Nazi-Guillotine:Dauerhaft ins Depot

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Die Guillotine, mit der die Geschwister Scholl ermordet wurden, lagert im Depot des Bayerischen Nationalmuseums in München. (Foto: Walter Haberland/Bayerisches Nationalmuseum München)

Die Hinrichtungen der Nazis liegen 70 Jahre zurück, die Hinterbliebenen der Ermordeten leben unter uns. Ihnen ist nicht zuzumuten, die Nazi-Guillotine als Attraktion für ein sensationslüsternes Publikum auszustellen. Das Fallbeil hat in einem Museum nichts zu suchen.

Ein Kommentar von Stephan Handel

Wozu zeigen Museen ihre Objekte? Zur Belehrung, zur Aufklärung, zur Erbauung, zur Dokumentation, zur Unterhaltung vielleicht noch. Welcher dieser Zwecke würde erfüllt werden, zeigte man das Fallbeil, mit dem die Mitglieder der Weißen Rose ermordet wurden? Kein einziger. Deshalb sollte das grausame Instrument bleiben, wo es ist - im Depot.

Wer schon einmal im Alten Rathaus von Regensburg die dort erhaltene mittelalterliche Folterkammer besichtigt hat, der kennt das Schaudern angesichts der technischen Möglichkeiten, die sich menschliche Bestialität ausdenken kann. Die in Regensburg gezeigten Instrumente des Schmerzes und des Todes unterscheidet jedoch eines von der nun wiederentdeckten Nazi-Guillotine: Es ist Jahrhunderte her, dass mit ihrer Hilfe Verbrechen begangen wurden.

Nazi-Guillotine
:Wohin mit dem Fallbeil?

Seit dem Wochenende wird diskutiert, ob die Guillotine gezeigt werden soll, mit der zur NS-Zeit auch Mitglieder der "Weißen Rose" hingerichtet wurden. Und wenn ja, wo. Mehrere Möglichkeiten kommen in Frage. Experten sollen jetzt eine Lösung erarbeiten.

Von Stephan Handel

Die Hinrichtungen der Nazis hingegen liegen nicht ganz 70 Jahre zurück, die Hinterbliebenen der Ermordeten leben unter uns. Ihnen ist nicht zuzumuten, dieses Gerät des Sterbens, des Blutes, der Todesangst als Attraktion für ein sensationslüsternes Publikum auszustellen. Man stelle sich vor, dass sich eine Schulklasse um die Guillotine drängelt und Scherzchen macht, wer denn als nächstes enthauptet werden sollte - und im Hintergrund steht jemand, dessen Vater, Mutter, Bruder, Schwester tatsächlich durch sie sein oder ihr Leben ließ.

Das Fallbeil öffentlich zugänglich zu machen, bringt keinerlei Erkenntnisgewinn, für niemanden, und ist auch nicht geeignet, den Abscheu vor dem Mordregime, sofern noch nicht vorhanden, zu erzeugen oder zu verstärken. Andersherum gesagt: Wer nicht glaubt, dass die Nazis eine Mörderbande waren, den wird auch der Anblick eines ihrer Mordinstrumente nicht bekehren. Deshalb, in Abwandlung eines Satzes von Montesquieu: Weil es keine Notwendigkeit gibt, die Guillotine zu zeigen, gibt es die Notwendigkeit, sie nicht zu zeigen.

© SZ vom 14.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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