Kultur am Riemer Kontrollturm:Power am Tower

Freiluftparty mit jungen Künstlern: Am Wochenende findet das erste "Electric Park"-Festival, mit Theater, Lesungen, Konzerten und DJ-Sets.

Jochen Temsch

Es gibt viele Menschen, die nachts gerne vor die Tür gehen und dabei in Städten wie Hamburg oder Berlin Dinge sehen, die sie in München vermissen.

Kultur am Riemer Kontrollturm: "Frogg": Sängerin Louise Mills und Mo Delgado von Seeed.

"Frogg": Sängerin Louise Mills und Mo Delgado von Seeed.

(Foto: Foto: OH)

Es gibt sogar Menschen, die daraufhin nicht nur jammern, sondern etwas unternehmen, und deshalb findet von heute an das erste "Electric Park"-Festival am alten Flughafen-Tower in Riem statt: ein drei Tage lang dauerndes Kulturfest unter freiem Himmel, mit Lesungen, Theater, Konzerten und DJ-Sets.

Hinter diesem Großprojekt steckt ein Gastronom mit Fachkenntnissen: Martin Berlet, der Betreiber der Delikatessbar im Westend, der zuvor als Journalist, beim Radio und in der IT-Branche Kontakte knüpfte und Musikveranstaltungen organisierte. Zu seinen größten Coups zählt zum Beispiel eine mehrtägige Party mit dem DJ Ricardo Villalobos in Berlin.

In der Hauptstadt hat Berlet auch die relativ spontane Partybereitschaft der Behörden schätzen gelernt, die aus Genehmigungen für Open-Air-Veranstaltungen keinen Staatsakt machten. Seitdem schwebt dem "extrem Musikbegeisterten", wie er über sich selbst sagt, eine ausgiebige Freiluftparty mit jungen Künstlern in München vor.

Zusammen mit seinen Co-Organisatoren, seiner Frau Claudia Deravis und dem Rechtsbeistand Johannes Reichenwallner, hat sich Berlet auf die Suche nach einem passenden Ort gemacht. An quasi historischer Stelle - dort, wo einst Flugzeuge abhoben, dann die Raver der Prä-Kunstpark-Ära -, fand das Team rund 10 000 Quadratmeter bespielbare Fläche.

Elektrobeats und Münchner Hip-Hop

Das in Riem verwurzelte, soziale Stadtteilprojekt "work4music" beteiligt sich mit Aufbauhelfern und Künstlern an der Sache. Nur der einsturzgefährdete Kontrollturm selbst darf am Wochenende nicht betreten werden. Aber Beobachtungen und Entdeckungen lassen sich auch am Boden, auf zwei Bühnen, machen.

Zum Beispiel die Formationen Frogg und Vinterkint, die heute von 20 Uhr an spielen. Frogg sind die britische, in Berlin lebende Sängerin Louise Mills und Mo Delgado, ansonsten Saxophonist und Produzent des Berliner Dancehall-Kollektivs Seeed. Wie bei Seeed ist auch der Frogg-Sound von Dub-Hop-Elementen, viel Elektronik und nervösem Rhythmus geprägt, live mit Turntables unterstützt von DJ Luke 4000, ebenfalls ein Seeed-Mitglied.

Aus Berlin stammt auch das dem Laptop verfallene Singer-Songwriter-Duo Vinterkint alias Grace und Vinter, das ruhige Elektrobeats mit Synthesizern, mit R&B und Achtzigerjahre-Anklängen paart, bis eigenwillig düstere, dennoch hübsche Klangminiaturen herauskommen.

Beide Künstler arbeiten als Sänger, Autoren und Musiker unter anderem für die Fantastischen Vier, Joy Denalane, Lychee Lassi und Max Herre. Nächstes Jahr soll ihr Debüt-Album erscheinen.

Außerdem spielen in Riem unter anderem die Wanderer zwischen Jazz und House Parov Stelar & Band und die Münchner Klassik-Hip-Hopper Einshoch6. An den Plattentellern stehen zum Beispiel die DJs Margaret Dygas, Rebekah und Sander Baan - die wird man am Wochenende in Berlin vermissen.

(Freitag, Samstag, 12 bis 4 Uhr, Sonntag bis 24 Uhr, Olof-Palme-Straße 11. Das Programm im Internet: www.electric-park-festival.de.)

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