Münchner Sicherheitskonferenz:Baerbock: "Da sehe ich ja aus, als ginge ich zu einer Hochzeit"

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Während der Münchner Sicherheitskonferenz 2023: Annalena Baerbock bei einem Abendessen des Centre For Feminist Foreign Policy. (Foto: Lorenz Mehrlich)

Am Rande der Sicherheitskonferenz verabreden sich 100 Frauen zum hochpolitischen Austausch mit Nobelpreisträgerinnen - und die Bundesaußenministerin erzählt dabei, warum sie keine Blumensträuße mag.

Von Ulrike Heidenreich

Einen Blumenstrauß bekam Annalena Baerbock hier schon mal nicht. Und das ist gut so. Am Freitagabend hält die deutsche Außenministerin in einem großen festlichen Raum, in dem ausschließlich Frauen dinieren und ihr zuhören, eine Rede und gibt Einblick in ein paar andere Facetten ihrer Feminist Foreign Policy. Und da gibt es eben auch die Geschichte mit den Blumen. "Jeder denkt, ich brauche die", sagt Baerbock auf Englisch. Das sei ja durchaus nett und höflich gemeint. "Aber man sieht ganz schön doof aus, wenn man bei einer Auslandsreise aus dem Flugzeug steigt und dann plötzlich mit einem Riesenstrauß weißer Rosen dasteht. Da sehe ich ja aus, als ginge ich zu einer Hochzeit."

Dabei befindet sich die grüne Politikerin eher in ihrer Hoch-Zeit, was die Intensität ihrer außenpolitischen Arbeit betrifft. Und auch was die Termindichte während der Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende angeht. Da gehört das "Frauen 100-Dinner", im feinen The Charles Hotel an den Lenbach-Gärten ausgerichtet, zu einer ihrer Verpflichtungen, die im stressigen, anzuggetriebenen Tagungsbetrieb klar in Erinnerung bleiben werden.

Männer dienen hier lediglich als Staffage, nämlich für den Service an den Tischen, an der Garderobe und als Sicherheitspersonal mit Knopf im Ohr. Gut 100 Frauen zusammen, darunter zwei Nobelpreisträgerinnen, allerlei Präsidentinnen und Chefinnen aus Wirtschaft und Politik - wann erlebt man so etwas schon mal? "Welch inspirierender Raum, eine special atmosphere here", schwärmt Baerbock.

Das Menü ist vegan, Fleisch wird heute woanders gegessen

Eingeladen hatten, natürlich, vier Frauen: Kristina Lunz und Nina Bernarding vom Centre for Feminist Foreign Policy, einer Organisation mit Sitz in London und Berlin. Sowie Janina Hell und Felicitas Karrer, die Gründerinnen des Netzwerks "Frauen 100". Seit knapp zwei Jahren besteht diese selbst erklärte feministische Plattform, "eine Initiative für Frauen und für Gleichberechtigung - und nicht gegen Männer", wie sie sagen.

Female Empowerment, feministischer Diskurs, das sind die Zauberworte an den weiß gedeckten Tischen, zwischen, ja, Blumensträußen und einer veganen Menüfolge von Karotten-Tartar bis gefüllter Artischocke mit Buchweizen. Fleisch wird heute woanders gegessen, vermutlich ein paar Sternehäuser weiter, zum Beispiel im Tagungszentrum Bayerischer Hof. Denn hier, so die Veranstalterinnen der Frauenrunde, treffen sich schließlich "Thoughtleader*innen aus Wirtschaft, Politik, Medien, Unterhaltung und Sport - starke und einflussreiche Frauen."

"Nett" sind die Themen nicht, die hier am Rande der Sicherheitskonferenz angesprochen werden. Nett und aufmerksam ist nur der Umgang miteinander, etwas weniger Gerempel und Ellenbogen als bei Veranstaltungen beiderlei Geschlechts. Die ukrainische Friedensnobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtschuk, die am Samstag bei der Ukraine-Kundgebung auf dem Odeonsplatz sprechen wird, beschreibt die Funktion von sexueller Gewalt als Kriegsmittel und bittet alle Frauen im Raum, sie beim Kampf dagegen zu unterstützen. Leymah Gbowee aus Liberia, 2011 für ihren gewaltfreien Kampf für die Sicherheit von Frauen und Frauenrechte mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, erzählt von ihrem Kampf für Frieden in ihrem Land. Francia Márquez, Juristin, Umweltschützerin und Bürgerrechtlerin, berichtet von ihrem Weg in die Politik und wie sie als erste afrokolumbianische Frau zur Vizepräsidentin ihres Landes gewählt wurde. Die Hollywood-Schauspielerin und Aktivistin Nazanin Boniadi schildert die bedrückende und gefährliche Situation ihrer iranischen Landsfrauen.

CDU-Politikerin Julia Klöckner (im rosafarbenen Jackett) beim Frauen 100-Dinner. (Foto: Lorenz Mehrlich)

Es sind berührende Reden, aufmerksam hören Politikerinnen zu, etwa Agnieszka Brugger, Dorothee Bär, Katharina Schulze, Julia Klöckner oder Sawsan Chebli, Amnesty-Generalssekretärin Agnés Callamard, OSZE-Generalsekretärin Helga Schmid und viele weitere Frauen mit beeindruckenden Titeln. Annalena Baerbock entschwindet später in die Nacht. Vorher hat sie noch bedauert, dass nur 26 Prozent der Führungsebenen in den deutsche Botschaften mit Frauen besetzt sind. Aber daran kann man ja noch arbeiten.

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