Umsatzpacht:Stadt lehnt Überprüfung von Wiesnwirten ab

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Die Stadt hat bis heute die Wiesnwirte wegen ihrer Angaben zur Umsatzpacht nicht überprüft. (Foto: Johannes Simon)
  • Nach Unregelmäßigkeiten im Löwenbräuzelt und einer Nachzahlung von 100 000 Euro hatten Politiker gefordert, auch andere Oktoberfest-Betriebe zu kontrollieren.
  • Das zuständige Wirtschaftsreferat sieht dafür keinen Grund.

Von Franz Kotteder, München

Die Stadt hat bis heute keine weiteren Wiesnzelte wegen ihrer Angaben zur Umsatzpacht überprüfen lassen, obwohl eine Stichprobe erhebliche Fehler bei der Abrechnung im Löwenbräuzelt aufgedeckt hatte. Dessen Wirte Wiggerl Hagn und Stephanie Spendler hatten ihren Umsatz offenbar um zwei Millionen Euro niedriger ausgewiesen, als er tatsächlich war. Damit wurde eine Nachzahlung in Höhe von rund 100 000 Euro fällig. Nachdem das vor zweieinhalb Monaten während des Oktoberfests bekannt geworden war, hatten mehrere Stadtpolitiker gefordert, auch die Angaben der 15 anderen großen Wiesnwirte nachzuprüfen. Dies ist jedoch bis heute nicht geschehen, wie die SZ auf Anfrage beim zuständigen Referat für Arbeit und Wirtschaft erfuhr.

Seit 2017 müssen die Wiesnwirte für ihre Zelte keine feste Standgebühr mehr bezahlen, sondern eine Pacht, die sich nach dem Umsatz richtet, den sie mit ihren Zelten machen. Die Pacht wurde eingeführt, um der stark gestiegenen Sicherheitskosten Herr zu werden. Vor allem das zusätzliche Kontrollpersonal und eine neue Lautsprecheranlage verursachten ein Defizit von 9,3 Millionen Euro, das die Stadt hereinholen musste. So beschloss der Stadtrat eine Abgabe auf 5,1 Prozent vom Umsatz pro Zelt. Diese wurde mittlerweile auf 7,8 Prozent für die 16 großen Zelte und auf 6,1 Prozent für die 21 kleinen Zelte und Ausschankbuden erhöht, weil sie im ersten Jahr zu wenig Einnahmen brachte. Was unter anderem wohl auch daran lag, dass das Löwenbräuzelt zu wenig Umsatz gemeldet hatte.

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Aufgefallen war das erst, als die Stadt die Umsatzzahlen von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer gegenchecken ließ. Der machte Stichproben bei drei verschiedenen Betrieben: bei einem Weißbierkarussell, das offiziell als Schaustellerbetrieb gilt, bei einem kleinen Wiesnzelt und bei einem großen. Per Losverfahren traf es dann das Löwenbräuzelt. Dessen Wirt Wiggerl Hagn - er feiert an diesem Montag seinen 79. Geburtstag - hatte die Abrechnung mit einem Steuerberater gemacht und dabei wohl Durchlaufposten wie das Bedienungsgeld und das Freibier der Brauerei nicht aufgeführt, weil er selbst daran ja nichts verdient. Hagn sagt, er habe schon im Februar selbst Zweifel bekommen und bei der Stadt angemeldet, ob das auch alles so seine Richtigkeit habe.

Dass dem nicht so war, kam ausgerechnet am 26. September, während des laufenden Oktoberfests, ans Licht. Da war die Aufregung groß in der Stadtpolitik, links wie rechts. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte, man müsse bei der Umsatzpacht wohl auch bei den Angaben der anderen Zelten noch einmal nachsehen. Der ehemalige Wiesn-Stadtrat Helmut Schmid (SPD) ging ebenso wie sein Nachfolger Manuel Pretzl (CSU) davon aus, das werde zu weiteren Prüfungen auch in den anderen großen Zelten führen.

Es geschah aber: nichts. Sprecher Wolfgang Nickl vom Referat für Arbeit und Wirtschaft verweist auf eine Äußerung des früheren Zweiten Bürgermeisters und Referatsleiters Josef Schmid (CSU). Der ist inzwischen Landtagsabgeordneter und hatte nach Bekanntwerden der falschen Umsatzzahlen im Löwenbräuzelt gesagt: "Aufgrund der bisherigen Prüfungen gibt es heuer keine weiteren Überprüfungen anderer Betriebe als die bereits erfolgten Stichproben." Auf Nachfrage erklärt nun Nickl: "Der Satz von Josef Schmid bedeutet übersetzt, dass das Referat für Arbeit und Wirtschaft nach der erfolgten Prüfung durch den Wirtschaftsprüfer keine zusätzliche Veranlassung für weitere intensive Prüfungen gesehen hat." Der Wirtschaftsprüfer habe über die Stichproben hinaus keine weiteren Prüfaufträge erhalten. Das habe man "nach sorgfältiger Plausibilitätsprüfung von allen eingereichten Umsatzmeldungen" so entschieden.

© SZ vom 10.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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