Insolvenz:Was ist jetzt mit den ganzen Obikes?

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Die App, mit der die Räder gefunden werden können, funktioniert sogar noch. Doch ob das Obike in einem fahrtauglichen Zustand ist, sieht man erst vor Ort. (Foto: Stefanie Preuin)
  • Noch immer sind Obikes in der ganzen Stadt verteilt.
  • Die Behörden wollten bis Anfang der Woche von der Firma aus Singapur wissen, wann diese denn abtransportiert werden sollen.
  • Die Stadt hat keine Antwort erhalten, jegliche Kontaktversuche laufen ins Leere.

Von Ralf Wiegand, München

Immer noch kann man die App aufs Handy laden, sich als Kunde registrieren, Geld aufladen fürs bargeldlose Bezahlen, und noch immer zeigt das Programm auf einem Stadtplan mit putzigen Radl-Icons straßeneckengenau, wo die nächsten Obikes stehen. "Das System scheint noch zu funktionieren", sagt Florian Paul, bei der Stadt München zuständig für den Radverkehr. Ob das Radl dann allerdings tatsächlich fahrtüchtig ist oder eher kopfüber und defekt einen Stromkasten ziert, steht auf einem anderen Blatt.

Obike ist ein in Singapur gegründetes Unternehmen, das sich selbst heute noch "stationsloses Bike-Sharing-Start-up" nennt, aber längst abgewirtschaftet hat. Es ist zum Phantom geworden: Menschen sind abgetaucht, Telefonanrufe laufen ins Nichts, E-Mails bleiben unbeantwortet. Das System aber, Fahrräder über die App irgendwo ausleihen und irgendwo anders wieder abstellen zu können, existiert weiter, als habe es sich von seinen verschollenen Betreibern gelöst.

Überall zu sehen, aber nicht zu fassen - das ist Obike auch für die Stadt. Am Montag lief eine Frist zur Anhörung ab; die Behörden wollten wissen, wann das Unternehmen, dessen Mutterfirma in Singapur schon vor Monaten in die Insolvenz gerutscht sein soll, seine Fahrräder endlich aus dem Stadtbild entfernen würde - vor allen die kaputten. "Es kam erwartungsgemäß keine Antwort", sagt Paul von der Stabsstelle Radverkehr. Das heißt allerdings nicht, dass die Räder, die längst eher einem kreativen Vandalismus dienen als der Mobilität Münchens, nun abgeräumt werden: Erst tritt eine sogenannte "Beseitigungsanordnung" in Kraft. Obike hat nun erneut drei Monate Zeit, die Fahrräder - mindestens 3000 von ursprünglich rund 7000 werden noch im Stadtgebiet vermutet - selbst abzuholen.

Daran glaubt in der Stadtverwaltung niemand mehr. Erst nach Fristablauf im Dezember darf die Stadt nicht mehr betriebsbereite Räder - also solche, die zerstört sind oder deren Schloss nicht mehr zu öffnen ist - einsammeln, lagern und schließlich entsorgen. Laut Paul könnte das "ein paar Hunderttausend Euro" kosten. Ob die Stadt bei Obike noch etwas holen kann, prüfen die Rathaus-Juristen. Hoffnung haben sie nicht - ist halt schwer zu fassen, so ein Phantom.

© SZ vom 12.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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