bund geben. Daher ist nicht zu erwarten, dass die Parteien nun davon abrücken werden. Ganz im Gegenteil: Derzeit sammelt die CSU Unterschriften für eine Verlängerung der U-Bahn-Trasse von Pasing weiter gen Westen bis nach Freiham, während SPD und Grüne noch unschlüssig sind, ob sie als Alternative dazu die Verlängerung der 19er-Tram präferieren. Fachleute tragen derzeit Fakten zusammen, um beide Möglichkeiten abzuwägen. Eine Entscheidung könnte 2016 fallen.

Mehr Personal für die Behörden

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(Foto: Robert Haas)

Fast 2200 neue Mitarbeiter hat der Stadtrat in den vergangenen eineinhalb Jahren den Münchner Referaten genehmigt. Ein Posten, der nach Auskunft von Personalreferent Thomas Böhle rund 165 Millionen Euro im städtischen Etat ausmacht - jedes Jahr, versteht sich. Büros, Computer und Stifte sind in dieser Summe schon enthalten. Die Faustregel lautet: Jeder städtische Arbeitnehmer kostet 75 000 Euro pro Jahr. Allerdings ist der Millionenbetrag bisher nur theoretisch - die vom Stadtrat bewilligten Stellen sind längst noch nicht alle besetzt. Die meisten neuen Kollegen sind fürs Sozialreferat gedacht, das nicht nur den Allgemeinen Sozialdienst an die steigenden Einwohnerzahlen anpassen muss, sondern auch für die wachsende Zahl an Flüchtlingen zuständig ist. Es folgt das Referat für Bildung und Sport, das zusammen mit dem Baureferat (Nummer drei) die Schulbauoffensive meistern muss. Platz vier belegt das Kreisverwaltungsreferat, die Behörde mit den langen Warteschlangen.

Sanierung des Gasteig

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(Foto: Florian Peljak)

Im November feiert das Gasteig-Kulturzentrum sein 30-jähriges Bestehen, und ein bisschen kann es dann auch feiern, dass der Stadtrat seine Sanierung und Modernisierung schon im Juli beschlossen hat. Denn die wird wohl eines der teuersten Projekte in den nächsten Jahren. Nach heutigem Stand wird sie rund 480 Millionen Euro kosten, doch dabei wird es kaum bleiben. Den größten Batzen macht die Umrüstung der Philharmonie aus, die nun endlich ein Konzertsaal werden soll, der auch höchsten Ansprüchen genügt. Aber auch die anderen Teile des Hauses sind in die Jahre gekommen. Allein für die unumgängliche Grundsanierung und die Anpassung an neue Vorschriften sind derzeit an die 270 Millionen Euro veranschlagt. Knapp zehn Millionen Euro fallen schon in den nächsten vier Jahren an, richtig teuer wird es dann von 2020 an, wenn Sanierung und Umbau beginnen. Zwei bis fünf Jahre wird dann im Gasteig gebaut, während dieser Zeit braucht es außerdem teure Ausweichquartiere.

Sanierung des Olympiaparks

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(Foto: Florian Peljak)

Ein schönes, aber teures Erbe haben die Olympischen Sommerspiele 1972 der Stadt hinterlassen. Die Bauten sind in die Jahre gekommen, vor knapp zehn Jahren hat eine schrittweise Sanierung begonnen. 460 Millionen Euro soll diese nach Schätzungen bis zum Jahr 2034 kosten. Davon wird allein das Zeltdach etwa 80 Millionen Euro verschlingen, dessen Plexiglasplatten alle 25 Jahre ausgetauscht werden müssen. Erst im Januar hat der Stadtrat für das Olympiastadion die teuerste von drei Sanierungsoptionen beschlossen: Für 76 Millionen Euro wird das Stadion hergerichtet. Zwei billigere Varianten waren im Gespräch, die aber das Stadion entweder auf eine Art Museum reduziert hätten oder bei Konzerten zusätzliche Containerbauten erfordert hätten. Die Investitionen in den Olympiapark hat die Stadt auf die Stadtwerke abgewälzt, doch die holen sich ihre Kosten von der Olympiapark-Gesellschaft zurück. Und die wiederum wird von der Stadt bezuschusst - derzeit mit 40 Millionen Euro pro Jahr.

Tunnels am Mittleren Ring

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(Foto: Catherina Hess)

In den kommenden Wochen will der Stadtrat entscheiden, wie es weitergeht mit möglichen Tunnelprojekten am Mittleren Ring. Stadtbaurätin Elisabeth Merk hat dazu eine Art Fahrplan erarbeitet: Zunächst soll die Röhre an der Landshuter Allee errichtet werden, dann die an der Tegernseer Landstraße. Parallel dazu soll die Stadt den Tunnel im Englischen Garten vorantreiben. Was manchen Haushaltspolitiker allerdings unruhig schlafen lässt, sind die Kosten für all diese Projekte: Alleine der Tunnel an der Landshuter Allee wird nach einer ersten Schätzung auf 537 Millionen Euro kommen, der an der Tegernseer Landstraße kann, je nach Variante, wird wohl bis zu 560 Millionen Euro kosten. Für die "Wiedervereinigung" des Englischen Gartens veranschlagt die Stadt weitere 125 Millionen Euro. Und entlang des Leuchtenbergrings und der Chiemgaustraße wie auch des Nordteils der Schleißheimer Straße rufen Anwohnerinitiativen und Stadtteilpolitiker lautstark nach weiteren Straßentunnels.

