Prozess in München:"Kinder, die Gangster spielen wollen"

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Gefährliche Körperverletzung, Geiselnahme, Bedrohung, räuberische Erpressung und mehr: Sechs junge Männer stehen wegen einer hohen Anzahl von Delikten vor Gericht. Angefangen hat alles mit einem Leihwagen.

Von Stephan Handel, München

Und plötzlich war er weg, der Leihwagen - dabei hatten sie es sich so schön vorgestellt: schwarzer Mercedes, ausgeliehen für zwei Tage, bisschen in der Stadt rumfahren, Spaß haben. Als aber einer der Kumpel das Auto nahm und abhaute damit, da war der Spaß vorbei. Was danach geschah brachte jetzt sechs junge Männer auf die Anklagebank im Landgericht.

Gefährliche Körperverletzung, vollendet und versucht, Geiselnahme, Bedrohung, räuberische Erpressung - das sind nur ein paar der Anklagepunkte. Als nämlich das Auto weg und der, der es genommen hatte, nicht mehr greifbar war - nach Nordrhein-Westfalen war er gefahren, wie sich später herausstellte -, da beschlossen zwei aus der Gruppe, dass nun etwas geschehen musste. Sie bestellten einen gemeinsamen Bekannten nachts zu einer Grünanlage, der sollte den Autodieb bewegen auch dorthin zu kommen.

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Als aber nach zwei Stunden noch nichts geschehen war, da ging es dem Vermittler an den Kragen: Erst wurde er geschlagen, dann nahmen sie ihn mit nach Hause in die Wohnung eines der jetzigen Angeklagten und fesselten ihn dort mit Kabelbindern an einen Heizkörper. "Ich hatte Angst, dass er uns eine Falle stellt und jemanden in die Wohnung lässt", sagte einer der Angeklagten. Am nächsten Tag fanden sie heraus, wo ihr Auto war: In Dorsten nahe Gelsenkirchen. So setzten sie sich mit ihrer Geisel in einen Flixbus und fuhren ins Ruhrgebiet. Dort fanden sie zwar das Auto, stellten sich aber so dämlich an, dass die Polizei kam und das Auto sicherstellte.

Das war nun nicht die einzige Tat der "Kinder, die Gangster spielen wollen", wie einer der Verteidiger vor der Verhandlung sagte: Am Stachus zettelten sie im November 2018, nachts um vier Uhr, eine Schlägerei an, und sowieso neigten sie mehrfach dazu, Konflikte lieber mit den Fäusten auszutragen. Dabei sind sie zwischen 18 und 22 Jahre alt, Schüler, Auszubildende, die noch in die Fahrstunde gingen - oder zum Bewährungshelfer, wie der Hauptangeklagte. Er wurde im vergangenen Februar festgenommen, saß zunächst in U-Haft, derzeit in Strafhaft.

Ein zweiter Angeklagter sitzt ebenfalls in U-Haft, alle anderen kamen frei zum Prozess. Die beiden Hauptangeklagten bestätigten mehr oder weniger die Vorwürfe der Anklage, mit leichten Abweichungen voneinander, aber offensichtlich von dem Willen geprägt, Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen und die anderen Angeklagten zu entlasten. Für den Prozess sind Termine bis in den April angesetzt.

© SZ vom 12.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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