Parov Stelar im Zenith:Tanzen bis zur musikalischen Überdosis

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Dass die Party im Zenith funktioniert, stellte Parov Stelar mit seiner Band auch schon 2013 fest. (Foto: Ralf Dombrowski)

Parov Stelar, der Meister des Elektroswings, gibt in München den schweigsamen Puppenspieler. Seine Band heizt ein, die Massen sind willig und tanzen.

Von Laura Kaufmann

Parov Stelar steht über allen. Seine Bühne auf der Bühne ist ein Podest, er ist der Höchste im Raum. Sein Gesicht ist verborgen hinter dichtem Qualm. Er raucht E-Zigarette, headbangend. Mit "The Sun" legt er los, einer der großen Hits. Mittenrein, die Leute tanzen.

Die Leute, die hier tanzen, sind von überall her ins ausverkaufte Zenith gekommen. Österreicher, wie Parov Stelar selbst, der bürgerlich Marcus Füreder heißt. Spanier sind hier, und Kids, die in ihre Osterferien feiern. Muskelshirt tragende Typen aus dem Umland, Hipster in Holzfällerhemden. Nerdbrillenträger mit Gelfrisur. Ein Rocker mit seinem Sohn, auf dem Shirt des Vaters räkelt sich eine nackte Frau, eine Gothic-Braut im schwarzen Rauschekleid.

Parov Stelar, der seit Anfang der Nullerjahre immer größer wird, mit Stars wie Lady Gaga, Robbie Williams oder Lana Del Rey arbeitet und mittlerweile auf der ganzen Welt Hallen füllt, eint sie alle. Dieser ganz eigene Sound, den er kreiert hat, melodisch und tanzbar, gefällig und einzigartig, nostalgisch und den Zeitgeist treffend. Seine Musik schallt aus kleinen Lautsprecherboxen in thailändischen Hostels, sie schallt aus Autos, die die portugiesische Küste runterbrettern. Seine Songs sind die, bei denen die Leute in Clubs die Hände hochreißen und sich angrinsen, sobald die ersten Takte Elektroswing durch den Raum hallen.

Swing macht die Show, die Sängerin dirigiert die Tanzenden

Elektro, das ist Stelar, ganz oben. Zwei Computer vor sich. Swing bringt die Band ihm zu Füßen auf die Bühne. Saxophon, Trompete, Gitarre, Bass, auch der Schlagzeuger hat ein Podest, ein kleines. Der Swing ist für die Show verantwortlich. Cleo Panther, die Sängerin, fragt: "Munich, how are you doing on this wonderful day?" Gut geht es allen, sie tanzen. Cleo Panther gibt den Ton an, in Glitzerrock, Carmenbluse und Creolen, wie aus den 90ern gefallen. "How are you feeling, Munich!" Sie dirigiert die Hände nach oben, flatternd, klatschend, tanzt lasziv mal den Saxophonisten, mal den Bassisten an. Die Band trägt Anzughosen und Hemden, Schiebermützen, Hosenträger oder Blazer. Parov Stelar wirkt, als wär er nicht teil der Inszenierung; sein Haar ist zum Hipsterdutt zusammengebunden, er trägt ein schwarzes Shirt.

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Toll muss es sein, in der Parov Stelar Band zu spielen. Wann ist diese so in den Vordergrund gerückt, während der Lead still auf einem Podest vor seinen Bildschirmen ausflippt und sich ab und an mit einem Handtuch über das Gesicht wischt? Jeder hat seinen Moment, sein Solo, seinen Szene-Applaus.

Tanzen bis zur Überdosis Elektroswing

Parov Stelar ist der Marionettenspieler, zeigt Einsätze an, geht mit. Über allem. Er zieht an den Fäden, lässt die Band für sich tanzen, die das zuckende Publikum antreibt. Cleo Panther wirkt wie eine Animateurin im Ferienresort, "Are you having a good time? We have some new Songs for you, Munich!" Song um Song tanzt das Publikum, auf Hit folgt neuer Song, bis sich alles gleich anhört, neu und alt, und hatten wir den Song nicht schon? Die Musik verschwimmt.

Lange spielen sie nicht, schnell kommt die erste Zugabe, dann die zweite. "What do we have, Meister?", fragt die Sängerin nach oben, aber der Meister oben spricht nicht. Es reicht langsam, es droht die Überdosis Elektroswing. Der Marionettenspieler spielt, die Puppen tanzen, Konfetti im Haar. Er wird kein Wort sagen an diesem Abend, sich später mit der Band verbeugen und lächeln. Das ist in Ordnung so. Niemand verliebt sich heute in einen neuen Song oder in eine zart gesungene Line oder in Hände, die ein Mikro umfassen. Die Augen leuchten nicht auf dem Heimweg. Aber die Show war gut, die Party auch. Und falls später im Club Parov Stelar gespielt wird, gehen die Hände sofort wieder nach oben.

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