Wohnungsbau

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(Foto: Lukas Barth)

Die Stadt investiert viel Geld in den Wohnungsbau, um die Preise zumindest ansatzweise unter Kontrolle zu halten. Der Bedarf steigt dennoch ständig - auch wegen des starken Zuzugs. Seit 1989 gibt es ein wohnungspolitisches Programm, das immer wieder überarbeitet und neu aufgelegt wird. Für die Jahre 2012 bis 2016 hat die Stadt 7000 neue Wohnungen pro Jahr als Ziel ausgegeben. Dafür nimmt sie 800 Millionen Euro an Fördermitteln in die Hand. Weil die Preise und auch die Zahl der Wohnungslosen weiter steigen, hat der Stadtrat gerade ein zusätzliches Sonderprogramm auf den Weg gebracht. 250 Millionen Euro gehen an die städtischen Wohnungsbaugesellschaften, die damit bis 2026 mindestens 2500 zusätzliche Sozialwohnungen bauen sollen. Fast noch einmal so viel kosten Grundstücke und zusätzliche Bargeldeinlagen, mit denen die Wohnungsbaugesellschaften unterstützt werden sollen. Die FDP hält das Sonderprogramm für komplett verzichtbar - es bremse nur den privaten Wohnungsbau.

Ausbau von Schulen und Kitas

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(Foto: Catherina Hess)

Über die Summen, die die Stadt in Kindertagesstätten und Schulen investiert, staunen sogar die Schweizer. Vor der Bundestagswahl 2013 hatte Stadtschulrat Rainer Schweppe mal ein Fernsehteam zu Gast. Dem präsentierte er eine neue Kita samt Kletterraum und Bobbycar-Rennstrecke für 4,8 Millionen Euro. So viel Luxus, da waren die Schweizer Journalisten sicher, gebe es bei ihnen nicht, dagegen würde sich Widerstand regen. Damals allerdings stand noch gar nicht fest, wie viel die Stadt tatsächlich in ihre Bildungsbauten investieren wird. Mindestens 4,5 Milliarden Euro bis 2030 werden es wohl sein, die im Aktionsplan Schul- und Kitabau ausgegeben werden sollen, die Kämmerei hat die Summe aber inzwischen korrigiert - auf neun Milliarden Euro. 45 neuen Schulen sollen entstehen. Sie sind nötig, weil München wächst und damit der Bedarf an Kitas und Schulen. Zum anderen aber hat die Stadt nötige Sanierungen lange verschoben, so dass sie jetzt mehr machen muss.

Flughafen-Express unter die Erde

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(Foto: dpa)

Wenn irgendwann mal eine Express-S-Bahn zum Flughafen fahren soll, muss die S 8-Strecke zwischen Daglfing und Johanneskirchen viergleisig ausgebaut werden. CSU und SPD hatten im März 2012 im Stadtrat beschlossen, die Trasse dann komplett in einem Tunnel zu versenken. Das soll nicht nur die Anwohner vor Lärm schützen. Vielmehr würden auch die Bahnübergänge verschwinden, so ließe sich das geplante Neubaugebiet östlich der S 8 besser für den Autoverkehr erschließen. Auch wenn es bislang noch keinerlei konkrete Pläne für das Projekt gibt - Kämmerer Ernst Wolowicz rechnet mit Kosten zwischen 500 bis 700 Millionen Euro. Grüne, FDP und Linke hatten daher 2012 für eine Alternativlösung plädiert: Landschaftsplaner hatten vorgeschlagen, die Trasse nicht unter die Erde zu verbuddeln, sondern sie mit Grünwällen, Landschaftsbrücken und Lärmschutz-Riegelgebäuden abzuschirmen. Dies würde die Stadt nach deren Berechnungen nur 125 bis 200 Millionen Euro kosten.

Rettung der städtischen Krankenhäuser

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(Foto: Robert Haas)

Auch ein Sparprogramm kostet Geld - im Falle des städtischen Klinikums sogar sehr viel Geld: Gut eine Milliarde Euro kostet es, die finanziell angeschlagenen Krankenhäuser zu retten und fit für die Zukunft zu machen. Den Posten muss die Stadt jedoch nicht alleine stemmen. Der Freistaat soll einen erheblichen Beitrag dazu leisten, und auch die Klinik muss - wenn auch in überschaubarer Höhe - für die eigene Rettung mitzahlen. Das Münchner Rathaus hat zugesagt, noch einmal 382 Millionen Euro an das kommunale Tochterunternehmen zu überweisen. Es ist beileibe nicht die erste Finanzspritze: 2005 gab es 30 Millionen, 2012 schoss der Stadtrat noch einmal 200 Millionen Euro nach. Dazu kommt ein Investitionszuschuss von 127 Millionen Euro, ebenfalls aus dem Etat von Kämmerer Ernst Wolowicz. Das Geld aus dem Sanierungsetat ist zu 60 Prozent für die maroden Bauten gedacht. Zudem bekommt Schwabing eine neue Kinderklinik, Bogenhausen wird erweitert.

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