Vergewaltigungsprozess in München:"Das bin nicht ich"

Lesezeit: 2 min

Ein 35-Jähriger ist angeklagt, eine 76 Jahre alte Frau brutal vergewaltigt zu haben. Obwohl die Polizei Genmaterial in der Wohnung des Opfers fand, behauptet der Verdächtige, nie dort gewesen zu sein.

Von Susi Wimmer

Eine Münchnerin erwacht nachts, weil sie Geräusche hört. Sie geht aus dem Haus, sieht sich um, und als sie zurückgeht, steht plötzlich ein fremder Mann vor ihr. Der Unbekannte drängt sie ins Schlafzimmer, prügelt auf sie ein und vergewaltigt sie. So geschehen vergangenes Jahr in Laim, das Opfer: 76 Jahre alt. Der Täter trug Handschuhe, aber die Polizei fand trotzdem ausreichend tatrelevante DNA-Spuren. Diese führten zu Malick M., der nun auf der Anklagebank vor dem Landgericht München I sitzt und, konfrontiert mit der Spurenlage, behauptet: "Das bin nicht ich."

Das Haar der Frau ist schlohweiß, ihr Gesicht, ihr Kinn, ihr Hals sind übersät mit blauen Flecken. Ein Zahn wurde ihr ausgeschlagen. Es sind die Fotos, die das Gericht zur Beweisaufnahme zeigt, die nach der Nacht zum 6. November 2021 angefertig wurden. Die 76-Jährige hat versucht sich zu wehren, den Mann wegzustoßen oder ihm mit den Fingern in die Augen zu stechen, aber vergeblich. "Sie hat das Geschehene relativ gut weggesteckt", sagt ihre Anwältin Annette Wunderlich. Aber sie wolle, dass so etwas nicht noch anderen Frauen passiere.

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Dass Malick M. ins Visier der Ermittler geriet, ist den technischen Errungenschaften zu verdanken. Irgendwann im Jahr 2021 war der heute 35-Jährige in eine Schlägerei verwickelt, die Polizei nahm eine DNA-Probe von ihm und speicherte sie in einer Datenbank. Im Haus der Geschädigten stellte die Spurensicherung dann einige Papiertücher sicher, die der Täter benutzt hatte. Auch sie enthielten die DNA des Verdächtigen, in der Datenbank wurde ein Treffer angezeigt.

"Ihre DNA war in der Wohnung", hält ihm Richter Markus Koppenleitner in der Verhandlung vor. "Das kann schon sein", antwortet M. Wie die da hingekommen sei, fragt der Richter. "Gute Frage", sagt der Angeklagte, "das frage ich mich auch die ganze Zeit."

"Ich nehme keine Drogen, ich rauche Gras."

Die privaten Verhältnisse von Malick M. klingen kompliziert: 2016 heiratete er Elke S., reichte aber 2019 die Scheidung ein. Im selben Jahr zeugte er einen Sohn mit einer anderen Frau, Annette M., kehrte aber 2020 wieder zu Elke S. zurück. Die habe, so erzählt M., im Dezember 2021 die Polizei gerufen, weil sie Angst vor ihm gehabt habe. Er habe wohl zu viel getrunken und gekifft. "Ich nehme keine Drogen, ich rauche Gras", sagt er dazu. Und: "Für mich ist Gras Medizin. Ich rauche wie ein Alkoholiker."

Malick M. sei ein in sich ruhender und friedliebender Mensch, erklärt sodann die Ex- und Wieder-Lebensgefährtin Elke S. vor Gericht. Warum er damals die Scheidung wollte, das wisse sie nicht. Er habe sehr viel getrunken und gehascht, sei auch mal in der Psychiatrie gewesen, weil er im Winter nur in Unterhosen zur Apotheke gegangen sei, berichtet die Lebensgefährtin. Malick M. sei wieder bei ihr eingezogen, aber im April 2021 wieder ausgezogen, weil das Haus zu klein gewesen sei.

Malick M. sagt, er habe über einen längeren Zeitraum hinweg ein neues Zimmer gesucht, das habe ihn gestresst. Er habe öfter in der Nähe des Laimer S-Bahnhofs in einem Hotel übernachtet, wenn er seinen zweieinhalbjährigen Sohn besucht habe. Denn die Ex-Freundin wohne in Laim - drei Querstraßen von dem Haus des Vergewaltigungsopfers entfernt. Aber in der Straße der alten Frau sei er nie gewesen, versichert M. Er habe auch nie Kontakt mit ihr gehabt.

Als am 6. November 2021 die Polizei an den Tatort kam, berichtete die Geschädigte, dass zwei Wochen zuvor ein Mann, etwa 30 Jahre alt, in ihr Haus eingedrungen sei. Offenbar ließ die Frau ihre Haustür immer nur angelehnt. Er sei betrunken gewesen und habe einen Platz zum Schlafen gesucht. Und er habe erzählt, dass seine Frau und sein Kind ihn verlassen hätten.

Der Prozess wird kommende Woche fortgesetzt.

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