Vor Gericht in München:Ein Brand ist keine Instandsetzung

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  • Nach einem Brand am ersten Weihnachtsfeiertag 2015 war ein Mehrfamilienhaus in der Münchner Altstadt für ein gutes Jahr nicht bewohnbar.
  • Eine Familie forderte von ihrem Vermieter etwa 19 000 Euro für "anderweitige Unterbringung" zurück. Sie bezog unter anderem eine Vier-Zimmer-Wohnung für 2900 Euro Kaltmiete.
  • Der Richter wies die Klage ab - ohne den Brand hätte es keine Instandsetzung gegeben.

Von Stephan Handel

Als das Haus brannte in der Münchner Altstadt am ersten Weihnachtsfeiertag 2015, da öffnete Pfarrer Rainer S. ganz selbstverständlich das Pfarrhaus für die obdachlos Gewordenen. Für ein Ehepaar aus dem zerstörten Haus gestaltete sich die spätere Herbergssuche deutlich komfortabler - allerdings blieben sie nun, nach einem Urteil des Amtsgerichts, auf Kosten in beträchtlicher Höhe sitzen.

Eine Zigarette hatte am frühen Abend den Brand im obersten Stockwerk des Mehrfamilienhauses ausgelöst. Als die Münchner Feuerwehr mit dem Löschen fertig war, war das Haus unbewohnbar - das Löschwasser hatte auch dort Schaden angerichtet, wo keine Flammen hinkamen. Das Ehepaar wohnte mit seinen zwei kleinen Kindern in einer Sechs-Zimmerwohnung mit 165 Quadratmetern, Monatsmiete 2300 Euro kalt. Nach dem Brand zog die Familie zunächst ein paar Tage in ein gehobenes Münchener Hotel, dann gab's eine Woche Urlaub in einem Hotel an der Ostsee. Mitte Januar bezog die Familie ein möbliertes Appartement, Mitte März dann eine Vier-Zimmer-Wohnung für 2900 Euro monatliche Kaltmiete.

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Ein gutes Jahr nach dem Brand teilten die früheren Vermieter mit, dass das Haus nun wieder hergestellt sei und daher auch eine Rückkehr möglich sei. Daran hatten die Mieter aber kein Interesse; sie kündigten das Mietverhältnis zu Anfang Juni 2017, was die Vermieter auch akzeptierten.

Nun aber machten die - ehemaligen - Mieter eine Rechnung auf: Von Dezember 2015 bis Juni 2017 hatten sie mehr als 60 000 Euro für "anderweitige Unterbringung" gezahlt. Davon abgezogen die Summe, die sie sowieso an Miete hätten bezahlen müssen, wäre ihre alte Wohnung nicht zerstört worden, forderten sie von den Vermietern etwas mehr als 19 000 Euro: Diese zusätzlichen Aufwendungen seien angemessen und ihren Lebensumständen entsprechend gewesen, nach dem entsprechenden Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) stehe ihnen deshalb Ersatz zu, behauptete die Familie vor Gericht.

Da hätte sie vorher vielleicht besser den Paragrafen 555 a im BGB genauer gelesen: Er gesteht Mietern Aufwandsentschädigung zwar zu, nämlich bei Instandsetzungsmaßnahmen durch den Vermieter. Der aber argumentierte - neben der seiner Meinung nach überhöhten Hotelrechnung - damit, dass die Kosten nicht durch die Instandsetzungsmaßnahmen entstanden seien, sondern durch den Brand. Da komme aber höchstens ein anderer BGB-Paragraf in Betracht. In dem geht es um Mängel an der Mietsache - allerdings nur um solche, die der Vermieter zu vertreten hat. Für den Brand konnte er aber unstreitig überhaupt nichts.

So sah das auch der Richter am Amtsgericht München: Ohne den Wohnungsbrand hätte es gar keine Erhaltungsmaßnahmen gegeben, also sei dieser kausal für die zusätzlichen Ausgaben der Mieter. Im Gesetz steht aber, dass der Vermieter solche Aufwendungen zu ersetzen hat, "die der Mieter infolge einer Erhaltungsmaßnahme machen muss". Deshalb wurde die Klage abgewiesen. Die Kläger legten noch Berufung ein, die sie aber kurz vor Weihnachten 2019 zurückzogen. Damit ist das Urteil rechtskräftig. (AZ: 414 C 22911/18)

© SZ vom 31.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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