Musik:München bekommt einen neuen Jazzclub

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Ein Gewölbekeller mit Flair als idealer Ort für Jazzkonzerte: das Jazzkombinat in der Tumblingerstraße. (Foto: La Van Phuong)
  • In der Tumblinger Straße öffnet das "Jazzkombinat" im Kellergewölbe unter dem Restaurant "Chois".
  • Der Bassist Jerker Kluge plant dort nicht nur Konzerte, man soll auch einfach so vorbeikommen können. Der Eintritt soll zehn Euro kosten.

Von Oliver Hochkeppel

Gerade mal zweieinhalb Jazzclubs für eine Stadt mit inzwischen mehr als eineinhalb Millionen Einwohnern, da kann man nicht von einem Überangebot sprechen. Vor allem nicht für die wachsende Zahl heimischer Jazzmusiker, die froh um jeden Auftritt in der von den internationalen Stars frequentierten Unterfahrt, in Thomas Voglers Jazzbar oder im Nightclub des Bayerischen Hofs sein dürfen. Das zwingt zum Tingeln, zum kreativen Umgang mit dem Beruf und zum Abschied von vielen Projektträumen.

Der Bassist Jerker Kluge ist dafür ein gutes Beispiel - aber auch dafür, wie man trotzdem etwas auf die Beine stellen kann. Schon bald nachdem er 1999 das Studium am Richard-Strauss-Konservatorium aufgenommen hatte, wurde Kluge eine feste Größe der Szene. Mit einigen Altersgenossen wirbelte er vor allem damit Staub auf, vernachlässigte Traditionslinien des Jazz der Fünfziger- und Sechzigerjahre in neue Latin- und Funk-Kombinationen einzubauen. Das Hi-Fly Orchestra sowie die eigenen Bands Hipnosis und Deep Jazz sind die bekanntesten Ergebnisse. Kluge betreibt aber auch das Label "Perfect Toy" und hat bis vor einiger Zeit als Jazz-DJ und Party-Veranstalter gearbeitet.

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Zuletzt ersann er das verwegene Band-Konzept Mingus in Wonderland: Im Stamm-Quartett spielt er ausschließlich Kompositionen der Bass-Legende Charles Mingus, "um sich mal richtig in das Werk eines Großen einarbeiten zu können", wie er sagt. Das startete 2013 wöchentlich in der Kellerbar der Schauburg, doch bald musste an andere Orte ausgewichen und die Schlagzahl deutlich verringert werden.

Ohnehin hatte Kluge zuletzt für all das weniger Zeit: Da baute er seine "Music Academy" auf, eine Rock- und Jazzschule im Franchise-System. Aktuell werden mit 20 Lehrern, meist Kollegen aus der Jazz-Szene, 380 Schüler unterrichtet. "Es läuft super", sagt Kluge. Voraussetzung dafür waren natürlich geeignete Räumlichkeiten. Die Tumblingerstraße 21 erwies sich aber nicht nur deswegen als Glücksfall. In das vorher von der benachbarten Agentur für Arbeit benutzte Gebäude war der dtv-Verlag eingezogen, der aber das Erdgeschoss nicht benötigte und auch nichts dagegen hatte, dass dort Musik gemacht wird.

Als Kluge dann vor ein paar Monaten aus dem Bürofenster sah, eröffnete genau gegenüber das chinesische Hotpot-Restaurant "Chois". "Ich bin selbst ein großer Fan der Sichuan-Küche", sagt Kluge, "zum anderen war ich vor Jahren mal in dem Gebäude, als es noch ein Grieche oder eine Disko war. Daher wusste ich, dass die einen tollen Keller haben." Vielleicht könnte man dort mal wieder mit Mingus in Wonderland spielen, dachte er sich. Ging also einfach mal rüber und erfuhr, dass der Keller nur gelegentlich für Gesellschaften gebraucht wird. Kurz entschlossen schlug er vor, ob man dann nicht einen Jazzclub einrichten könne - und stieß auf Wohlwollen. So eröffnet also jetzt tatsächlich ein neuer Jazzclub in München, das "Jazzkombinat".

Manchem wird der Name bekannt vorkommen: Jerker Kluge betreute unter diesem Label von 2003 an mittwochs die Jazzabende im "Prager Frühling" in Schwabing - bis auch dieser Laden mit seiner "Bestlage" den Weg so vieler Münchner Clubs ging. Unterm "Chois" in der Tumblingerstraße 36 sieht die Sache aber vielleicht anders aus. "Abgesehen vom Schlachthof gibt es sonst im Viertel kaum etwas zum Weggehen. Hier soll man deshalb nicht nur zu einem bestimmten Konzert kommen, sondern einfach vorbeischauen und sicher sein können, dass gute Musik gespielt wird", sagt Kluge.

Der geräumige, wabenartig geschnittene und trendy eingerichtete Gewölbekeller hat Flair, fast wie die schönsten Clubs in Paris. Obendrein klingt er ausgezeichnet, laut Kluge "trocken und klar", so dass akustisch oder nur mit ganz kleiner Anlage gespielt werden kann. Kluge muss den Keller nicht einmal mieten ("das wäre mir zu riskant"), er veranstaltet nur. Das Restaurant bekommt den Getränkeumsatz, die Musiker 70 Prozent des Eintritts. Der wird zehn Euro kosten. "Wenig genug, damit man nicht lange überlegen muss. Aber auch so viel, dass die Musiker eine vernünftige Gage bekommen", sagt Kluge.

Mit drei Tagen in der Woche geht es jetzt los. Die jeweils ersten und dritten Donnerstage im Monat werden zur ersehnten Jour fixe für Mingus in Wonderland, die anderen beiden bekommt fest der Schlagzeuger Bastian Jütte für ein "Thursday Night Jazz Meeting" mit wechselnden Besetzungen. Die Freitage und Samstag werden von den verschiedensten Bands bespielt, die ersten sind das Quartett der Sängerin Miriam Arens, das Paul Brändle Quartett und das Helltones Septett mit Peter Tuscher. Vorzugsweise "richtiger, klassischer Jazz" wird zu hören sein, "ein Freejazz-Schuppen werden wir sicher nicht", sagt Kluge.

Vor allem die heimischen Jazzmusiker sollen hier einen Platz bekommen. Vier Monate hat Kluge mit den Restaurantbetreibern als Testphase vereinbart. Läuft alles gut, kann er sich sogar vorstellen, das Angebot auszudehnen. Es könnte also ein kleines Münchner Jazzwunder passieren - wenn nur das Publikum mitspielt.

Infos zum Programm unter www.jazzkombinat.de

© SZ vom 05.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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