Unbefristeter Kita-Streik:Darf ich dem Job fernbleiben, wenn die Kita bestreikt wird?

Kita-Streiks

Ab Freitag droht ein unbefristeter Streik in den Kitas - bundesweit.

(Foto: dpa)

Am Freitag beginnt ein bundesweiter unbefristeter Streik der Erzieher. Viele Eltern haben Verständnis für die Anliegen der Streikenden. Noch drängender ist für sie aber die Frage: Wohin jetzt mit dem Nachwuchs?

Wann wird wo gestreikt?

Am Freitag beginnt der Arbeitskampf in zahlreichen Kitas, in der kommenden und darauf folgenden Woche werden weitere Einrichtungen bestreikt. Bereits für Montag kündigte Verdi-Chef Frank Bsirske eine Ausweitung auf Großstädte in Nordrhein-Westfalen an.

Nicht alle Bundesländer sind zum selben Zeitpunkt und im gleichen Maße betroffen: Während in Hamburg, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Bremen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und im Saarland nach Angaben von Verdi bereits am Freitag gestreikt wird, treten die Erzieher in den zwei bevölkerungsreichsten Bundesländern, Bayern und Nordrhein-Westfalen erst am Montag in den Streik, so auch in Mecklenburg-Vorpommern. Auch in Berlin und Brandenburg beginnt am Montag der Arbeitskampf.

Berlin wird kaum betroffen sein, da die Kitas zum größten Teil nicht dem Tarifverbund des öffentlichen Dienstes angehören. Vergleichsweise hohe Auswirkungen wird die Arbeitsniederlegung hingegen in Nordrhein-Westfalen mit sich bringen: Verdi zufolge werden 1000 kommunale Kitas bestreikt, 10 000 Beschäftigte werden ihre Arbeit niederlegen.

Wie lange wird gestreikt?

Auf die Dauer des Arbeitskampfes will sich Frank Bsirske nicht festlegen. Der Ball liege im Feld der kommunalen Arbeitgeber. Der Arbeitskampf ist grundsätzlich unbefristet - also: Ende offen.

Warum wird gestreikt?

Gefordert wird eine höhere Bezahlung von Sozial- und Erziehungsberufen; dabei geht es den Gewerkschaften nicht um prozentuale Lohnerhöhungen, sondern um die Einteilung in eine höhere Entgeltgruppe. Dies würde zu Einkommensverbesserungen von durchschnittlich zehn Prozent führen. Bsirske sprach von Mehrkosten für die Kommunen von einer halben Milliarde Euro im Jahr. Nach anderen Angaben der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) beläuft sich die Forderung für alle betroffenen Gruppen auf 1,2 Milliarden Euro.

Wie können sich Eltern informieren, ob ihre Betreuungseinrichtung betroffen ist?

Am schnellsten auf dem direkten Weg: Fragen Sie bei der Leitung Ihrer zuständigen Kita nach, ob sie vom Streik betroffen ist und ob eine Notbetreuung in dieser oder einer anderen Kita angeboten wird. Einige Kommunen bieten einen Notfallplan an - nachzulesen auf der Homepage der Kommune oder nachzufragen im zuständigen Referat.

Wie können sich Eltern behelfen?

Organisationstalent ist gefragt. Wer keine Großeltern zur Verfügung hat, kann sich mit anderen Eltern aus der Kita zusammenschließen und Notgruppen organisieren. Reihum betreut immer ein Elternteil mehrere Kinder, so kann man sich gegenseitig entlasten und Urlaubstage einsparen.

Außerdem gibt es professionelle Angebote. Hier eine Auswahl:

  • Auf betreut.de kann man kurzfristig einen Babysitter organisieren.
  • Der Notmütterdienst ist ein Verein in Frankfurt, Hamburg, Berlin und Köln, der erfahrene "Notmütter" vermittelt.
  • Hallo Babysitter und Yoopies sind Plattformen, auf denen Babysitter ihre Dienste anbieten.

Dürfen Eltern der Arbeit fernbleiben, um ihre Kinder zu beaufsichtigen, falls die Kita bestreikt wird?

Arbeitsrechtsexperte Daniel Hautumm: "Grundsätzlich steht einem Arbeitnehmer ein Anspruch auf bezahlte Freistellung zu nach § 616 BGB, wenn er vorübergehend unverschuldet daran gehindert ist, seiner Arbeit nachgehen zu können." Allerdings muss man im Arbeitsvertrag nachschauen, ob dort die Anwendung von § 616 BGB nicht ausgeschlossen worden ist - das ist zulässig. Wenn der Paragraph nicht ausgeschlossen ist, gilt Folgendes:

"Eine vorübergehende Verhinderung kann auch darin liegen, dass das Kind aufgrund eines Streiks in der Kita oder in der Schule zu Hause bleiben muss. Es ist aber zu differenzieren, ob es den Eltern nicht zumutbar war, spontan eine Ersatzkraft zu finden (zum Beispiel bei einem länger angekündigten Streik), die sich um das Kind kümmert", so Hautumm. Es kommt also auch darauf an, ob und wie kurzfristig der Streik angekündigt war. Je mehr Zeit Eltern haben, eine Ersatzregelung zu finden, desto eher werden sie bei der Arbeit erscheinen müssen. "Wenn es allerdings nur ein bis zwei Tage sind", so der Arbeitsrechtsexperte, "dürfte das zu spontan sein."

Bei der Frage, ob Eltern eine bezahlte Freistellung bekommen, ist auch das Alter der Kinder relevant. Der Arbeitgeber könnte argumentieren, dass ältere Kinder alleine zu Hause bleiben könnten. Dieses Argument gilt aber eher für einen Lehrerstreik wie den vor einigen Wochen, weil Kinder im Kita-Alter kaum alleine zu Hause bleiben können.

Was in jedem Fall gilt: Falls Eltern wegen des Kitastreiks zu Hause bleiben möchten/müssen, sollten sie das dem Arbeitgeber frühzeitig mitteilen.

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