Es ist womöglich die erste Schule überhaupt, die so ein Angebot macht: An einem Gymnasium in Planegg bei München können sich Schülerinnen und Schüler ab 16 Jahren am kommenden Freitag gegen das Coronavirus impfen lassen. "Ich freue mich wirklich sehr darüber, Ihnen dieses Angebot weiterleiten zu können, ist es doch ein weiterer Schritt Richtung Normalität", schreibt der Schulleiter in einem Brief an die Eltern. Diese müssten selbstverständlich einwilligen, die Impfung sei freiwillig und kostenlos. Von 9.30 bis 15 Uhr sei ein Ärzteteam vor Ort, geimpft werde das Vakzin von Biontech; es ist als bisher einziger Impfstoff ab 16 Jahren zugelassen.
Was Schulleiter Matthias Spohrer da so erfreut ankündigt, ist durchaus bemerkenswert. Erst im Laufe der Woche soll im Freistaat die Priorisierung für alle Impfstoffe außerhalb der Impfzentren aufgehoben werden, Ärztinnen und Ärzte dürfen ihre Patienten dann unabhängig von deren Einordnung drannehmen. Das Ärzteteam, das die Impfung an der Schule übernimmt, habe in der eigenen Praxis schon alle gefährdeten Patienten versorgt, versichert Spohrer in einer E-Mail an die Eltern. "Mir war es wichtig, dass weder Lehrkräfte noch Schülerinnen und Schüler jemandem eine Impfung wegnehmen, der aus gesundheitlichen Gründen wirklich eine benötigt, bin aber gleichzeitig der Ansicht, dass gerade Jugendliche dringend wieder mehr Freiheiten brauchen."
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So gut, wie es in dieser Praxis zu laufen scheint, ist die Lage allerdings nicht überall. Derzeit mangelt es noch immer an ausreichend Impfstoff, und eigentlich ist im Moment die recht große Priorisierungsgruppe drei an der Reihe. Dazu gehören seit Anfang Mai auch Lehrer an weiterführenden Schulen, diese wurden vom Kultusministerium sozusagen nachnominiert; bis dahin wurde nur das Lehrpersonal an Grund- und Förderschulen priorisiert geimpft. Lehrerverbände hatten den schleppenden Impffortschritt schon lange scharf kritisiert: Die Beamten sollen unterrichten, ohne Immunisierung gegen das Virus?
Nach Pfingsten soll es nicht nur an Grundschulen bis zu einer Inzidenz von 165 Präsenzunterricht geben, sondern auch wieder an anderen Schultypen. Klingt gut für die Schüler. Doch viele Lehrer warten noch auf ihre Impfung, die Impfzentren sind gerade vorwiegend damit beschäftigt, Zweitimpfungen abzuarbeiten, Hausärzte müssen teils auf Lieferungen warten und über die Frage, wie ansteckend Kinder und Jugendliche sind, ergo wie groß die Gefahr für Lehrer ist, wird nach wie vor gestritten.
Nach den schriftlichen Abiturprüfungen: Der Termin wurde bewusst so gewählt
Das Feodor-Lynen-Gymnasium in Planegg hilft sich in der Corona-Krise einfach selbst. Das Praxisteam, das kommenden Freitag die Jugendlichen impfen soll, habe "vor gut zwei Wochen bereits die Lehrkräfte und das weitere Personal am FLG geimpft", schreibt der Schulleiter an die Eltern. Auf der Homepage verkündete die Schule zudem schon am 7. Mai, dass es bald Luftreiniger in allen Klassenzimmern geben werde, finanziert durch Spenden - die Eltern haben davon etwa 40 000 Euro gegeben, auch die Gemeinden haben sich beteiligt. Auch das Land Bayern bezuschusst laut Elternvertretern die Anschaffung.
Ob es an anderen Schulen auch schon solche Angebote gibt? Zumindest Daniel Schmidt, Vorsitzender der Elternbeiräte an den Münchner Gymnasien, ist davon nichts bekannt. Schmidt ist selbst Arzt, und als man ihn an diesem Sonntag erreicht, gerade im Münchner Impfzentrum im Einsatz. Immerhin: Dort seien an diesem Wochenende viele Lehrerinnen und Lehrer an der Reihe, sagt er. Auch an der Schule seiner Kinder, dem städtischen Willi-Graf-Gymnasium seien die Lehrkräfte schon geimpft worden - allerdings auch dort auf Eigeninitiative. Oft seien es die Ärzte in der Elternschaft, so wie er es eben ist, die solche Impfungen organisieren. Am Planegger Feodor-Lynen-Gymnasium war am Wochenende niemand für eine Nachfrage zu erreichen.
Für impfwillige Eltern dürfte die Nachricht des Schulleiters erfreulich sein. Der Elternbeirat sei zwar nicht eingebunden gewesen, heißt es, begrüße das Angebot aber. In einem Nachtrag schreibt der Schulleiter, er habe den Termin am kommenden Freitag absichtlich gewählt, weil so auch Abiturienten nach ihren schriftlichen Prüfungen die Möglichkeit zur Impfung hätten. Und weil die Praxis offenbar genug Biontech-Dosen besorgen konnte, dürfen sich Eltern gleich mitimpfen lassen. Den Termin für die Zweitimpfung hat die Schule schon organisiert.
Anm. d. Red.: In einer früheren Version dieses Artikels lautete die Überschrift, die Schule bitte ihre Schülerinnen und Schüler zum Impftermin. Die Schule weist darauf hin, dass das Angebot für alle Schülerinnen und Schüler selbstverständlich freiwillig ist.