Urteil:Welpen über Pfote gefahren: Autofahrer muss 20 000 Euro zahlen

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Das entschied das Landgericht München. Das Tier brauchte nach dem Unfall eine aufwendige physiotherapeutische Behandlung.

Von Stephan Handel

Die Hunderasse des Rhodesian Ridgeback wird von den üblichen Nachschlagewerken als aktiv, intelligent, liebevoll und sensibel beschrieben, in jungen Jahren jedoch auch als stürmisch und energiegeladen. Ein knapp vier Monate altes Tier der Art hat seinem Besitzer nun einen Schadenersatz von rund 15 000 Euro eingebracht - allerdings auf Kosten einer Verletzung des Welpen an der linken Vorderpfote.

Der Unfall, um den es bei der ganzen Sache ging, datiert schon aus dem Jahr 2017: Der Hund sollte, wenn er mal groß war, die Betriebsräume seines Besitzers in einem Neuaubinger Gewerbepark bewachen. Cuba, so war das Tier genannt worden, ging an diesem Vormittag mit einem Angestellten seines Herrchens auf dem Gelände des Gewerbeparks Gassi - da kam ein Auto, wie sich herausstellte mit viel zu hoher Geschwindigkeit, und kollidierte mit dem Hund. Dieser brach sich die linke Vorderpfote.

Angeleint oder nicht angeleint, das ist die Frage

Das war schmerzhaft für Cuba, ärgerlich für den Besitzer - noch größer wurde der Ärger, als die Versicherung des Autofahrers sich weigerte, den entstandenen Schaden zu bezahlen. Der hatte mittlerweile eine nicht unbeträchtliche Summe erreicht: Weil Cuba noch nicht ausgewachsen war, erhielt er Physiotherapie, damit sein Leistungsvermögen wieder vollständig hergestellt werden konnte. Die Versicherung des Autofahrer stellte sich jedoch auf den Standpunkt, dass Cuba selber schuld sei - er sei in das Auto hineingesprungen, außerdem sei er nicht angeleint gewesen. Dadurch habe sich das verwirklicht, was Juristen "allgemeine Tiergefahr" nennen: Ein Tierhalter haftet auch dann für Schäden, die sein Tier verursacht, wenn ihn selbst keine Schuld trift und ihm kein Fehlverhalten vorzuwerfen ist.

Der Besitzer klagte, wegen der Höhe der geforderten Summe landete die Angelegenheit am Landgericht. Dort nahm die Richterin Isabel Liesegang ihren Auftrag ernst, vernahm Zeugen und bestellte ein Sachverständigengutachten. Zum Wohle der Wahrheit: Die Zeugen berichteten, Cuba sei zunächst sehr wohl angeleint gewesen, habe sich nach dem Unfall aber von der Leine befreit und sei schmerzheulend zu einer Wiese gelaufen.

Die Zeugen berichteten auch vom eigentlichen Unfallhergang: Demnach wollte der Hundeführer die Straße überqueren, als das Auto mit überhöhter Geschwindigkeit herankam - zehn Stundenkilometer sind auf dem Betriebsgelände erlaubt, das Gericht nahm nach den Zeugenaussagen an, dass es mindestens mit 20 Kilometern pro Stunde fuhr. Der Hundeführer zog Cuba an der Leine zurück, so dass er nur an der Pfote Schaden nahm und keine schwerwiegenderen Verletzungen davontrug.

Der Gutachter schließlich, immerhin ein Professor der Universität Gießen, stellte fest, dass Unfallgeschehen und daraus resultierende Verletzung zusammenpassten, dass die Behandlungskosten angemessen waren - und dass eine Physiotherapie bei einer solchen Verletzung und einem so jungen Hund notwendig und üblich ist.

So erhält Cubas Besitzer nun also rund 15 000 Euro, der Unfallverursacher beziehungsweise seine Versicherung müssen zudem Gerichts-, Rechtsanwalts- und Gutachterkosten bezahlen. Sie wird die Angelegenheit so am Ende rund 20 000 Euro kosten.

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