Zivilverfahren in München:Fünf Klicks bis zum Reise-Storno - ein Versehen?

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Nach Faro an der südlichen Algarve wollte der Kunde mit seiner Frau reisen - doch dann stornierte er die Fahrt. (Foto: Imago)

"Unbeabsichtigt" will der Bucher einer Portugal-Reise von dieser zurückgetreten sein - und hohe Stornokosten deshalb nicht hinnehmen. Das Münchner Amtsgericht überzeugt seine Darstellung nicht.

Von Andreas Salch

Die Reise hätte nach Faro, Portugal, gehen sollen. Neun Tage lang wollte der Kunde mit seiner Ehefrau zum Preis von 4548,26 Euro dorthin fahren. Er hatte die Reise im Juni vergangenen Jahres bei einem Reisebüro gebucht. Noch am selben Tag stornierte er sie jedoch. Das Unternehmen buchte daraufhin von seinem Konto eine Stornierungsgebühr in Höhe von 3859,21 Euro ab. Das wollte der Mann nicht hinnehmen und meldete im Rahmen eines zivilgerichtlichen Verfahrens vor dem Amtsgericht München Ansprüche auf Rückerstattung aus seinem Reisevertrag an.

In der Verhandlung vor dem Amtsgericht behauptete der Ehemann, er habe erst, nachdem er die Reise gebucht habe, erfahren, dass neben dem Hotel in Faro eine Baustelle liege. Im Internet habe er sich über eine Umbuchung informieren wollen, habe dabei aber "unbeabsichtigt" und wegen der "Unübersichtlichkeit der Homepage" des Reisebüros die Reise storniert.

Der Vertreter des beklagten Unternehmens verwies indes darauf, dass der Kläger gar keine genauen Angaben über jene Baustelle gemacht habe. Und im Übrigen sei dessen Buchung wirksam storniert worden. Für eine "endgültige Stornierung" seien mehrere einzelne Schritte notwendig. Eine "unbeabsichtigte Kündigung" sei im System schlichtweg "unmöglich". Durch den Rücktritt des Klägers, so das beklagte Reisebüro, sei ihm ein Schaden entstanden. Das Amtsgericht schloss sich diesem Vortrag an und wies die Klage des Mannes zurück.

In seinem Urteil weist das Gericht darauf hin, dass beide Parteien "unstreitig" einen Reisevertrag geschlossen hatten, der vom Kläger später storniert wurde. Dass er die von ihm gebuchte Reise versehentlich storniert habe, schloss das Gericht aus. Natürlich könne es passieren, dass man etwas versehentlich anklickt. Allerdings erscheine es "lebensfremd", dass bei der Buchungsstornierung, wie im vorliegenden Fall, "mit insgesamt fünf verschiedenen Schritten jedes Mal ein 'Verklicken', und damit ein Irrtum in der Erklärungshandlung vorgelegen haben soll", heißt es in der Urteilsbegründung.

Dass das Anklicken bei der Buchungsstornierung "versehentlich" geschehen sein soll und nicht dem Willen des Klägers entsprach, sei "nicht nachvollziehbar". Nach Überzeugung des Gerichts sei dem Kläger bewusst gewesen, dass er eine endgültige Stornierung vorgenommen habe und nicht bloß eine Umbuchung, wie behauptet. Durch den Rücktritt vom Reisevertrag sei das Unternehmen berechtigt gewesen, eine Entschädigung in Höhe von 3859,21 Euro zu verlangen. Ein Anspruch auf Rückerstattung bestehe deshalb nicht. Auch die "pauschale Behauptung" des Klägers, neben dem Hotel sei eine Baustelle, führe nicht zu einer vertraglichen Pflicht des Reiseunternehmens, alternative Lösungen zu finden. Das Urteil des Amtsgerichts ist noch nicht rechtskräftig (Az. 275 C 20050/23).

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