München/Ismaning:Rasender Stillstand

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Der Landkreis München spürt den Verkehrsdruck aus der Stadt

Von Martin Mühlfenzl, München/Ismaning

Mit zunehmendem Interesse verfolgen Kommunalpolitiker im Norden des Landkreises München den wachsenden Widerstand gegen eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme im Gebiet zwischen Riem und Johanneskirchen (SEM Nordost). Bis zu 30 000 Einwohner sollen dort einmal ein Zuhause finden. Und sie werden vor allem über die Kreisstraße M 3 in das neue Quartier fahren, die, wie der Name schon vermuten lässt, im Landkreis liegt und nicht auf städtischer Flur. Der nördliche Landkreis wird dann noch einmal mehr Last tragen müssen, obwohl er doch, wie Ismanings Bürgermeister Alexander Greulich (SPD) sagt, ohnehin schon "im Verkehr ersäuft".

Ideen gibt es viele, wie dem tagtäglichen Verkehrsinfarkt begegnet werden könnte. Manche ploppen Untoten gleich immer wieder auf: das Konzept der Stadt-Umland-Bahn etwa, die vor allem die Schwäche des S-Bahn-Netzes mit seiner sternförmigen Ausrichtung aufs Münchner Zentrum ausgleichen soll. Auch das Konzept einer Magnetschwebebahn erlebt wieder eine Renaissance - zumindest gedanklich. Geht es nach der Mehrheit der Kreispolitiker sollen Pendler in Gondeln per Seilbahn über Staus hinweg in die Arbeit schweben, etwa durchs Hachinger Tal oder vom Frankfurter Ring aus bis Unterföhring.

Unbestritten ist, dass sich die Mobilität verändern muss, um dem wachsenden Zuzug in der Region Herr zu werden. Bis 2035 rechnet der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum mit einem Bevölkerungsanstieg von mehr als 400 000 Menschen. "Wir wissen, dass so viele in die Metropolregion wollen", sagt Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD). Wie sein Ismaninger Amtskollege fordert auch Gruchmann einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs - und nicht nur der Straßen und Autobahnen. "Die Straßen rund um München und gerade im Landkreis sind dicht und werden es auch bleiben", sagt Gruchmann. Die Staatsregierung müsse sich am Versprechen von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), in den Nahverkehr zu investieren, sehr schnell messen lassen. "Bisher ist noch nichts passiert." Der Ismaninger Greulich wiederum kritisiert, dass "beim ÖPNV Jahrzehnte lang alles verschlafen worden ist". Es sei ein Unding, dass die S 8, die München an den Flughafen anbindet, noch immer keinen Zehn-Minuten-Takt hat. "Das kann sich eine Stadt wie München eigentlich nicht leisten."

Aber auch die Kommunen im Landkreis tragen ihren Teil zum Dauerstau bei. "Natürlich müssen wir uns auch an die eigene Nase fassen", sagt Bürgermeister Greulich. "Wir sind eine Wachstumsregion und mit jedem Gewerbegebiet, das wir entwickeln, und jedem Wohngebiet, das wir fördern, steigt natürlich auch das Verkehrsaufkommen." Dass es daher nicht ohne einen weiteren Straßenausbau geht, ist auch den Verantwortlichen im Norden des Landkreises klar. Die Erweiterung des Föhringer Rings auf vier Spuren etwa ist nur deshalb möglich geworden, weil die Gemeinde Unterföhring eine finanzielle Beteiligung zugesagt hat, obwohl sie für die Trasse überhaupt nicht verantwortlich zeichnet - und weniger als die Hälfte der Strecke auf Unterföhringer Flur liegt. Auch die notwendige Erweiterung der B 471, dieser verkehrlichen Lebensader des Nordens, ist unbestritten und überfällig. Die Isarbrücke zwischen Garching und Ismaning hat bald das Ende ihrer Lebensdauer erreicht, mittlerweile ist sie für Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 20 Tonnen gesperrt.

© SZ vom 05.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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