Musical im Werksviertel:Fack ju Göhte ist gefloppt - jetzt kommt Amélie

Lesezeit: 3 Min.

Sie sieht ein bisschen aus wie die Amélie aus dem berühmten Film. Das sei aber absoluter Zufall, sagt Sandra Leitner, die 2019 die Hauptrolle im neuen Musical im Werksviertel spielen wird. (Foto: Florian Peljak)

"Die fabelhafte Welt der Amélie" wird 2019 als Musical im Werksviertel Premiere feiern. Nun ist die Besetzung der Titelrolle bekannt: die 22-jährige Sandra Leitner war auch beim Vorgänger dabei.

Von Christiane Lutz

"Ich mag sie einfach", sagte Regisseur Christoph Drewitz, nachdem die Tür hinter der Schauspielerin zugefallen war. Sandra Leitner heißt sie und sie hat sich soeben um die Titelrolle im Musical "Die fabelhafte Welt der Amélie" beworben. Die junge Frau, mit einem dunklen Bob ausgestattet, hatte breitbeinig vor der Jury gestanden und sie herausfordernd angeblickt, bevor sie ihre Songs vortrug.

Ein "Lasst mich mal ran"-Blick. Diese kleine Zuneigungsbekundung kam sehr früh, das muss Regisseur Drewitz klar gewesen sein. Er und das künstlerische Team standen an jenem Tag im September noch am Anfang der Castings. Es würden noch sehr viele Schauspielerinnen kommen.

Doch am Ende hatte wohl keine mehr Talent für die Rolle als Sandra Leitner. Die 22-Jährige wird von Februar 2019 an bei der Musical-Neuproduktion "Die fabelhafte Welt der Amélie" im Werk 7 im Werksviertel auf der Bühne stehen. Dem Stück liegt ein mäßig erfolgreiches Broadway-Musical zu Grunde, das wiederum vom gleichnamigen Film mit Audrey Tautou aus dem Jahr 2001 inspiriert wurde. Ein Film wie ein Croissant und ein Akkordeon: so sehr Paris, auch so sehr Paris-Klischee. Ein Riesenerfolg.

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Leitner hibbelt ein paar Wochen später auf ihrem Stuhl im Café Le petit Paris - wo sonst? - herum und ist erleichtert, dass die großen Neuigkeiten jetzt raus sind. "Ich bin einfach so happy", sagt sie und rattert in wenigen Minuten die Geschichte des Hoffens und Bangens runter, die der Zusage vorausging.

So nervös sei sie bei der dritten Castingrunde gewesen, dass sie auf der Toilette einen Nussschnaps zur Beruhigung trinken musste. Wie sie den Anruf von Stage Entertainment dann im Auto der Mitfahrgelegenheit auf dem Weg von Hamburg nach München bekommen hatte und sie nicht mal laut schreien konnte, weil der Fahrer ja ein fremder Typ war.

Sie hatte geglaubt, dass sie ihre Portion berufliches Glück für mindestens ein, zwei Jahre aufgebraucht hätte. Leitner hat nämlich gerade erst eine ziemlich gute Rolle gespielt. In "Fack ju Göhte", dem Vorgänger von "Amélie" im Werksviertel, war sie die Erstbesetzung für die Rolle der Laura.

Ein unsicheres Entlein, das sich, wie soll es anders sein, am Ende des Stücks zum schönen Schwan entwickelt hat. "Ich dachte, ,Göhte' ist das Krasseste, was ich hinkriegen würde für die nächsten Jahre", sagt sie. "Ich hätte es für möglich gehalten, dass ich einfach einmal richtig Glück gehabt habe." Von der Produktion kennen sich Leitner und Christoph Drewitz, denn der hat auch "Fack ju Göhte" inszeniert.

Die Broadway-Version von "Amélie" stammt von den Amerikanern Craig Lucas und Daniel Messé. Die beiden nahmen die Geschichte der schüchternen Französin und amerikanisierten sie ordentlich. Die berühmten Melodien von Yann Tiersen beispielsweise kamen gar nicht vor, Daniel Messé komponierte selbst flotte, folkige Stücke. "Ein amerikanisches Stück für ein amerikanisches Publikum", sagt Regisseur Drewitz.

Er und Ratan Jhaveri, musikalischer Leiter, wollen Amélie musikalisch zurück nach Europa holen. Die Melodien werden neu orchestriert, drei neue Songs kommen dazu und Yann Tiersens Soundtrack zum Film wird auch in die Münchner Produktion einfließen. Die Atmosphäre solle "französischer" werden, jedoch sei es genau so wichtig, das Werk der Amerikaner zu respektieren und beides zu etwas Neuem zusammenzufügen.

Auch wenn der Film so langsam in den Regalen einstaubt und seine besten Jahre hinter sich hat, ist Stage Entertainment überzeugt, dass der Zauber, den sehr viele Menschen damals im Kino gefühlt haben, erhalten geblieben ist. Für die Produktionsfirma ist "Amélie" der zweite Versuch, sich das Werk 7 zu erobern.

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Mit der Neukomposition "Fack ju Göhte" hatte Stage Entertainment Anfang dieses Jahres ein originelles, im besten Sinn witziges Musical gestartet, das aber nicht über die anvisierte Grundlaufzeit von neun Monaten hinaus verlängert worden war. Unterm Strich waren zu wenig Zuschauer gekommen. Stage Entertainment sagt, man wolle den Versuch, in München unkonventionelle, neue Musicals zu zeigen, unbedingt weiterführen und hoffe, dass mit dem Wachsen des Werksviertels auch das Theater im Werk 7 bekannter werde.

Bei "Fack ju Göhte" war das Theater eine Art Turnhalle. Für "Amélie" wird umgebaut, das Haus solle an ein französisches Bistro erinnern, ein paar Zuschauer werden an kleinen Café-Tischchen sitzen. Probenbeginn ist Anfang 2019, die Premiere ist - natürlich kein Zufall - am Valentinstag, also dem 14. Februar. Gespielt werden dann, so der Plan, wieder acht Vorstellungen die Woche.

Sandra Leitner kommt aus Nordhessen, ging nach der mittleren Reife auf die Academy of Stage Arts in Oberursel und wurde recht übergangslos für eine "Dreigroschenoper" an der Frankfurter Kammeroper engagiert und spielte die Titelrolle in einem eher fragwürdigem "Sissi"-Musical. Dass sie die Amélie, eine richtige, große Hauptrolle, stemmen kann mit ihren 22 Jahren, daran zweifelt Sandra Leitner nicht.

Sie hatte eher Sorge, ob die anderen ihr das zutrauen würden. "Ich wirke auch immer so unfassbar jung", sagt sie, "mehr wie 14 als wie 22". Umso dringender möchte sie sich in die Arbeit stürzen und eine Amélie für München erfinden. Den Film habe sie nur einmal gesehen, kurz vorm Casting. Und das mit dem dunklen Bob, der verdächtig an den von Audrey Tautou erinnert, sei absoluter Zufall gewesen.

© SZ vom 15.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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