Urteil:Ein Wallach ohne Sachmangel

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  • Fast neun Jahre lang stritten ein Adliger und ein Berufsreiter vor Gericht um ein 500 000 Euro teures Dressurpferd.
  • Das Oberlandesgericht kam nun zu dem Schluss, dass das Pferd vor dem Verkauf keinen Mangel gehabt habe.
  • Der Kauf kann also nicht rückgängig gemacht werden, wie das der Adlige forderte.

Von Andreas Salch

Fast neun Jahre währte der Streit und ging durch alle Instanzen. 500 000 Euro hatte ein Adliger aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen einem Berufsreiter für einen Hannoveraner Wallach bezahlt. Das war Ende 2010. Schon bald gab es aber Probleme mit dem teuren Dressurpferd. Es lahmte, hatte offensichtlich Schmerzen und widersetzte sich der Reiterin, die mit ihm arbeitete. Der Mann reichte Klage ein. Er wollte den Kauf wegen "schwerwiegender Rittigkeitsprobleme" rückabwickeln lassen. Doch die Richter des 15. Zivilsenats am Oberlandesgericht (OLG) München wiesen die Klage am Mittwoch ab. Die Entscheidung ist endgültig, da die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision nicht vorliegen, heißt es im Urteil.

Bei einer Röntgenuntersuchung im Juni 2011 hatte ein Tierarzt eine Veränderung an der Halswirbelsäule des Pferdes festgestellt. Laut der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof lag damit ein sogenannter "Sachmangel" vor. Aus diesem Grund bekam der Kläger sowohl vor dem Landgericht München I als auch vor dem Oberlandesgericht in zweiter Instanz Recht. Die Richter am Bundesgerichtshof stellten anschließend allerdings fest, dass ein Röntgenbefund allein keinen "Sachmangel" begründe.

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Das Sportpferd hatte sich einen Husten eingefangen und war gestorben, nachdem ihm ein homöopathisches Mittel gespritzt wurde. Ursprünglich hatte die Besitzerin 1,75 Millionen Euro gefordert.

Somit musste sich das OLG also erneut mit dem Fall beschäftigen und kommt nun zu dem Urteil, dass das Pferd vor dem Verkauf keinen Mangel aufgewiesen habe. Ausschlaggebend für die Richter war das Gutachten eines Sachverständigen. Anhand von Filmaufnahmen kam dieser zu dem Ergebnis, dass das Dressurpferd im Jahr 2012 nicht lahmte. Ab wann "Rittigkeitsprobleme" aufgetreten sind, lasse sich aufgrund der Aussagen, die Zeugen vor Gericht im November vorigen Jahres machten, nicht mehr sagen.

Dass sich das Pferd bei seinem neuen Eigentümer widersetzt, liegt laut dem Gutachten mit "einer Wahrscheinlichkeit von 50 bis 60 Prozent" an der Reiterin, die mit dem Tier arbeitet. Deren Umgang mit der Pferd soll recht rüde gewesen sein, wie Zeugen in der Verhandlung im November 2019 vor dem OLG berichteten. Unter anderem soll die Reiterin dem Wallach sogenannte Schlaufzügel angelegt haben. Dies hat zur Folge, dass der Kopf gegen die Brust gezogen und mehr oder weniger fixiert ist.

Eine andere Zeugin berichtete von Verletzungen, die vermutlich vom scharfen Einsatz der Kandare herrührten. Sämtliche Zeugen seien aus Sicht des Senats glaubwürdig, heißt es im Urteil. In seinem Gutachten erklärte der beauftragte Sachverständige zudem, es sei nicht auszuschließen, dass womöglich auch der Ortswechsel zur "Widersetzlichkeit" des Wallachs beigetragen habe. Ursprünglich stand dieser in einem Stall in Norddeutschland.

© SZ vom 13.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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