Essen ohne Zuzeln:Wie schmeckt eine vegane Weißwurst?

Lesezeit: 2 min

Sieht appetitlich aus, aber ob die vegane Weißwurst schmeckt, muss jeder selbst entscheiden. (Foto: Florian Peljak)

Das innovative Veggie-Produkt wird genauso zubereitet wie das Original. Im Geschmack und in der Konsistenz soll es einer herkömmlichen Weißwurst in nichts nachstehen - wirklich?

Von Thomas Becker

Keine Haut: So geht's schon mal los. Kein Zuzeln, kein Getue um die richtige Technik, kein Spicken, wie es die anderen machen - da hat die vegane Weißwurst gegenüber dem tierischen Original gewonnen. "Wir haben eine Umfrage gemacht", erzählt Greenforce-Chef Thomas Isermann, "das Ergebnis: Die Haut nervt. Da haben wir sie halt ohne gemacht." Das Leben kann so einfach sein.

Und so gesund: 76 Prozent weniger Fett, 62 Prozent weniger Kalorien, ohne Zusatz von Laktose, Gluten und Soja, neun Gramm Eiweiß auf 100 Gramm. Die Veggie-Weißwurst ist auf Basis des Proteins der Königserbse hergestellt. "In Kombination mit Trinkwasser, Petersilie und Gewürzen entsteht eine Weißwurst, die bei Geschmack und Konsistenz einer herkömmlichen Weißwurst in nichts nachsteht", heißt es im Pressetext, und genau das gilt es natürlich zu überprüfen, im "Herr'schafts'zeiten - Das Paulaner im Tal", wo neben traditionellen Wirtshaus-Klassikern auch 40 Prozent vegane und vegetarische Gerichte auf der Speisekarte stehen - und seit Dienstag um 11 Uhr auch vegane Weißwürste zu 1,80 Euro das Stück. Die vom Metzger kosten 2,75 Euro.

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Wenn's um die Wurst geht, neigte der Deutsche im Allgemeinen und der Bayer im Besonderen lange zur vermeintlich reinen Lehre. Eine Wurst, ein Fleischpflanzerl oder ein Burger aus pflanzlichen Stoffen: Das kann ja gar nicht schmecken. Nun, diese Zeiten sind vorbei. Michi Käfer und Silja Schrank-Steinberg vom Hofbräu haben längst veganen Fleischersatz im Angebot, und auch auf der Wiesn - so sie denn stattfinden sollte - wird es heuer ein veganes Angebot geben.

Als Isermann vor zwei Jahren sein Start-up Greenforce gründete, bestand das Team aus fünf Mann - heute sind es mehr als hundert. "Wir sind das am schnellsten wachsende Foodtech-Unternehmen Europas", sagt Isermann. Sein Ziel: "Einen messbaren Beitrag zum globalen Klima- und Tierschutz leisten." Sein Credo: "Wir müssen zurück zum Sonntagsbraten." Einmal in der Woche gebe es bei ihm ein Steak, aber ein gescheites, nachhaltiges. Isermann will nicht missionieren, sondern vielmehr einladen, ganz im Sinn von Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner, der findet: "Es ist wichtig, eine Alternative zu haben." Der Markt werde das dann entscheiden, das Produkt müsse halt für sich selbst sprechen."

Werbung für das Produkt (von links): Wirt Mitja Lafere, Thomas Isermann von Greenforce, Patrik Baboumian und Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner. (Foto: Florian Peljak)

Bis die sprechende Veggie-Weißwurst erfunden ist, übernehmen den Job noch Testimonials wie Patrik Baboumian. Der 43-Jährige bezeichnet sich als veganen Kraftsportler, war 2011 "stärkster Mann Deutschlands" und jahrelang im Strongman-Gewerbe. Aufgefallen ist er nicht nur durch seine Statur und die sensationellen Wolverine-Koteletten, sondern dadurch, dass er die Kraftmeierei auch als Vegetarier und später als Veganer betrieb. "In der Szene war ich der Paradiesvogel, musste mir viele Sprüche anhören", erzählt er. Tierleid habe er immer vermeiden wollen, aber erst ein Rabe habe ihm die Augen geöffnet: "Wochenlang habe ich den aufgepäppelt, gleichzeitig aber 20 Hühner verdrückt."

Vor dem Schritt zum Veganismus habe er "richtig Angst gehabt, weil ich schon in der Schule immer der Milch-Bubi war, der sich in der Pause einen Liter Milch reingepumpt hat". Er habe "völlig falsche Vorstellungen gehabt, wie es ist, vegan zu leben. Heute esse ich vielfältiger als zu der Zeit, als ich alles gegessen habe". In der von James Cameron produzierten Netflix-Doku "The Game Changer" spricht er neben Arnold Schwarzenegger über "Veganismus im Hochleistungssport" - der perfekte Werbeträger für ein Unternehmen wie Greenforce.

Und wie schmeckt sie nun, die vegane Weißwurst? Gar nicht mal so übel. Jedenfalls eher nach Wurst als nach Erbse. Sieht aus wie echt, wird auch genauso zubereitet wie das Original: Wasser im Topf aufkochen, vom Herd nehmen, 10 bis 15 Minuten ziehen lassen. Die Zukunft der Weißwurst sieht nicht rosig aus, sondern grün.

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