Klassik:Mutiger Antritt

Lesezeit: 1 min

Stephen Waarts und Daniel Cohen, zwei junge, höchst lebendige Musiker, treten mit den Münchner Symphonikern auf - und widmen sich zwei Werken mit Riesenanspruch.

Von Harald Eggebrecht, München

Zwei Monumente des klassisch-romantischen Kernrepertoires standen in der nahezu vollbesetzten Isarphilharmonie auf dem Programm der Münchner Symphoniker: Ludwig van Beethovens Violinkonzert in D-Dur und Antonin Dvořáks 9. Symphonie "Aus der Neuen Welt". Dem Riesenanspruch der beiden Werke, die von einer furchterregenden Aufführungsgeschichte umgeben sind mit größten Solisten- und Dirigentennamen, stellten sich zwei junge, höchst lebendige und mutig zupackende Musiker: der 26-jährige, vielfach preisgekrönte amerikanische Geiger Stephen Waarts und der 38-jährige israelische Dirigent Daniel Cohen. Cohen ist zur Zeit Generalmusikdirektor des Staatstheaters Darmstadt, begann seine Karriere als Geiger in Daniel Barenboims West-Eastern Divan Orchestra.

Dass beide die Aufmerksamkeit und Achtung der Symphoniker genossen, zeigte die gut zwischen Solist und Orchester abgestimmte Darstellung des Beethoven-Konzerts. Waarts, überschlank und hochgewachsen, wirkt zuerst gelassen, doch wenn er zu spielen beginnt, dann brennt er von Ausdrucksfeuer und klanglicher Vitalität. Weder Sentimentalität noch falsch verstandene Andächtigkeit trüben seine tonliche Geradlinigkeit und technische Untadeligkeit. Cohen leitete umsichtig das Orchester, und so entstand das Stück nicht als Solistenschau mit Begleitung, sondern als symphonisches Konzert, in dem beispielsweise das Fagott (!) ebenfalls Solorang haben kann. Den rauschenden Bravi im nahezu vollbesetzten Saal dankte der junge Meisterviolinst mit dem zauberhaft leicht dargebotenen 1. Satz aus Eugène Ysaÿes 5. Solosonate.

So überzeugend Daniel Cohen bei Beethoven mit Kontrolle und Übersicht zum Erfolg beigetragen hatte, so oft unvermittelt, ungestüm und manchmal rumpelstilzchenhaft gebärdete er sich bei Dvořáks "Neuer Welt". Manches gelang nobel und gut organisiert, etwa das Scherzo, und das Englischhornsolo im Largo blies die Musikerin so klangschön und hingebungsvoll, dass allein das den Abend lohnte. Aber dass vor allem das Blech allzu rasch überlaut dröhnte, lag an Cohens zu willkürlicherKlangregie. Doch das Stück siegt immer, tosender Beifall.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: