Olympiadorf:36 traumatische Stunden

Lesezeit: 2 min

Das Konzept für den Erinnerungsort zum Olympia-Attentat steht. Die Bewohner sind nun gespannt auf den Architektenentwurf, der demnächst im Jüdischen Museum vorgestellt werden soll

Von Nicole Graner, Olympiadorf

Es war und bleibt der große Wunsch der Einwohner-Interessengemeinschaft Olympiadorf (EIG), endlich den an den Standort Lindenhain angepassten, architektonischen Entwurf für den geplanten Erinnerungsort an die Opfer des Olympia-Attentats von 1972 zu sehen. Bereits beim ersten Workshop im April hat die EIG diesen Wunsch mit Nachdruck formuliert. Nun hat vor kurzem ein zweiter, von der EIG initiierter Workshop im Olympiadorf stattgefunden, der vor allem die Auseinandersetzung mit dem Konzept und dem Inhalt in den Mittelpunkt gerückt hat. "Wir wollten keine erneute Diskussion über den Standort", erklärt Manuela Feese-Zolotnitski. Das Wichtigste sei vor allem die Präsentation der Inhalte durch die Projektgruppe "Erinnerungsort Olympia-Attentat 1972" gewesen.

Projektleiter Werner Karg, Leiter der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, Katharina Willimski, stellvertretende Projektleiterin, der Direktor des Jüdischen Museums, Bernhard Purin, Jörg Skriebeleit, Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, Kuratorin Piritta Kleiner und der wissenschaftliche Mitarbeiter Michael Bader stellten das Konzept vor, das eines deutlich machte: Von einer Gedenkstätte wird nicht mehr gesprochen, sondern einheitlich von "Erinnerungsort" - einem Ort also, der zum Nachdenken und Lernen anregen und gleichermaßen berühren soll. Im Mittelpunkt sollen, wie Kuratorin Kleiner erläutert, die Biografien der Opfer stehen, die anhand von Quellen und persönlichen Gesprächen mit Verwandten und Freunden der Opfer recherchiert werden. Auch die Auswirkungen des Attentats auf die zwölf Familien der Opfer sollen an dem Erinnerungsort dargestellt werden. "Während mehrerer Reisen nach Israel", erklärt Karg, "haben Gespräche mit den Familien wunderbare, manchmal sogar auch lustige und natürlich berührende Geschichten zu Tage gebracht".

Unter dem Arbeitstitel "36 Stunden" werden mit Hilfe von Auszügen eines minutengenauen Ablaufkalenders der Polizei die Ereignisse am Tag des Attentats und des Folgetages recherchiert. Außerdem soll das Münchner Attentat in Kontext zu anderen Terroranschlägen gestellt werden, die seit 1967 in Deutschland passiert sind. Geplant ist, den Erinnerungsort in vier Sprachen zu gestalten: Deutsch, Englisch, Hebräisch und Arabisch. Auch gehe es bei der Vermittlung der Inhalte um eine "Reduktion" der Inhalte auf den Kern der Aussagen. Dass alle Inhalte in ihrer "Tiefe" auf zwölf Stelen wiedergegeben werden könnten, bezweifelt die EIG allerdings. Wichtig sei daher, erklärt Karg, dass es nicht nur digitale vermittelte Quellen gebe, sondern auch analoge.

Wie es nun mit der Bürgerbeteiligung weitergeht, ist offen. "Wir werden im Gespräch bleiben", sagt Feese-Zolotniski. Es wäre nur schön, zeitnah einmal den angepassten Entwurf von Architekt Peter Brückner zu sehen. Erst dann könnten noch offene Fragen wie die Ausleuchtung, die Überdachung und die Präsentation diskutiert werden, sagt Feese-Zolotniski weiter. Im Workshop wurde der Entwurf nicht vorgestellt. Das gehe, wie Projektleiter Werner Karg deutlich macht, "aus baurechtlichen Gründen zu diesem Zeitpunkt auch gar nicht". Am Montag soll der Entwurf, an dem die Projektgruppe entscheidend mitgearbeitet hat, in der Wertungskommission vorgestellt werden. "Wenn er dann gefällt", sagt Karg, "wird er am 13. Juli im Jüdischen Museum der Öffentlichkeit präsentiert". Öffentlichkeit heißt nach Meinung der EIG auch, die Einwohner des Olympischen Dorfes zum Beispiel in einer weiteren Einwohnerversammlung zu informieren. Nur so könne Konsens hergestellt werden.

© SZ vom 04.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: