Münchner Underground:Wintermarktsspitzenmischung

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Albert Pöschl verkauft die Platte "Freezing in Giesing" im Weihnachtsstand am Tegernseer Platz. (Foto: Wir In Giesing)

Das starke Album "Freezing in Giesing Vol. II" vereint Songs der Münchner Underground-Szene. Die Kompilation gibt es an der Verkaufshütte am Tegernseer Platz.

Von Dirk Wagner, München

Albert Pöschl verkauft die Platte "Freezing in Giesing" im Weihnachtsstand am Tegernseer Platz. (Foto: Wir In Giesing)

Der Giesinger Wintermarkt fällt aus, trotzdem gibt es so eine Art Mini-Markt der Kultur. Denn die Veranstalter haben wie schon 2020 wenigstens eine "winterliche Verkaufshütte" auf dem Tegernseer Platz aufgestellt. Außer sonntags präsentieren sich in diesem "kleinsten Weihnachtsmarkt" Münchens bis zum 24. Dezember von 10 bis 18 Uhr wechselnde Aussteller aus dem kreativen Viertel, nun etwa der Trikont-Verlag. Hier gibt es auch eine CD zu kaufen, die zeigt, welch großartige Musiker auf dem "Kulturwinter"-Markt hätten spielen sollen.

"Freezing in Giesing Vol. II" heißt die von den Vereinen Real München und Wir in Giesing sowie von den in Giesing ansässigen Labels Echokammer und Trikont gemeinsam produzierte CD. Darauf tummelt sich wie schon auf dem Vorgänger die Creme des Münchner Undergrounds. Das heißt, eigentlich sind das auch heuer wieder nur die Vertreter jenes Undergrounds, die auf den beiden beteiligten Labels zu finden sind. Dass dabei einige Mitwirkende wie die Stuttgarter Formation Rocket Freudental überhaupt nicht aus München stammen, belegt nur, dass es den Veranstaltern gar nicht so sehr um das musikalische Münchenbild ging, das ihnen trotzdem gelungen ist. Darum formulieren sie auch ihre Forderung auf der CD-Hüllen-Rückseite etwas allgemeiner: "Support Your Local Underground!"

Auch "Embryo" ist auf dem Album vertreten

Insofern ein solcher Underground einen Gegenpol zum behaupteten Mainstream bildet, dürfen auch die mitwirkenden Embryo trotz ihres internationalen Ruhms zum Münchner Underground zählen. Im Mai 2019 hatten Embryo in der Lutherkirche mit den aus Indien angereisten Musikern Deobrat und Prashant Mishra ein gemeinsames Konzert gespielt. Aus der Zeit stammt auch die Komposition "Confusion meets Fusion", mit der Embryo & Mishra nun auf dem Giesing-Sampler vertreten sind.

Etwas konfus ist auch das Booklet dieses starken Albums. Tatsächlich erfährt man darin nämlich oft gar nichts über die für viele doch recht unbekannten Musiker. Dass die Band H zum Beispiel die konfuse Fusion des musikalischen Tausendsassas und Echokammer-Chefs Albert Pöschl mit den Musikern der Gruppe Rhytm Police ist, deren fehlendes "h" im alten Bandnamen nun den neuen Bandnamen bildet. Oder dass diese Rhytm Police auch bei den ebenfalls vertretenen Das Hobos mitwirkt. So, wie auch Albert Pöschl noch in anderen Projekten auf "Freezing in Giesing Vol. II" mitwirkt.

Ein gezeichneter Stammbaum hätte da den Münchner Underground als verwirrenden Knäuel entlarvt. Doch genau solches Miteinander und Durcheinander ist die Stärke der Unterwelt. Darum sind Mitglieder der Hochzeitskapelle, des Lunsentrios oder von Die Lore längst in anderen, bekannteren Bands etabliert. Trotzdem belässt "Freezing in Giesing Vol. II" auch sie als Szene-Motoren in einer Momentaufnahme, eines Freeze Frames also der aktuellen lokalen Pop-Entwicklung, die so spannend ist wie der Stadtteil Giesing selbst. Diese Entwicklung wird nicht zuletzt von Trikont und Echokammer vorangetrieben, wo es die CD auch online zu kaufen gibt.

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