Reimraum:Stänkern für den guten Zweck

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Der Rapper Pöbel MC weiß, wie er Sprache einzusetzen hat. Gewisse Ressentiments will er nicht konservieren. (Foto: Louise Amelie)

Der Berliner Rapper Pöbel MC tritt im Feierwerk auf.

Von Vivian Harris

Man kann Kunst schon Kunst sein lassen. Nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel in sie hineininterpretieren. Im Hip-Hop zum Beispiel könnte man einfach über chauvinistische Lines hinwegsehen. Weil der Reim sonst vielleicht nicht ganz so gut passen würde. Und weil viele Gangsterrapper privat eigentlich voll nett sein sollen. Rapper sind eben einfach Rapper. Sprache aber nicht nur das Gesprochene. Das zeigt sich in unterschiedlichen sozialen und politischen Debatten - vom Gendern, über Alltagssexismus bis hin zur richtigen Bezeichnung für People of Colour.

Ob Rap der richtige Ort für solche Themen ist, könnte man da fragen. Oft genug gibt es ja die Kritik, dass durch sie der Spaß und die Leichtigkeit aus einem guten Track genommen würden. Aber dann gibt es da Pöbel MC. Der rappt: Männer "heulen rum, denn der Zeitgeist nimmt ihnen Hip-Hop weg". Und er dreht damit das Verständnis eines ganzen Genres auf den Kopf. Denn "Hip-Hop heißt doch, dir zu sagen, 'Halt dein dummes Maul, du Keck.'" Der gebürtige Rostocker, der in der Jugend in Punk- und Metall-Coverbands drummte, stichelt ganz unverblümt und wie man es aus der Szene gewohnt ist. Aber für die andere Seite. Er stichelt gegen das, woraus schon lange Rap-Phrasen geworden sind, die keiner mehr hinterfragt.

Das mache er, weil der Gebrauch von Sprache entscheidend sei; durch ihn würden sich Stereotypen verinnerlichen und gewisse Ressentiments konservieren, sagt er. Und das wolle er nicht. Er hält also dagegen, weiß, wie er Sprache einzusetzen hat, um mehr als nur gute Rhymes zu spitten. In seinen Texten deckt der Wahlberliner Vorurteile auf und entkräftet überholte Argumentationen. Dabei deutet er aber nicht mit dem Finger, sondern hält ihn in die Wunde: Zu Trap-Beats kritisiert er zum Beispiel Slutshaming und politische Ungerechtigkeiten und findet für jede seiner vielen Punchlines den richtigen Flow. Die Wortwahl: so präzise wie proletenhaft. Im Herzen sei er eben immer noch Punker. Die linke Einstellung ist ihm als Pöbel MC geblieben, nur das Genre hat sich geändert. Zu sowas wie Battlerap mit Bildungsauftrag.

Pöbel MC, Donnerstag, 31. März, 20 Uhr, Feierwerk, Hansastraße 39

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