Projekt der Stadtwerke:Was hinter den orangefarbenen Kabeln steckt

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Ob das etwas mit der Digitalisierungsoffensive der Staatsregierung zu tun hat? (Foto: Natalie Neomi Isser)

Kilometerlang ziehen sich seltsame Kabel quer durch die Stadt, und manch einer fragt sich: Wird Giesing bald in die Luft gesprengt? Keine Angst.

Von Sebastian Krass

Am Anfang denkt man noch: Wieder mal eines dieser Kabel, die am Wegesrand auftauchen und ein paar Meter weiter wieder in einem Kasten oder im Boden verschwinden. Doch diese orangefarbenen Kabel verschwinden nicht so schnell, im Gegenteil. Sie liegen kilometerlang am Rand des Bürgersteigs, an der Franziskanerstraße, den Gebsattelberg hinunter, zum Paulaner-Gelände an der Welfenstraße, die Tegernseer Landstraße hinab. Alle paar Hundert Meter findet sich zudem ein Knäuel von Leitungen auf einem Sandsack.

Bereitet da etwa jemand eine Sprengung vor?

An Kreuzungen werden die Kabel in der Höhe über die Straße geführt, etwa mithilfe von Baumstämmen, an denen sie mit Klebeband befestigt wurden. Ob das etwas mit der Digitalisierungsoffensive der Staatsregierung zu tun hat? Eher nicht, da geht es ja um den ländlichen Raum, und in Giesing läuft das Internet oft schon ganz gut. Anwohner dort sollen schon auf einen ganz anderen Gedanken gekommen sein: Da bereitet doch jemand die Sprengung ihres Stadtteils vor.

Zeit also für einen Anruf bei den Stadtwerken. Dass die Kabel jetzt auch schon in der Au und in Giesing liegen, weiß man dort noch gar nicht. Die beauftragte Firma arbeitet offenbar recht fix. Aber welchen Zweck die orangefarbenen Kabel haben, das weiß ein Sprecher des Unternehmens: Sie sind nötig für seismische Messungen, um herauszufinden, wo eine weitere Geothermieanlage sinnvoll wäre. Denn, so die Vision, bis 2040 soll München die erste Großstadt sein, in der Fernwärme komplett aus regenerativen Quellen gewonnen wird. Seit einigen Wochen laufen die Messungen, sie sollen bis März 2016 dauern.

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Kabel als Vorboten: Dann kommen die schweren Fahrzeuge

250 Kilometer Kabel seien bereits verlegt, erläutert der Stadtwerke-Sprecher, bisher hauptsächlich in südlichen und östlichen Teilen der Stadt, teils auch im Landkreis München. Doch von dort geht es weiter in Richtung Westen. Seit dieser Woche wird eine neue Messlinie zwischen Perlacher Forst und Sendlinger Tor eingerichtet. Die Kabel sind nur die Vorboten der eigentlichen Messungen: Wenn es soweit ist, rücken große, schwere Fahrzeuge an, die sich im Schneckentempo durch die Straßen bewegen und Schwingungen auslösen.

Diese werden mit Geofonen - so heißen die Kabelknäuel offiziell - aufgezeichnet und über die Kabel an Messfahrzeuge geleitet. So gewinnen die Experten ein dreidimensionales Bild des Münchner Untergrunds und damit auch Informationen darüber, wo genau Thermalwasser kilometertief unter der Oberfläche liegt.

Bohren für eine warme Innenstadt

Einen Standort für eine neue Geothermieanlage haben die Stadtwerke schon ausgemacht: auf dem Gelände des Heizkraftwerks Süd an der Schäftlarnstraße soll von 2018 an nach dem heißen Wasser gebohrt werden, das dann unter anderem die Innenstadt heizen soll. In Riem, Freiham und Sauerlach gibt es schon Geothermieanlagen.

Eines ist den Stadtwerken wichtig zu betonen: In den orangefarbenen Hüllen stecken Datenkabel, es fließt kein Strom. Keine Gefahr also für die Giesinger.

© SZ vom 16.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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