Null acht neun:Erzieher, überall Erzieher

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Wohin mit den Kindern, wenn die Kita-Mitarbeiter streiken? (Foto: dpa)

Jetzt streiken sie also, die Erzieher. Und die Eltern fragen sich: Was tun? Dabei könnte die Stadtverwaltung ganz einfach Abhilfe schaffen - wenn sie nur einmal ihre Talentscouts auf die Straßen schicken würde.

Glosse von Andreas Schubert

Jetzt streiken sie also, die Erzieher. Anderswo schon seit Freitag, in München lassen sie erst noch das freie Wochenende vergehen, um dann von Montag an in Ruhe daheimbleiben zu können. Was tun?, fragen sich jetzt die Eltern. Denn nicht jede Münchner Mutter hat die Zeit, ihre Anna-Sophia-Zoë und ihren Leon-Friedrich-Anakin zur Bespaßung den lieben langen Tag mit dem Porsche Cayenne durch die Gegend zu kutschieren.

Da müssten ja die Thai-Massage oder der Reiki-Kurs ausfallen. Aber Spaß beiseite: Wer wirklich arbeiten muss, findet geschlossene Kitas natürlich nicht lustig. Und auch wenn nicht gestreikt wird, ist Betreuung ein leidiges Thema, gegen den Erziehermangel versucht die Stadt seit längerem vorzugehen - bisher vergeblich.

Hohe Erzieherdichte an roten Ampeln

Vielleicht sollte die Verwaltung mal ihre Talentscouts aussenden. Denn wer jeden Tag auf der Straße unterwegs ist, dem kommt es eigentlich nicht so vor, als herrsche großer Mangel an Menschen, die andere erziehen wollen, egal wo man hinkommt. Sehr hoch ist die Erzieherdichte etwa an roten Ampeln. Wer als Fußgänger denkt, er kann einfach rübergehen, weil weit und breit kein Auto in Sicht ist, hat die Rechnung nicht ohne jenen Rentner gemacht, der einem hinterherplärrt, man sei ein miserables Vorbild für Kinder (das gilt auch, wenn gerade keine anwesend sind).

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Wenn Erzieher und Kinderpfleger streiken, müssen sich viele Eltern eine alternative Betreuung organisieren. Trotz des Stresses zeigen sie Verständnis für den Ausstand, nicht aber für die Arbeitgeber.

Besonders oft erzogen werden die Radlfahrer. Wenn sie es sich erlauben, wegen zugeparkter Radwege auf die Straße oder den Bürgersteig auszuweichen, kommen sie garantiert in den Genuss eines belehrenden Hup-, wahlweise eines Schimpfkonzertes. Umgekehrt gibt es auch unzählige Pedalpädagogen, die statt einfach mal zu bremsen mit Karacho an Bushaltestellen heranrasen, um dann den Fußgängern, die den Radweg überqueren müssen, ordentlich die Leviten zu lesen ob ihrer Rücksichtslosig- und Unachtsamkeit. Und wenn sich's ausgeht, nehmen sie sich auch gleich den Busfahrer vor.

Alle wären glücklich - bis auf die Kinder

Dann gibt es noch die Links-gehen-rechts-stehen-Rolltreppenprofis, die Weißwurst-nur-vor-Zwölf-Besserwisser, die Rauchen-macht-Krebs-Belehrer und viele, viele tausend andere, die uns jeden Tag ungefragt ein bisschen klüger machen.

Es wäre doch mal eine Idee, all die Hobby-Erzieher versuchsweise in Kindergärten und -horten einzusetzen. Über ihr garantiertes und wissbegieriges Publikum wären sie so froh, dass sie nicht mal Geld dafür nähmen. Die Betreiber würden sich einen Haufen Gehalt und die Eltern eine Menge Gebühren sparen und alle wären glücklich. Bis auf die Kinder vielleicht. Die träten wahrscheinlich nach ein paar Tagen in den unbefristeten Streik, weil sie den ganzen Schmarrn irgendwann einfach nicht mehr hören können.

© SZ vom 09.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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