Profiträume:Förderung von Talenten: Trampolin und Bogenschießen statt Handball

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Benedikt Kellner ist inzwischen beim HC Erlangen unter Vertrag. (Foto: imago)

Junge Handball-Talente aus München haben in der Region keine Perspektiven - deshalb wechseln die besten zu anderen Vereinen.

Von Ralf Tögel, München

In München gibt es keinen Bundesliga-Handball? So ganz stimmt das nicht, denn aktuell spielt die Handballakademie Bayern in der höchsten deutschen Spielklasse - die A-Junioren wohlgemerkt. Die Akademie ist ein vereinsunabhängiges Jugendförderungsprojekt, eine private Initiative ehemaliger und aktiver Handballer für die Region Südbayern. In Zusammenarbeit mit den Klubs sollen talentierte Jugendliche individuell gefördert und an den Leistungssport herangeführt werden. Auch in der Vergangenheit gab es immer wieder weibliche und männliche Jugendmannschaften, die in den höchsten Klassen spielten: die A-Jugend-Teams aus Würm-Mitte, Allach oder Ismaning beispielsweise. Aus der Ismaninger Talentschmiede stammt unter anderem Isabell Klein, die es bis zur Spielführerin der Nationalmannschaft brachte.

Oder Benedikt Kellner, der seit dieser Saison beim mittelfränkischen Erstligisten HC Erlangen unter Vertrag steht. Ausgebildet in seinem Heimatverein durchlief der Spielmacher die Nachwuchsteams des Deutschen Handballbundes und wechselte vor drei Jahren mangels sportlicher Perspektiven im südbayerischen Raum zum Erstligisten HSC Coburg, zunächst zu den Bundesliga-Junioren, nachdem er in München sein Abitur gemacht hatte. Er hatte auch Angebote aus Handball-Internaten wie dem des Meisters Rhein-Neckar Löwen, doch der gebürtige Münchner entschied sich für einen Perspektivvertrag in Coburg, mit Möglichkeit, mit den Profis zu trainieren. Zur aktuellen Spielzeit verließ der mittlerweile 20-Jährige den Zweitligisten und unterschrieb beim fränkischen Rivalen HC Erlangen einen Profivertrag. Der Erstligist hatte zudem ein Stipendium für ein Medizinstudium in seinem Portfolio, exakt also jene Bedingungen für eine hoffnungsvolle Karriere im Leistungssport, die im Münchner Raum kein Klub zu bieten hat - klarer Standortvorteil Erlangen.

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Ein anderes Beispiel ist Max Haider. Er entstammt der Allacher Jugendarbeit und steht für den klassischen Weg eine Münchner Handballtalents. Haider schloss sich auf dem Weg zum Berufshandballer zunächst einem Nachwuchsinternat an: dem der SG Kronau/Östringen, dem Juniorenteam der Rhein-Neckar Löwen, wo er mit dem Ismaninger Maximilian Rolka sogar in eine Wohngemeinschaft zog. Man kannte sich ja aus Münchner Jugendzeiten, wo man sich in schöner Regelmäßigkeit in der höchsten Spielklasse des Freistaates begegnet war. Rolka ist inzwischen beim Drittligisten Leutershausen mit Zweitspielrecht beim Erstligisten Stuttgart, Haider bekam einige Einsätze im Mannheimer Meisterteam und ist mittlerweile beim Erstligisten Ludwigshafen unter Vertrag. Nebenbei studiert der Münchner Internationales Sales Management und achtet somit auf ein zweites Standbein.

Zwei seiner ehemaligen Allacher Teamkollegen haben ebenfalls den Weg zum Profi erfolgreich absolviert. Nico Schnabl hat sich an den österreichischen Erstligisten Bregenz bist 2021 gebunden. Schnabl war in das Talentprogramm des Vorarlberger Klubs gewechselt, machte dort sein Abitur und ist mittlerweile fester Bestandteil des Profiteams. Allrounder Michael Hemmer folgte dem Ruf der Talentschmiede der Füchse Berlin, wechselte danach in die zweite norwegische Liga zum Sandnes HK und ist mittlerweile im Perspektivteam des Zweitliga-Tabellenführers Balingen-Weilstetten am Ball.

All diese Beispiele belegen die These, dass es für Talente, die das Zeug zum Profi haben, keine Perspektive in Südbayern gibt. Eine Lücke, die die Handballakademie Bayern füllen will. Ein weiterer Ansatz wären Eliteschulen des Sports, die neben der schulischen auch die sportliche Ausbildung fördern. Das Gymnasium München-Nord bietet elf Klassen an, unter anderem Trampolin und Bogenschießen. Handball ist nicht dabei.

© SZ vom 09.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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