Öffentlicher Nahverkehr in München:Die nächste U-Bahn? Fehlanzeige

Lesezeit: 3 Min.

Die Arbeit stapelt sich im U-Bahn-Betriebshof Nord Fröttmaning. (Foto: Stephan Rumpf)

Verbindungen fallen aus, Züge sind zu kurz und völlig überfüllt - im Münchner Untergrund läuft es gerade nicht rund. Die Ursachen sind vielfältig. Bekommt die MVG die Probleme bis zum Konzert-Sommer mit der Fußball-EM in den Griff?

Von Andreas Schubert

Seit Monaten klagen Fahrgäste über ausgefallene U-Bahnen und darüber, dass sie sich auf verschiedenen Linien in Kurzzüge quetschen müssen. Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) hat derzeit ein Problem, das sie nur langsam in den Griff bekommt: Ihr fehlen einerseits Fahrzeuge, andererseits ausreichend Personal für die Wartung, wie MVG-Chef Ingo Wortmann und Oliver Glaser, Betriebsleiter Schiene, am Dienstag im U-Bahn-Betriebshof Fröttmaning erläuterten. Dazu kommt eine veraltete Infrastruktur in der Werkstatt. Großen Ärger bereitet auch der Brandschutz der Züge.

Die MVG misst ihre Flottenstärke in sogenannten Doppeltriebwagen. Zwei davon gekoppelt bilden einen Kurzzug, drei einen Langzug, der auch den moderneren C-Wagen entspricht. Aktuell besteht die Flotte aus insgesamt 356 solcher Doppeltriebwagen, aber nur 241 davon stehen für den Fahrbetrieb zur Verfügung. Um das Leistungsprogramm zu erfüllen, sollten es eigentlich 272 sein. Fahrgäste merken diesen Mangel vor allem auf den Linien U7 und U1, die derzeit nur als Kurzversion fahren. Bei U3 und U4 hat die MVG das Angebot eingeschränkt.

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Es gibt laut MVG viele Faktoren, die Schuld an dem Fahrzeugmangel sind: Ältere U-Bahnen der Baureihen B und C1, seit 1987 respektive 2002 im Einsatz, müssen derzeit mit neuen Brandschutzanlagen ausgerüstet werden. Den Umbau der B-Wagen erledigt die Firma Wagner Rail. Doch in der jüngeren Vergangenheit kamen die Züge teils mit mehr als 100 Mängeln zurück in die Fröttmaninger Werkstatt, wo dann aufwendig nachgearbeitet werden musste. Die Fehlerquote hat sich nach intensivem Austausch mit dem Hersteller inzwischen verbessert, momentan liegt sie laut Glaser bei unter zehn pro Zug.

Dass die MVG nicht einfach den Zulieferer wechselt, hat laut Glaser seinen Grund: Die Umrüstung der alten Fahrzeuge sei nicht gerade einfach, nicht viele Firmen seien dazu in der Lage. Dies sei schon eine Kunst, sagt er.

Dann müssen alle Passagiere an der nächsten Haltestelle aussteigen

Bei den ganz neuen C2-Zügen, die seit 2016 in München verkehren, ist der bereits installierte Brandschutz so störanfällig, dass täglich etwa zwei Fahrzeuge ausfallen. Bei einer Fehlermeldung in der Brandanlage muss ein Zug aus dem Dienst genommen werden. Oft würde es reichen, die Anlage neu hochzufahren. Doch das Fahrpersonal kann nicht selbst ein Reset machen, sondern nur den Fehler an die Zentrale melden. Dann müssen alle Passagiere an der nächsten Haltestelle aussteigen, der Zug wird erst zur nächsten Wendeanlage gebracht, abends dann nach Fröttmaning.

Durch ein einfaches Reset könnten 70 Prozent der Fehler behoben werden, sagt Glaser. Deshalb werde nun der Außendienst geschult, um dies auch an Wendeanlagen erledigen zu können.

MVG-Chef Ingo Wortmann (links) und Oliver Glaser, Leiter Betrieb Schiene, versuchen, die Probleme in den Griff zu bekommen. (Foto: Stephan Rumpf)

Störungen bei der Sicherheitstechnik sind bei den Zügen der neuesten Generation nicht das einzige Problem. Wie sich vor Kurzem herausstellte, sind bei den C2-Fahrzeugen die Klebefugen an den Kopfwagen fehlerhaft und müssen saniert werden.

Eine "eklatante Schlechtleistung der Industrie", nennt Wortmann dies. "So mancher Zulieferer hat überhaupt keine Ahnung, dass diese U-Bahn-Wagen im Betrieb gebraucht werden." Manchmal heiße es, man bekomme den Wagen bis Ende des Jahres zurück, "aber so lange können wir nicht warten". Er könnte sich nur bei den Fahrgästen entschuldigen, sagt Wortmann. "Das ist nicht Anspruch unseres Unternehmens, in dieser Form zu arbeiten."

Die ganz alten A-Züge haben nach bis zu 50 Jahren laut Wortmann ihr "rostiges Ende" erreicht und werden nicht mehr umgerüstet. Sie sollen bis 2025 ausgemustert werden. Doch derzeit werden keine A-Wagen verschrottet, weil sie wegen des aktuellen Fahrzeugmangels weiterhin gebraucht werden.

115 Wagen sind derzeit wegen Umbaus oder Instandhaltung nicht im Einsatz. Ein Problem sind auch abgeflachte Radreifen, die nicht mehr rund laufen. Um das zu beheben, hat die MVG selbst nur veraltete Maschinen, weshalb die Drehgestelle, an denen die Räder befestigt sind, teilweise nach Nürnberg zur Reparatur geschickt werden müssen.

Die MVG hofft, dass sie in den 2030-er Jahren den neuen U-Bahn-Betriebshof in Neuperlach Süd in Betrieb nehmen kann, gegen den es derzeit noch große Widerstände aus der Bevölkerung gibt. Doch der neue Hof werde dringend gebraucht, wie Wortmann und Glaser betonen. Denn die alte Halle in Fröttmaning ist schlicht zu klein für die modernen C-Wagen, die für Reparaturen erst aufwendig auseinandergenommen werden müssen. "Das ist Verschwendung von Arbeitszeit", sagt Glaser.

Zudem fehlen in der Fröttmaninger Werkstatt momentan etwa 15 Mitarbeiter. All dies verzögert die Instandsetzung - und das, obwohl laut Glaser ein "unglaublicher Sommer" mit Fußball-EM und sehr vielen Konzerten bevorsteht. Danach stehe dann gleich die Wiesn an, so Glaser. "Wir brauchen die Fahrzeuge voll funktionsfähig."

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