Neuperlach/Ottobrunn:Oberirdische Gedankenspiele

Lesezeit: 3 min

Eine Machbarkeitsstudie zur Verlängerung der U 5 über Neubiberg und Ottobrunn bis zum Ludwig-Bölkow-Campus zeigt unterschiedliche Streckenvarianten auf. Sie verlaufen teils an der Oberfläche, was kostengünstiger ist

Von Martin Mühlfenzl, Neuperlach/Ottobrunn

Sie war eigentlich schon beerdigt. Zu teuer, zu wenig Nutzen - das waren im Jahr 2014 die zwei entscheidenden Gründe, die Verlängerung der U 5 von Neuperlach Süd über Neubiberg und Ottobrunn bis zum Ludwig-Bölkow-Campus nahe dem Gewerbegebiet Brunnthal-Nord vorläufig ad acta zu legen. Doch nicht zuletzt die rasante Entwicklung des südöstlichen Landkreises eröffnet der Trasse in den so dicht besiedelten Gemeinden Neubiberg und Ottobrunn wieder ganz neue Chancen. An diesem Dienstag, 12. Februar, wird den Kreisräten im Mobilitätsausschuss (14 Uhr) eine Machbarkeitsstudie vorgelegt, in der gleich mehrere, teils oberirdische verlaufende Streckenvarianten angeführt werden, die ein echter Meilenstein sein könnten.

In nicht unerheblichem Maße dürfte die Ankündigung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), in Ottobrunn und Taufkirchen nach den Sternen greifen zu wollen, eine Rolle dabei spielen, dass das Thema wieder auf die Tagesordnung kommt. Denn Söders Entscheidung, auf dem Ludwig-Bölkow-Campus eine Fakultät für Luft- und Raumfahrt aufzubauen, steht stellvertretend für die außerordentlich gute Entwicklung der Region, die weiter wachsende Wirtschaftskraft und dem damit verbundenen Anstieg an Arbeitskräften und Zuzug in den Landkreis München. Alleine an der neuen Fakultät für Luft- und Raumfahrt sollen einmal weit mehr als 2000 Studierende ausgebildet werden. Diese Aussicht nahm Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) zum Anlass, beim Besuch von Ministerpräsident Söder auf dem Ludwig-Bölkow-Campus vor wenigen Wochen, den notwendigen Ausbau der Infrastruktur anzumahnen. Ohne einen massiven Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs sei diese Herausforderung nicht zu stemmen, sagt Loderer.

Nun scheint es wieder möglich zu sein, dass sich diese Hoffnung des Ottobrunner Rathauschefs erfüllt, der immer wieder betont, dass - aus seiner Sicht - die Verlängerung der U 5 den meisten Nutzen für die Region mit sich bringen würde. Eine Straßenbahn vom Ostbahnhof über Neuperlach bis Neubiberg und Ottobrunn, die ebenfalls immer wieder diskutiert wird, schließt Loderer aus einem Grund aus: In der so dicht besiedelten Gemeinde mit der zweithöchsten Einwohnerdichte der Republik sei eine oberirdische Tram nicht zu realisieren.

In der nun vorliegenden Machbarkeitsstudie für die U 5-Verlängerung des Büros ZPP German Engineering weichen die Planer von den bisherigen Überlegungen, eine Trasse komplett unter die Erde zu verlegen, in weiten Teilen ab. Insgesamt werden sechs Trassenführungen untersucht, die vom oberirdischen Bahnhof Neuperlach-Süd nach Süden führen - und den Ludwig-Bölkow-Campus erschließen sollen. Dass nunmehr auch - wie etwa bei der U 6 nach Garching - oberirdische Trassen vorgeschlagen werden, hat schlichtweg finanzielle Gründe: Ein unterirdischer Kilometer U-Bahn kostet mindestens 80 Millionen Euro, bei schwierigen Gegebenheit können diese auf mehr als 90 Millionen Euro ansteigen.

In den Planungen sind zwei Streckenverläufe enthalten, die an die bisherigen Planungen erinnern. In diesem Fall würde die U-Bahn von Neuperlach aus in den Untergrund abtauchen, Neubiberg an der Äußeren Hauptstraße unterfahren, Ottobrunn zentral an der Rosenheimer Landstraße erschließen, südlich an der Taufkirchner Siedlung am Birkengarten wieder auftauchen und nach einer Rechtskurve den Endbahnhof am Ludwig-Bölkow-Campus erreichen. Die Strecke hätte eine Länge von 6,22 Kilometern, davon 4,93 unter der Erde, Fahrgäste wären bei vier Haltestellen insgesamt neun Minuten unterwegs. Die Planer rechnen bei dieser Variante "Ost 1" mit einer Bauzeit von acht Jahren und Kosten von etwas mehr als 400 Millionen Euro. Die Variante "Ost 2" würde etwas weiter westlich verlaufen.

Bei der Variante "Mitte 1" würde wie bei den östlichen Trassen der erste Haltepunkt zwischen dem Friedhof an der Heid und dem Autotunnel der Staatsstraße liegen, am nördliche Haidgraben würde die Bahn auftauchen, am östlichen Haidgraben wieder abtauchen und südlich des IABG-Geländes erneut an die Oberfläche kommen. Die Strecke "Mitte 2" verliefe etwas weiter westlich entlang des Haidgrabens und der Ludwig-Bölkow-Allee mit drei oberirdischen Bahnhöfen. Bei dieser Trasse würden sich die Kosten auf etwa 300 Millionen Euro bei einer Bauzeit von sieben Jahren reduzieren. Und die U-Bahn bräuchte nur noch acht Minuten.

Die westlichen Trassen würden über die nördlichere Lage des U-Bahnhofs Neubiberg geführt. Variante "West 1" folgt der Gemeindegrenze Unterhaching/Ottobrunn und endet weiter südlich parallel zur Ludwig-Bölkow-Allee; Variante "West 2" liegt weiter westlich an der Autobahn und biegt gegen Ende nach Osten in einen Tunnel ab. Sie ist mit 6,21 Kilometern nach "Ost 1" die zweitlängste Variante und hat den charmanten Vorteil, dass nördlich der Anschlussstelle Unterhaching-Ost zwischen Ziegelweg und Zacherlweg eine Abstellanlage für Pendler entstehen könnte - und diese damit noch vor dem Stau an der Grenze zur Landeshauptstadt abgefangen würden. Auch hier würden sich die Kosten im Vergleich mit den ursprünglichen Plänen deutlich reduzieren: Von etwa 540 Millionen auf etwas weniger als 400 Millionen Euro.

Die Kreisräte werden mit dieser Machbarkeitsstudie tief in die Thematik einsteigen, es wird bereits um Baukosten, ober- und unterirdische Bahnhöfe, Fahrzeiten, Bauzeiten gehen. All das aber mit dem Wissen, dass der Bau neuer U-Bahnen von der Planung bis zur Fertigstellung Jahre, meist Jahrzehnte dauert. Die Planer der Machbarkeitsstudie empfehlen den Kreisräten, das Projekt auf jeden Fall weiter zu verfolgen, "da eine positive Entwicklung der Einwohner- und insbesondere der Arbeitsplatzentwicklung prognostiziert wird". Aufgrund der langen Vorlaufzeiten, müsse das Projekt auf allen Ebenen "präsent" gehalten werden.

Die Kreisräte wissen aber auch, dass der Druck auf den gesamten Landkreis zunehmen wird. Schnell wachsende Institutionen wie die Universität der Bundeswehr und die Unternehmen müssen besser an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden werden. Am Ende aber entscheidet über eine neue U-Bahn der Freistaat.

© SZ vom 11.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: